„Und dafür brauchte meine Firma jemanden, der das macht.“ – Ingenieur Philipp Kramer über seinen Berufseinstieg in Corona-Zeiten

19.05.2020, Angela Borin

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Der studierte Verfahrensingenieur Philipp Kramer hatte gehofft, zeitnah nach seinem Masterabschluss einen Job zu finden, doch die Vorstellungsgespräche blieben aus. Wie ihm der Einstieg jetzt in Zeiten von Corona dann doch gelungen ist und was seine Weiterbildung samt Praktikum damit zu tun haben, erzählt er uns im Interview.


Hallo Herr Kramer. Vielen Dank, dass Sie sich für unser Gespräch Zeit genommen haben. Mögen Sie uns von Ihrem beruflichen Werdegang erzählen?

 

Gerne. Ich habe allgemeine Verfahrenstechnik im Bachelor und darauf aufbauend im Master computergestützte Verfahrenstechnik studiert und Ende 2018 mein Studium beendet.

Seit Mai 2020 bin ich für ein Ingenieurbüro im Sonderanlagenbau von Wärmetauschern und Erhitzern tätig. Wir betreuen Anlagen von der Konzeptfindung über die Auslegung und das Engineering bis hin zum tatsächlichen Bau und die Inbetriebnahme. Die Fertigung unserer Anlagen wird bei langjährigen Partnern durchgeführt.

Eingestellt als Projektingenieur bin ich eher am Anfang unserer Servicekette, sprich in der Konzeptfindung und der verfahrenstechnischen Auslegung, und bin nebenbei für das Qualitätsmanagement verantwortlich. Der Plan ist, dass ich in Zukunft alle Schritte dieser Kette kennenlerne und sie irgendwann als Projektleiter von Anfang bis Ende betreue.

Per XING zum Praktikum

Das klingt nach einem absoluten Glücksgriff, den Sie in diesem Unternehmen gelandet haben. Wie kam es dazu?

Das war es auch, alles ziemlich viel Glück und Zufall. Ich hatte eigentlich gehofft, dass ich direkt nach meinem Master in den Arbeitsmarkt einsteigen kann: Das war aber leider nicht der Fall. Also habe ich glücklicherweise eine Weiterbildung mit anschließendem Praktikum beginnen können.

Im Bewerbungscoaching zeigte mir meine Praktikumsbetreuerin Frau Thiessen, wie die erweiterte Suche bei XING funktioniert. Wir haben dafür meine Stadt „Willich“ und meinen Themenschwerpunkt „Verfahrenstechnik“ eingegeben und da tauchten dann zwei Firmen auf: Bei der einen war ich bereits im Vorpraktikum zum Studium und die andere passte genau zu dem, was ich in meiner Masterarbeit gemacht habe und klar, die ist es für mich dann gewesen.

Natürlich habe ich auch vorher schon mal per Google Maps in meiner Umgebung gesucht, welche Firmen dort auftauchen, aber auf diese Firma habe ich tatsächlich nicht geklickt. Durch den Tipp von Frau Thiessen und XING habe ich dann jedoch meine Firma kontaktiert und erfahren, dass das Unternehmen vor einer Erstzertifizierung stand und Unterstützung im Qualitätsmanagement brauchte.

Und da haben Sie die Gelegenheit gleich genutzt und sich dort vorgestellt?

Genau. Es war klar, dass ich das Zertifizierungaudit selbst mitmachen könnte, wenn das mit dem Praktikum klappt. Die Vorbereitungen sowie das Audit mitzuerleben und dort zu unterstützen, nachdem ich vorher ein halbes Jahr Weiterbildung unter anderem in diesem Bereich absolviert hatte und dass die Firma genau auf das passte, was ich in der Masterarbeit gemacht habe, das war natürlich ausschlaggebend. Wir haben uns dann zeitnah getroffen und da wir uns gleich sympathisch waren, hat mein Chef ziemlich schnell gesagt, dass sie mich gerne fürs Praktikum nehmen würden.

