New Work reloaded: Wie Sie jetzt eine Neue Arbeit finden

25.06.2020, Lars Hahn

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Viele Bewerberinnen und Bewerber, ganz gleich ob berufseinsteigend oder langjährig erfahren, sind mit der Sinnfrage von Arbeit konfrontiert und machen sich Gedanken über berufliche Werte. Genau damit beschäftigt sich auch die New-Work-Bewegung, die sich unter anderem mit sinnhafter und wertvoller Arbeit befasst. Das Konzept der New Work als wirklich revolutionärer Ansatz: Sie tun beruflich nur noch, was Sie wirklich, wirklich wollen. Sagen die Optimisten.

Manche Skeptiker hingegen halten New Work für einen Hype, bei dem mit schicken Möbeln, Kicker, Limo, geduzter Kuschelkultur („der Peter ist ein toller Chef“) und tollen Buzzwords im wieder opportunen Großraumbüro das Maximale aus den Mitarbeitern rausgeholt werden kann. Sie werden sich derzeit in ihrer kritischen Haltung zu New Work bestätigt sehen.

Solchen Luxus kann man sich in Zeiten von Corona doch auch gar nicht mehr leisten, oder?! Durch Corona sind Großraumbüros nun wieder out! Schickes kollaboratives Teamarbeiten in stylischen Coworking Spaces war gestern. Der Arbeitsmarkt liegt danieder, die Arbeitslosenzahlen steigen um 30 Prozent oder gar mehr. Statt der Suche nach Sinn und Werten steht für Arbeitsuchende oftmals die Jobsicherheit im Vordergrund – „Hauptsache, ich finde überhaupt einen Job!“

Ist jetzt Schluss mit der Idee von „New Work“?! Oder ist gar Jobsicherheit das neue „New Work“, wie unlängst zu lesen war?

New Work – Sinn und Werte in der Arbeitswelt

Unter dem Label „New Work“ erörtern viele Akteure die Zukunft unserer Arbeitswelt, vor allen Dingen Werte, Haltungen und Menschenbilder. Es geht bei „New Work“ oft um Sinnstiftung, Arbeiten auf Augenhöhe, Demokratisierung von Führung und kulturellen Wandel in der Arbeitswelt. Als Urheber gilt der Philosoph Frithjof Bergmann, dem es darum geht „Menschen zu helfen, dass sie erfahren, was sie wirklich, wirklich wollen.“ Etwas ausführlicher hatte ich vor einiger Zeit über New Work und den Ansatz Arbeiten 4.0 hier im Blog geschrieben.

Viele Strömungen in Recruiting und Personalgewinnung befassten sich nicht zuletzt in den letzten Jahren mit „New Work“, weil man unterstellte, dass es in Zeiten von Fachkräfteknappheit wichtig sei, Bewerbern das zu bieten, was sie (wirklich, wirklich) wollen. Angebote für Jobsuchende reichten dabei von wirklich, wirklich sinnstiftenden, werteorientierten Konzepten bis hin zu inhaltsleeren Kicker-Pizza-Duz-Kultur-Kampagnen. Immerhin wurde sich allenthalben um das Wohlergehen der Bewerber bemüht. Die „Candidate Experience“, also die positive Erfahrung der Bewerber, lag vielen Personalexperten am Herzen.

Neue Arbeit in Corona-Zeiten

Schöne neue New-Work-Welt: Das soll nun alles vorbei sein? Auf den ersten Blick bereitet Corona manchen New-Work-Themen wie zum Beispiel digitalem Arbeiten von zu Hause aus den Weg, allerdings meist mit einer Schattenseite: Kontaktgebote führen allenthalben zu digitalen Lösungen, von denen so manche vor einem Jahr noch geträumt hätten. Allerdings quälen wir uns nun kollektiv von Video-Meeting zu Video-Meeting und wünschen uns die guten alten Zeiten zurück, in denen man echten Kaffee miteinander trank. Arbeiten im Homeoffice ist zwar gefragter denn je, allerdings nicht flexibel und mobil, sondern gezwungenermaßen und gar nicht frei. Mit der ganzen Familie, inklusive Homeschooling, doch nicht ganz new-work-like.

