Qualitätsmanagement als Krisenmanagement? #Weiterbildung

27.10.2022, Lars Hahn

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Qualitätsmanagement (QM) ist eines der Kernthemen, die man in der LVQ als Weiterbildung absolvieren kann. Ist ja auch klar: Wir sind die LVQ und das Q in unserem Namen steht für Qualität. Dabei bilden wir in Sachen QM nicht nur aus und weiter, seit vielen Jahrzehnten beraten und auditieren wir dank unserer Expertinnen und Experten Organisationen in ihrem Qualitätsmanagement.


Deshalb, und weil ein fester Bestandteil des Qualitätsmanagements die kritische Selbstbetrachtung ist, möchte ich mich in diesem Blogbeitrag der Frage widmen, wie QM in der Krise helfen kann und wie Absolventinnen und Absolventen unserer QM-Weiterbildung Unternehmen dabei unterstützen können. Ich befasse mich in diesem Artikel daher mit zwei Fragen:

 

  • Wie kann die Disziplin „Qualitätsmanagement“ zur Bewältigung von aktuellen und zukünftigen Herausforderungen und Krisen beitragen?
  • Wie kann eine Weiterbildung im Qualitätsmanagement Unternehmen bei der Krisenbewältigung helfen?

Hinweis: Da dies eine Kolumne ist und kein wissenschaftlicher Fachbeitrag, picke ich mir markante Aspekte des QM heraus, die auch in jeder Qualitätsmanagement-Weiterbildung wichtige Bestandteile sind.


Der Beitrag von Qualitätsmanagement in Krisenzeiten


Krisenmanagement ist angesagt: Wir bewegen uns von der Coronakrise über die Energiekrise zu einer Wirtschafts- und Preiskrise. Die Klimakrise wird nie wieder weggehen und das alles hat Auswirkungen auf die Wirtschaft und jedes einzelne Unternehmen. Die ganze Welt ist VUCA (volatile, uncertain, complex, ambiguous) – also volatil, unsicher, komplex und mehrdeutig. Die externen Effekte und Megatrends wirken heute stärker, direkter und auch langfristiger auf die Rahmenbedingungen der Unternehmen, ihre Prozesse und ihre Mitarbeitenden. Das Bewältigen von Krisen gehört heutzutage zum notwendigen Standard-Repertoire im Management. Was also kann Qualitätsmanagement als eine Spezialdisziplin zu den aktuellen und zukünftigen Herausforderungen beitragen?


Die Demingsche Reaktionskette


Mithilfe der Demingschen Reaktionskette kann die Bedeutung von Qualitätsverbesserung für Unternehmen in der Krise abgeleitet werden. Der Pionier des Qualitätsmanagements William Edwards Deming definierte bereits vor langer Zeit mit der Demingschen Reaktionskette die Anforderungen an Qualitätsmanagement:

 

  • Qualitätsverbesserung führt zu
  • Produktivitätsverbesserung führt zu
  • Kostenreduktion bei der Herstellung des Produktes führt zu
  • Preisreduktion, führt zur
  • Steigerung des Marktanteils, führt zur
  • Sicherung der Position des Unternehmens führt zur
  • Sicherung der Arbeitsplätze führt letztlich zur
  • Sicherung des Gewinns.

Gerade die Aspekte der Kostenreduktion scheinen pressierender denn je, zumindest was die Energiekosten von Unternehmen angeht, aber auch die Positionssicherung des Unternehmens sowie die Arbeitsplatzsicherung sind gegenwärtig besonders maßgebend. Aus der Demingschen Reaktionskette folgt übrigens, dass alle Akteure in einer Organisation in den Prozess des Qualitätsmanagements mit eingebunden sind und eine qualitätsbezogene Haltung eben nicht nur der Leitung und den Qualitätsexperten vorbehalten sein darf.


Plan-Do-Check-Act – Der PDCA-Zyklus als Krisen-Bewältigungs-Prozess


„Plan – Do – Check – Act“ oder deutsch „Planen – Umsetzen – Überprüfen – Handeln“ sind die Phasen des PDCA-Zyklus, die gern auch dem QM-Pionier Deming zugeschrieben werden und nach denen im Qualitätsmanagement gearbeitet wird. Daher ist auch die aktuelle Revision der berühmten QM-Norm DIN EN ISO 9001 – nach der weltweit über 1 Mio. Unternehmen und Organisationen geregelt und zertifiziert sind (ISO Survey 2021) – nach dem PDCA-Ansatz aufgebaut. Zur Krisenbewältigung per „Plan – Do – Check – Act“ taugen vor allen Dingen die Phasen „Check“ und „Act“, zu deutsch die Phasen des Überprüfens und Bewertens bzw. Verbesserns. Bei uns im Haus haben sich gerade in der Coronakrise diese beiden Phasen besonders bewährt: Die stetige Überprüfung von brandneu eingeführtem Online-Präsenzunterricht während der Coronakrise und die Bewertung von Verbesserungs- und Schulungsbedarfen – praktisches Qualitätsmanagement als kontinuierlicher Verbesserungsprozess.