Sie sagten gerade auch, dass Sie durch XING auf die Stelle aufmerksam wurden. Haben Sie denn noch weitere Erfahrungen mit XING gemacht?

Definitiv. Ich kann die Anfragen gar nicht mehr zählen, die ich dort plötzlich gekriegt habe. Auf einmal ging es richtig los und das nur weil ich die XING-Tipps in meinem Profil umgesetzt habe. Die waren schon gut.

Selber hatte ich auch noch nach anderen Firmen im Umkreis von Willich recherchiert, falls das mit meinem jetzigen Arbeitgeber nicht geklappt hätte. Aber das ging so schnell mit dem Gespräch und der Zusage, dass ich andere Antworten gar nicht mehr abgewartet habe. Innerhalb von einer Woche war das klar mit dem Praktikum.

Trotz Corona: Direkte Übernahme nach dem Praktikum

War eigentlich von vornherein klar, dass Ihr Praktikum in eine Anstellung übergehen kann?

Ich habe das am Anfang gar nicht angesprochen. Ich war einfach froh, dass ich das Praktikum bekommen hatte. Es wurde dann aber sehr schnell von Firmenseite aus gesagt, dass diese Möglichkeit besteht. Wichtig war, dass es nicht nur fachlich passt, sondern die haben auch geguckt, ob ich zu den anderen Mitarbeitern passe und mit denen klarkomme.

Und dann kam Corona. Hat das etwas an der Möglichkeit geändert?

Tatsächlich nicht. Die Zertifizierung ist bereits gelaufen und wir haben mittlerweile auch das Zertifikat, aber nun müssen noch viele Dinge umgesetzt werden. Und dafür braucht meine Firma auch jemanden, der das macht. Ich habe schon in der Phase vor dem Audit wirklich viel mitarbeiten und Unterlagen vorlegen können, die gefehlt haben. Da ich das begleitet habe und so viel einbringen konnte, war ich interessant.

Alleine für eine Qualitätsstelle wollten sie zudem niemanden einstellen. Jemand, der das Ingenieurwesen kennt, nebenbei Wissen im Bereich Qualität mitbringt und die Zertifizierung mitgemacht hat, da sah es dann aber anders aus. Meine Firma kannte mich schon, sie kannte meine Arbeit und so kam ich dann zu meiner Stelle.

Nun ist Ihr Praktikum jedoch von Corona in zwei Abschnitte geteilt worden, wie lief das dann ab?

Homeoffice ist als Praktikum natürlich ein bisschen blöd, weil man nicht direkt mit den Leuten zusammenarbeitet und die Prozesse der Firma nicht direkt mitverfolgen kann. Da ich aber bereits in der Firma das Qualitätsmanagement mitgestalten konnte und meine ausgearbeiteten Unterlagen auch übernommen wurden, also, tatsächlich umgesetzt und nicht nur nebenbei zur Kenntnis genommen, habe ich gerne im Homeoffice weitergearbeitet.

Da auch eine mögliche Übernahme, kurz vor den Corona-Einschränkungen, konkreter wurde, hatte ich schon angefangen mich mit in die Verfahrenstechnik des Hauptgeschäfts einzuarbeiten. Dadurch dass dies viele Berechnungen und viel Nachlesen umfasst, konnte ich so auch von zuhause aus über das Telefon weiterhin viel mitarbeiten.

Qualitätsmanagement als Schlüssel zum Job

Immer wieder fällt das Wort Qualitätsmanagement. Das war in Ihrem Fall scheinbar der Schlüssel zu Ihrem Job. Haben Sie vorher schon Berührungspunkte gehabt oder kam das durch die Weiterbildung?

Sagen wir, es ist mir durch die Weiterbildung bewusst geworden. Mir war vorher nicht klar, wie wichtig Qualitätsmanagement für die Verfahrenstechnik ist und so konnte ich damit nicht sofort etwas anfangen. Als ich dann aber die Qualitätskurse gemacht habe, merkte ich, dass ich viele Dinge schon in den Jobs während meines Bachelor- und Masterstudiums kennengelernt habe.

