2023 wird als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem Künstliche Intelligenz letztlich in unserer Arbeitswelt angekommen ist. ChatGPT und Co. waren in diesem Jahr allgegenwärtig in den Medien, ganz gleich ob Tagesschau, LinkedIn oder gar im digitalen Boulevard-Blatt. Das Thema auf Business-Konferenzen, Fachmessen und Karrieretagen: ChatGPT. Selbst Gespräche beim Grillen am Wochenende oder gar im Urlaub kreisten oft um den KI-Chatbot und seine Auswirkungen auf unseren Alltag.
In meinem LVQ-Jahresrückblick geht es deshalb natürlich auch um ChatGPT und Co. – Künstliche Intelligenz und was sie mit unserer Arbeitswelt anzustellen vermag. Welchen Einfluss hat KI bereits jetzt auf unseren beruflichen Alltag, auf Jobsuche und Weiterbildung?
Ich werfe aber auch einen Blick zurück auf den ambivalenten Arbeitsmarkt 2023 und die durchaus widersprüchlichen Signale an unsere Weiterbildungsbranche. Versöhnlich geht unser LVQ-Jahr zu Ende mit einem kleinen Ausblick auf das Jahr 2024 und einem Zitat von Douglas Adams: Don’t panic!
Ein spannendes Jahr mit ChatGPT und Co.
Gerade mal ein Jahr ist ChatGPT nun alt. Also nicht wirklich, denn in den Vorjahren wurde natürlich an den Vorläufern des Chatbots getüftelt. Die Ergebnisse können wir alle seit dem 30.11.2022 live erleben. Das Jahr 2023 war geprägt von Probieren, Erforschen und ersten Erfolgen. Auch für uns.
Bereits im Dezember 2022 erprobten wir ChatGPT zur Texterstellung. Erstes Fazit: Beim Bewerbungsanschreiben bitte ausprobieren, jedoch nichts unkritisch übernehmen. Martin Salwiczek ging noch weiter und erprobte die KI als Jobcoach. Wir alle waren baff über die Ergebnisse, allerdings auch hier: „Auch, wenn der Chatbot Empathie simulieren kann, das Zwischenmenschliche ersetzt er nicht.“
Früh war klar, dass ChatGPT Einfluss auf unsere gängigen Weiterbildungen haben würde: Zum einen in der Fragestellung, was die KI mit den jeweiligen Berufsbildern macht. Wie verändern sich die Tätigkeiten von Online-Redakteur*innen durch ChatGPT? Kann man einen Auditbericht per Chatbot erstellen? Welche Prüfungen lassen sich in Zeiten der KI-Nutzung überhaupt noch durchführen? Dazu führten wir bereits Anfang Juni eine ChatGPT-Dozentenkonferenz mit Kai Heddergott durch, der die technischen Entwicklungen seit dem ersten Tag verfolgt.
Parallel erlebten wir, dass sich (fast) alle Berufsbilder in den nächsten Jahren radikal wandeln würden und damit auch die ganze Arbeitswelt. Unternehmen würden also KI-Expertise benötigen. Dabei geht es um Chancen und Möglichkeiten der KI, aber auch um ethische und rechtliche Herausforderungen, Datensicherheit und Risikomanagement. Grund genug, zeitnah eine KI-Weiterbildung an den Start zu bringen – und zwar eine, die „How to handle AI in my Company“ zum Kern-Thema macht. Just vor Jahresfrist am 29.11.2023 ist sie nun gestartet, die von uns konzipierte Weiterbildung zum/zur KI-Manager/in (IHK).