Und der Arbeitsmarkt? Arbeitsplätze werden zumindest zeitweise wieder Mangelware. Die Zahl der Bewerber hingegen steigt, viele Arbeitslose und noch mehr Bewerber, weil auch die unzufriedenen Beschäftigten sich wegbewerben. Verschiebt sich also die Macht zurück zum Arbeitgebermarkt, in dem die Bewerber zum Bittsteller werden? „Hauptsache, ich finde irgendeine neue Arbeit – egal was und wie“?

In der Tat werden in unsicheren Zeiten und sich verändernden Arbeitmärkten viele Menschen zuerst einmal eine neue Arbeit benötigen, weil sie die alte verloren haben. New Work also im ganz wortgetreuen Sinn: Neue Arbeit, neue Stelle, neue Perspektive. Viele Jobsuchende werden sich durch unzählige Bewerbungsprozeduren plagen, oft keinerlei Antwort auf mit Herzblut und Aufwand geschriebene Bewerbungen erhalten und die Trägheit des aktuellen Arbeitsmarktes zu spüren bekommen. Eine neue Arbeit zu finden wird für so manche wieder zum Flaschenhals: Erst einmal reinkommen!

Vielleicht mag diese spezielle Situation des Corona-Arbeitsmarktes die eine oder den anderen unter den Recruitern und HR-Experten in den Unternehmen kurzfristig dazu verleiten, Bewerberinnen und Bewerber spüren zu lassen, dass sie aufgrund der hohen Bewerberzahl die Macht haben, um endlich mal wieder so richtig selektieren zu können. Schlau wäre das allerdings nicht. In den meisten Branchen wird sich der Arbeitsmarkt innerhalb von Monaten wieder einigermäßen erholen. Drum wäre es dumm, das langfristig und mühsam generierte positive Arbeitgeberimage zu riskieren. Zwar hat man es zurzeit nicht eilig mit Stellenbesetzungen, aber der nächste Personalbedarf kommt bestimmt.

Neue Arbeit um jeden Preis

Auf der Bewerberseite sieht das naturgemäß anders aus. Wer schon länger arbeitslos ist, ist von der Corona-Krise zumeist kalt erwischt worden und benötigt dringend Perspektiven. „Hören Sie mir auf mit New-Work-Kram und Sinnfragen, Herr Hahn, ich habe noch genau sechs Monate bis mein Arbeitslosengeld ausläuft, bis dahin brauche ich unbedingt eine neue Arbeit!“

Bewerbung in Corona-Zeiten ist Jobsuche mit verschärften Bedingungen. Der Arbeitsmarkt ist zäh, die Zahl der Mit-Bewerber steigt, die Perspektiven sind nebulös. Das Finden einer neuen Arbeit gleicht in den Augen vieler einer Seefahrt auf Sicht. Keiner weiß, was sich hinter der Nebelwand befindet. Man ahnt zwar, dass man irgendwann eine neue Arbeit findet, aber weiß nicht wann und wo. Spätestens wenn bald das Arbeitslosengeld ausläuft, steigen Nervosität und Sorgen sprunghaft an. Es muss eine neue Arbeit her, um jeden Preis!

In einer solchen Situation reduziert sich New Work wirklich auf die nächste neue Arbeitsstelle, die schnell zu erreichen ist. Für die Konstellation der zügigen Jobsuche in Corona-Zeiten schrieben wir kürzlich mehrere Beiträge hier im Blog:

New Work in der Krise – Sinn und Werte

Gerade weil der Arbeitsmarkt zurzeit so schwankend ist und sich in dieser Zeit bisweilen wenig in Sachen Stellensuche ergibt, nutzen manche unserer Teilnehmenden diese Phase bewusst, um sich beruflich neu zu positionieren. Wenn dann der Arbeitsmarkt wieder anzieht, kann die Bewerbung um so selbstbewusster und präziser erfolgen. Ich finde das gut.