Was bei der Bewältigung der Coronakrise schon klappte, kann in der akuten Energiekrise auch wirken: Plan-Do-Check-Act. Überprüfung von Energieverschwendung, Bewertung von Möglichkeiten, Planung von Maßnahmen und Umsetzung in der Praxis. Wir in der LVQ werden jedenfalls akut unsere Heizungs- und Beleuchtungsgewohnheiten auf den Prüfstand stellen und das selbstverständlich unter aktiver Mitwirkung aller Qualitätsakteurinnen und -akteure im Haus.


Kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP)


Wer in Krisen dem äußeren Wandel Stand halten will, der darf nicht still stehen. Verbesserungsprozesse führen – ganz gemäß der Demingschen Reaktionskette – zur Sicherung der Zukunft eines Unternehmens, und der praktisch angewendete PDCA-Zyklus führt zu kontinuierlicher Verbesserung der Organisation. Bestimmt haben Sie schon von KVP gehört? Es steht für „Kontinuierlicher Verbesserungsprozess“ und ist einer der wichtigsten Grundsätze im Qualitätsmanagement, der längst nicht nur in der Industrie, sondern zum Beispiel auch in der Pflege, in Bildungsinstitutionen und im Kulturbereich gang und gäbe ist.


Während der KVP in der Industrie oft recht elaboriert in einzelnen Phasen in speziellen Qualitätszirkeln umgesetzt wird, gehen kleine Betriebe und Teams in ihren regelmäßigen Meetings einfach stets gezielt auf die Frage „Was können wir besser machen?“ ein. Da gerade Krisen Verbesserung und Veränderung erfordern, ist das Praktizieren des KVPs unter Anleitung von Qualitätsmanagerinnen und -managern einer Organisation quasi Vorbeugung für den Krisenfall. Gleichzeitig sind durch die regelmäßige Anwendung des KVPs die Kommunikationsprozesse und eine positive Haltung gegenüber notwendigen Veränderungen im Krisenfall bereits eingeübt. Nach Ansicht vieler QM-Fachleute entscheiden speziell Mindset und Kommunikation oft über den Erfolg des KVPs. Übrigens ist ein Ansatz der systematischen Verbesserung auch eine Forderung der QM-Norm DIN EN ISO 9001:2015, indem es in Kapitel 10.3 heißt: „Fortlaufende Verbesserung“.


Risikobewertung in Krisenzeiten


Seit der Revision der DIN EN ISO 9001 in der Version 2015 liegt dem Qualitätsmanagement nach dieser Norm ein risikobasierter Ansatz zugrunde. Die aktuelle Norm DIN EN ISO 9001:2015 sieht eben ausdrücklich vor, dass die Organisation prüft, welche Risiken mit welcher Wahrscheinlichkeit und welchen Folgen eintreten könnten. Zudem soll die Organisation aber auch Chancen ergreifen, die sich aus den Risikoanalysen ergeben und von großer Bedeutung für die Unternehmensentwicklung sein können (Kapitel 6.1 Maßnahmen zum Umgang mit Risiken und Chancen). Ressourcenmanagement ist ein Klassiker der Risikobewertung, Stichworte „Lieferkettensicherung“ oder „Energieversorgung“.

Wer beispielsweise durchdacht hat, dass ein Totalausfall der Energieversorgung ein unwahrscheinliches, aber durchaus mögliches Risiko sei, hat gegebenenfalls Notfallpläne hierfür vorgesehen. Oder stellen Sie sich vor, Sie hätten den Komplettausfall Ihrer IT durch gehackte Systeme noch nie im Risikomanagement Ihres QM-Systems erwogen und dann träte der Ernstfall doch ein. Auch weniger spektakuläre Szenarien, wie der Ausfall von wichtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder andere Aspekte der Personalplanung wie Nachfolgeregelungen, können Teil der im QM erforderlichen Risikobewertung sein. Eine gute betriebliche Risikobewertung durch Qualitätsfachleute, Leitung der Organisation und letztlich durch alle Akteurinnen und Akteure im Unternehmen dient somit der Vorbeugung und kann die Erarbeitung von Szenarien und Notfallpläne für Krisen zur Folge haben.


Wie kann eine Weiterbildung in Qualitätsmanagement Unternehmen bei der Krisenbewältigung helfen?