Dynamische Entwicklungen rund um KI
Es hat sich viel getan in der Welt der Generative Pre-trained Transfomers (kurz GPT). ChatGPT kann viel besser Deutsch, überhaupt viele Sprachen. Mit DeepL, Google Translate und Co. ist der Babelfisch aus dem Klassiker von Douglas Adams, Per Anhalter durch die Galaxis, Wirklichkeit geworden. Chatbots erlauben es uns, mit jedem auf diesem Planeten zu kommunizieren, als hätten Sprachbarrieren nie existiert. Die Parallelen zwischen den mächtigen KI-Plattformen und dem Supercomputer Deep Thought liegen auf der Hand – mit dem Unterschied, dass die Antworten ChatGPTs nicht auf ‚42‘ begrenzt sind.
- Auch die Bilderstellung per Prompt hat innerhalb dieses Jahres gigantische Fortschritte gemacht, wie Martin und Midjourney mit ihren epischen Heldenbildern von Luke, Katniss, Harry und Co. kürzlich unter Beweis gestellt haben
- Seit Kurzem ermöglicht ChatGPT es jedem, zweckorientiere ‚SpezialGPTs‘ selbst zu bauen. Sprache und Bild sind auch integriert. Seit er auch als App verfügbar ist, kann der Chatbot zudem sprachgesteuerter KI wie Siri das Wasser reichen
- Neben den (vielen) Vorzügen wurde 2023 aber auch viel über die Schattenseiten und Herausforderungen durch die Quantensprünge in der Entwicklung von KI diskutiert. Alle voran rechtlichen, ethischen und gesellschaftsrelevanten Aspekte: Von Deepfakes über Cybersecurity bis hin zu der Frage, wem eigentlich die Rechte an den ChatGPT-Erzeugnissen gehören.
Ambivalenz auch am Arbeitsmarkt
Während der Stellenmarkt in Deutschland noch wenig neue Berufe wie „Prompt Engineers“ oder „AI-Prompter“ hervorbringt, gibt es bereits einige Zehntausend Stellen, die als Anforderung an die Bewerber*innen Kompetenzen im Umgang mit KI erwähnen, wie es aus einer Personalmarktforschung-Studie im Mai 2023 – also knapp sechs Monate nach dem Start von ChatGPT – hervorgeht.
KI-Skills sind also schon jetzt gefragt. In diesem Bereich ist demnach tatsächlich eine Dynamik am Arbeitsmarkt zu erwarten, die in den nächsten Monaten und Jahren erst so richtig Fahrt aufnimmt.
Gleichzeitig herrscht am Arbeitsmarkt in Deutschland insgesamt das ganze Jahr 2023 eine zunehmende Ambivalenz, die sich am besten im IAB-Arbeitsmarktbarometer visualisieren lässt (der Wert 100 ist ‚neutral‘): Während die Komponente „Arbeitslosigkeit“, also wie wird sich die Arbeitslosigkeit in den kommenden Monaten entwickeln, vom größten Pessimismus seit 2013 (abgesehen vom Beginn der Corona-Krise´) geprägt ist, zeigt die Komponente „Beschäftigung“ nach wie vor in den positiven Bereich.
Sprich: Das Jahr 2023 weist durch viele Krisen einen eingetrübten Arbeitsmarkt bei gleichzeitigem Fachkräftemangel auf. Und das hatten wir so noch nie.
Hier sind die Auswirkungen des demografischen Wandels bereits zu spüren, was darauf hindeutet, dass Qualifizierung von vorhandenem Erwerbspersonenpotenzial (spannender Fachbegriff!) zunehmend wichtig wird.
Und so ist der deutsche Arbeitsmarkt 2023 von der Ambivalenz geprägt, dass Firmen verzweifelt versuchen, die passenden Arbeitskräfte zu finden. Gleichzeitig tun sich Bewerber*innen schwer, den richtigen Einstieg in den neuen Job zu finden.
Ambivalenz: Weiterbildungsrepublik mit Streichkonzert
Ambivalente Tendenzen gibt es 2023 auch hinsichtlich der beruflichen Weiterbildung. So wirbt die Bundesregierung im Rahmen der Nationalen Weiterbildungsstrategie für die Stärkung von Weiterbildung in einer Arbeitswelt im Wandel. Deutschland solle „Weiterbildungsrepublik“ werden. Gleichzeitig stehen die staatlichen Mittel für die berufliche Weiterbildung vor dem Hintergrund der Haushaltskrise und Schuldenbremse aktuell zumindest zur Diskussion.