Ganz im Sinne des New Work-Vordenkers ist jetzt eine gute Zeit, grundsätzliche Fragen zur beruflichen Zukunft und Positionierung zu klären – wie zum Beispiel: Was ist mir beruflich wirklich, wirklich wichtig? Was möchte ich beruflich wirklich, wirklich tun? Wo will ich beruflich wirklich, wirklich hin?

Spätestens hier stehen für die eine Werte wie Nachhaltigkeit oder Generationengerechtigkeit an vorderster Stelle, während ein anderer Produkte und Themen am wichtigsten findet und eine dritte erst einmal eine Stelle finden möchte, bei der sie endlich, endlich zeigen kann, was sie drauf hat.

Auch für das Thema berufliche Positionierung und Zufriedenheit haben wir hier einige vertiefende Beiträge im Blog:

Nebenbei – vielen unserer Teilnehmenden gelingt ihre berufliche Positionierung übrigens während der beruflichen Weiterbildung zwischen zwei Jobs durch neue berufliche Impulse und den Austausch mit den Akteuren während dieser Zeit. Besonders unser Kurs "Agile Methoden und Scrum Master" eignet sich für angehende New Worker, um in agilen Arbeitswelten erfolgreich durchzustarten. Dass die Bundesagentur für Arbeit in diesem Jahr ohnehin die Förderung der beruflichen Weiterbildung von Jobsuchenden und Beschäftigten auf ihrer Agenda hat, macht diese Option umso attraktiver: Eine neue Arbeit durch Weiterbildung.

New Work – was bleibt? #PostCorona

Ganz gleich ob Neue Arbeit „um jeden Preis“ oder New Work mit Sinn und Werten – durch Corona wird die Arbeitswelt da draußen ohnehin eine „neue Arbeit“ sein.

Interessant finde ich, dass nach einer Befragung auffallend viele Beschäftigte mit der Unternehmenskultur ihres Unternehmens in Corona-Zeiten zufrieden sind. Das Team-Gefühl ist gestiegen, die Sinnfrage und Werte wie Menschlichkeit nehmen an Bedeutung zu. Das sind Ergebnisse, die man im Recruitainment-Blog nachlesen kann. Wer diese Erfahrungen einmal machte, wird sie nicht wieder missen wollen.

Ich glaube, dass auch viele andere Errungenschaften der Corona-Zeit in die neue Normalität Einzug halten werden. Die Vorteile von Homeoffice und mobilem Arbeiten werden Arbeitgeber und Mitarbeitende gleichermaßen nutzen wollen. Unkonventionelle in pfiffigen, wendigen Teams gefundene improvisierte Lösungen, die zur Rettung aus der Corona-Notlage geschaffen wurden, schaffen die Basis für agile, pragmatische Lösungen. Selbst die gerade inflationär durchgeführten Video-Meetings werden so manche unnötige und gar anstrengende Dienstreise ersetzen – was auch noch gut fürs Klima ist.

Für Jobsuchende wird es umso interessanter sich im Vorfeld über Bedingungen und Werte von Arbeitgebern zu informieren, was dem New-Work-Gedanken in jederlei Hinsicht gerecht wird. Die digitalen Businessnetzwerke und Arbeitgeber-Bewertungsplattformen wie Kununu oder Glassdoor werden uns dabei behilflich sein.

Wie sehen Sie das? Teilen Sie gerne Ihre Sicht mit uns in unseren Kommentaren!


 


 

 

 

 

 

Dies ist der Karriereblog von LVQ.de. Unsere Artikel werden verfasst von unserem Redaktionsteam bestehend aus Angela Borin, Lars Hahn und Martin Salwiczek.

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1 Kommentare

Dil32
31. Oktober 2020

Ich habe auch meine letzte Stelle aufgrund Corona verloren. Nach langer Suche habe ich nun einen Gastrojob gefunden. Ich hoffe, die Gastrobetriebe werden nicht wieder geschlossen.


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