Wirklich klasse war es dann für mich, durch die LVQ nochmal so an das Thema herangeführt zu werden und die Verknüpfung zu erkennen. Besonders hilfreich waren da die vielen praktischen Umsetzungen und dass ich immer irgendwas als Ausgangspunkt hatte. Genau das hat mir dann auch im Praktikum weitergeholfen, weil ich direkt Vorschläge einbringen konnte, wenn etwas fehlte. Ich hatte das bei der LVQ schon mal gesehen und gemacht und konnte das dann auf die Firma übertragen. Und das war dann auch mein Vorteil für den Job: Meine Firma hat jemanden gesucht, der beide Punkte verbindet und ich hatte eine Idee, wie sowas auszusehen hat.

Das Praktikum hat also wahrlich Türen geöffnet. Wie kam es denn generell zur Weiterbildung?

Nachdem meine Bewerbungen im Sommer 2019 nicht erfolgreich verliefen, bin ich mit meiner Arbeitsvermittlerin übereingekommen, dass es eventuell an meinen Bewerbungsunterlagen liegen könnte. Wegen meiner Qualifikationen hat sie mich dann auf eine Weiterbildung mit möglichem Praktikum aufmerksam gemacht, in welcher auch Unterstützung für Bewerbungsunterlagen geboten wird. Da war mir dann auch schnell klar, dass ich das machen möchte, weil mir Berufserfahrung fehlt und ich wieder etwas Neues sehen und aufbauen wollte. In den Vorstellungsgesprächen waren meine Praktika nämlich immer Eckpunkte, an denen ich meine Entwicklungsschritte zeigen und mich besser positionieren konnte. Das habe ich schließlich schon mal gemacht.

Also hatte ich ein Erstgespräch mit Herrn Hahn und wir haben über meine Möglichkeiten gesprochen. Neben Qualitätsmanagement und Praktikum war für mich auch das Projektmanagement wahnsinnig interessant, da ich wusste, dass ich das als Ingenieur im Berufsleben nochmal brauchen werde. Mit dem Thema Umwelt hatte ich im Studium schon zu tun, deswegen habe ich diesen Kurs noch ergänzend belegt.  

Durch Weiterbildung aus dem Sommerloch

Einen ganzen Sommer Jobsuche. Haben Sie während Ihres Studiums bereits gewusst, dass es länger dauern könnte?

Im Studium wurde uns schon gesagt, dass man nach dem Master mit einem halben Jahr Wartezeit rechnen kann, bis man tatsächlich etwas findet. Deswegen hatte ich mich schon während meiner Abschlussarbeit Ende 2018 beworben, bin auf Messen gegangen – den VDI-NachrichtenRecruiting Tag, die Jobvector-Messe und den Karrieretag Düsseldorf – und hatte auch einige Bewerbungsgespräche. Daraus ist aber leider nichts geworden, sprich bis Ende März lief das Studentendasein erstmal weiter.

Natürlich habe ich mich dann mal an der Universität nach Angeboten umgeschaut, aber da geht ja keiner mit einem die eigenen Unterlagen komplett durch. Es sagt keiner, „hier könnte man das so oder so machen“, es ist eher allgemein. Da hat mir die LVQ sehr gut gefallen, denn Frau Thiessen hat das individuell, auf meine eigenen Unterlagen, mit mir gemacht.

Das klingt, als hätten Sie auch bei uns eine motivierende Zeit erlebt. Was hat Ihnen denn besonders weitergeholfen?

Es war auf jeden Fall motivierend. Für mich war es wichtig, dass ich jeden Morgen wieder rausgehe und etwas für meinen zukünftigen beruflichen Lebensweg tue. Durch den Präsenzunterricht hatte ich einen Tagesablauf und habe somit quasi Arbeit simuliert. Das hat wirklich gutgetan, denn im vorigen Sommer war ich in einem Loch und wusste nicht, was ich jetzt machen soll.