Für viele Menschen ist das Qualitätsmanagement offensichtlich erst einmal dafür notwendig, eine erfolgreiche Zertifizierung – meist nach der Norm DIN EN ISO 9001 – zu bestehen. Mit dem Zertifikat schmückt sich das Unternehmen gegenüber Kunden und Lieferanten. Die Aufgabe von Qualitätsfachleuten wird dann ungerechterweise darauf reduziert, „dass man das Audit besteht.“ Dabei ist die Rolle von Qualitätsfachleuten und Qualitätsmanagerinnen schon per Norm anders ausgelegt: Sie sollen nämlich von der Leitung des Unternehmens eingesetzt, angeleitet und unterstützt werden, um zur Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems beizutragen (Kapitel 5.1 Führung und Verpflichtung), in der Praxis unterstützen dann natürlich auch die Qualitätsfachleute die Organisation bei der Umsetzung und Verbesserung der Qualität.


Die drei QM-Weiterbildungen, die bei uns übrigens alle auch mit dem Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit absolviert werden können, beinhalten jeweils Wissen, Kompetenzen und Methoden, die Unternehmen bei der Krisenbewältigung helfen können:


Qualitätsbeauftragte verstehen und beherrschen die Terminologie und Grundsätze des QM und sind für die Umsetzung eines QM-Systems im Unternehmen verantwortlich. QM-Beauftragte kennen den PDCA-Zyklus und verstehen die Bedeutung kontinuierlicher Verbesserung. Weitere Infos zu unserer Weiterbildung Qualitätsbeauftragte/r (TÜV) finden Sie in unserer Kurssuche.


Qualitätsmanager und Qualitätsmanagerinnen beherrschen zusätzlich einen umfangreichen Baukasten von QM-Methoden und Werkzeugen, auch aus angrenzenden Managementbereichen. Sie sind die Prozessgestaltenden und Fehlerminimierenden, also diejenigen, die – gerne mit anderen – dafür Sorge tragen, dass die Organisation und deren Angebote stetig besser werden und die Risiken für die Organisation stets Berücksichtigung finden. Weitere Infos zu unserer Weiterbildung Qualitätsmanager/in (TÜV) finden Sie in unserer Kurssuche.


Qualitätsauditorinnen und -auditoren sind diejenigen, die eine Organisation oder einen Bereich von außen betrachten und bewerten, ob die gesetzten Anforderungen und Ziele erfüllt werden. Mit ihrer „Außenbrille“ nehmen sie eine unbefangene Betrachtungsweise ein und geben Impulse Out of the Box. Weitere Infos zu unserer Weiterbildung Qualitätsauditor/in (TÜV) finden Sie in unserer Kurssuche.


Qualitätsfachpersonal hat also gleich mehrere Fachkompetenzen zu bieten, um dem Unternehmen in Zeiten der Krise aktiv zu helfen. Drei Aspekte dieser Expertise habe ich in diesem Beitrag beleuchtet: Gestalten und Bewerten von Prozessen durch den PDCA-Zyklus, durch kontinuierliche Verbesserungsprozesse und durch aktives Risikomanagement.


Welche Erfahrungen haben Sie mit QM in Krisenzeiten gemacht? Konnten Sie als QM-Akteur*in helfen? Welche Rolle spielt das Qualitätsmanagement in Krisenzeiten in Ihrem Haus?

Qualitätsmanagement in Krisenzeiten – Beiträge zum Weiterlesen

PS: Vielen Dank an unsere Qualitätsexperten Bernd Grabsky, Dr. Michael Klein und Dr. Thorsten Neuhaus für den fachlichen Input und Austausch beim Entstehungsprozess dieses Beitrags!

 


 

 

 

 


 

 

Dies ist der Karriereblog von LVQ.de. Unsere Artikel werden verfasst von unserem Redaktionsteam bestehend aus Angela Borin, Lars Hahn und Martin Salwiczek.

Die LVQ Weiterbildung und Beratung GmbH bietet Weiterbildungen für Fach- und Führungskräfte und Akademiker. Unser Vollzeitangebot mit anerkannten Abschlüssen kann zum Beispiel über den Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit gefördert werden. Besonderes Augenmerk legen wir auf Präsenzunterricht mit Dozenten aus der beruflichen Praxis und der weiterbildungsbegleitenden Unterstützung bei der Jobsuche.

Für Berufstätige bietet die LVQ Business Akademie entsprechende Weiterbildungen. Der Fokus liegt auf der Vermittlung fachspezifischer Themen aus dem gesetzlich geregelten Bereich. Inhouse-Seminare, Beratung und Schulungen für Unternehmen runden das Angebot der LVQ ab.

Wenn Sie Fragen zu unserem Angebot oder Interesse an einer Beratung haben, rufen Sie uns einfach an!

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