Außerdem wusste ich nie, wie ich den Leuten in Bewerbungsunterlagen nahebringen soll, was ich gelernt hab und dass ich diese Dinge gut kann, also dass ich der Richtige für den Job bin. Ich wusste, dass ich gute Fähigkeiten mitbringe, aber vor allem mit Anschreiben habe ich mich unheimlich schwergetan. Das war mein größtes Problem, aber auch das habe ich nun im Bewerbungstraining gelernt.

Mit neuem Selbstvertrauen in die Jobsuche

Am meisten hat mir aber geholfen, dass ich mich mit Leuten unterhalten konnte, die in einer ähnlichen Situation waren: Was machen die anders, wo suchen sie und wie gehen sie damit um. Da habe ich das Gefühl bekommen, das ich irgendwie nicht allein bin und das ist motivierend. Man baut sich dann nämlich gegenseitig auf und geht dann auch mit anderem Selbstvertrauen in die Jobsuche.

Das ist eine ziemlich schöne Zusammenfassung Ihrer Zeit bei der LVQ. Haben Sie denn auch noch einige Tipps für Jobsuchende, die in Zeiten von Corona im Bewerbungsprozess stecken?

Jede Situation ist unterschiedlich und es gehört auch ein bisschen Glück dazu, aber man sollte für verschiedenste Wege offen sein und seine Kontakte ausbauen: Ich habe zum Beispiel gute Erfahrungen mit Messen, XING und Praktika gemacht und kann das nur weiterempfehlen. Es hilft, wenn man mit den Leuten spricht – ob persönlich auf einer Messe oder digital per XING. So kam ich immer um ein Anschreiben herum und konnte persönlich überzeugen. Man kann im Gespräch sofort Fragen zu den Jobs stellen, auf Rückfragen reagieren und bekommt auch Feedback. Das gibt ein gutes Gefühl, weil man merkt, dass die Leute Interesse haben. Und durch ein Praktikum hat man vor allem etwas, worüber man sprechen kann. Das hilft, ein Gespräch aufzubauen und sich interessant zu machen, weil man eine Verbindung zur neuen Firma herstellen und von den bisherigen Erfahrungen ableiten kann.
 

Netzwerken, Messen und ein Praktikum können also tatsächlich der Türöffner für den neuen Job sein, wie wir an Ihrem Beispiel sehr schön sehen konnten. Vielen Dank für dieses spannende Gespräch über Ihren Berufseinstieg und alles Gute für Ihre berufliche Zukunft, Herr Kramer.


 

 

 

 


 

 

Dies ist der Karriereblog von LVQ.de. Unsere Artikel werden verfasst von unserem Redaktionsteam bestehend aus Angela Borin, Lars Hahn und Martin Salwiczek.

Die LVQ Weiterbildung gGmbH bietet Weiterbildungen für Fach- und Führungskräfte und Akademiker. Unser Vollzeitangebot mit anerkannten Abschlüssen kann zum Beispiel über den Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit gefördert werden. Besonderes Augenmerk legen wir auf Präsenzunterricht mit Dozenten aus der beruflichen Praxis und der weiterbildungsbegleitenden Unterstützung bei der Jobsuche.

Für Berufstätige bietet die LVQ Business Akademie entsprechende Weiterbildungen. Der Fokus liegt auf der Vermittlung fachspezifischer Themen aus dem gesetzlich geregelten Bereich. Inhouse-Seminare, Beratung und Schulungen für Unternehmen runden das Angebot der LVQ ab.

Wenn Sie Fragen zu unserem Angebot oder Interesse an einer Beratung haben, rufen Sie uns einfach an!

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2 Kommentare

29. Oktober 2020

Super geschriebener und informativer Artikel :-). In diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen


22. Mai 2020
Erfolgsstory 2020

Klasse, so eine Erfolgsgeschichte als einer der involvierten LVQ-Dozenten zu lesen. Das macht dann so einmal so viel Lust, sich weiterhin um unsere motivierten Hoffnungsträger unserer Gesellschaft zu kümmern!


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