Das gilt auch in Nordrhein-Westfalen: Mit großen Zielen startete die Fachkräfteoffensive des Landes NRW im Mai 2023. Mittlerweile ist klar: Der erfolgreiche Bildungsscheck NRW für Betriebe wird eingestellt, ebenso wie die erfolgreiche Beratungsmöglichkeit „Perspektiven im Erwerbsleben“, in deren Rahmen unter anderem engagierte Weiterbildungsberater*innen über Karriere- und Weiterbildungsperspektiven informierten.
Sparen bei der Weiterbildung, wie töricht! “There is only one thing in the long run more expensive than education: no education.” Frei nach dem berühmten Kennedy-Zitat werden unter anderem im Bereich Bildung und Digitalisierung aktuell vermeintlich eingesparte Schulden für die nachfolgende Generation richtig teuer werden.
Da möchte man den entsprechenden Verantwortlichen glatt das Motto der Weiterbildungsoffensive Ruhr, „Du kannst mehr“, zurufen. Denn mit unserer gleichnamigen Kampagne rockten wir Weiterbildungsnetzwerke des Ruhrgebiets nicht zuletzt den Weiterbildungskongress Ruhr am Deutschen Weiterbildungstag.
Ambivalenz in der beruflichen Weiterbildung bedeutete 2023 auch: Hohe Ziele bei teilweise verstörend gebremsten Finanzen.
Was 2023 sonst noch war: Lernwelt – Job-Welt – Verrückte Arbeitswelt
Es gab noch mehr Neues in der LVQ: Wir hatten mal wieder echte Teilnehmer*innen im Haus. Nicht nur in unser erfolgreichen LVQ-Business-Akademie, die längst wieder Tagesseminare und Inhouse-Schulungen vor Ort durchführt. Mit der komplett reformierten Ausbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit Sifa 3.0 ist auch im geförderten Vollzeitbetrieb wenigstens ab und zu mal wieder die gute alte Präsenz in unser Haus zurückgekehrt. Hier sind wir Pioniere als einer der ersten Anbieter und dürfen auch mit der digitalen Sifa-Lernwelt experimentieren.
Mit digitalen Themen beschäftigte sich auch die New-Work-Experience in Hamburg, auf der neben Speakern wie Sascha Lobo, Tijen Onaran und Gazelle Vollhase auch Martin Salwiczek und meine Wenigkeit einen Impulsvortrag halten durften. Auf dem Jobfestival der XING-Jobwelt teilten wir unser Wissen und unsere Erfahrungen in Sachen ChatGPT („Künstliche Intelligenz und die Zukunft der Arbeit“).
Überhaupt haben wir viele Vorträge über KI, Arbeitswelt, Weiterbildung und berufliche Perspektiven gehalten auf Messen, Konferenzen und bei vielen unserer Partner*innen. Das Tolle daran: Wir haben unzählige Gespräche geführt, zugehört und viel darüber gelernt, wie unterschiedlichste Menschen mit den rasanten Veränderungen unserer verrückten Arbeitswelt umgehen.
Klar ist: die Umwälzungen, die wir durch KI, aber auch durch andere Herausforderungen wie demografischen Veränderungen, Umweltkrisen und Klimawandel erleben, werden uns in 2024 und den Folgejahren viel abverlangen.
Und so möchte ich meinen diesjährigen Jahresrückblick mit Don’t panic! abschließen, indem ich noch einmal ChatGPT im Stile von Douglas Adams zu Wort kommen lasse:
„In einer Ära, in der Künstliche Intelligenz nicht nur unsere Jobs übernimmt und in der die größte Herausforderung für unser Klima nicht nur darin besteht, zu entscheiden, ob wir im Büro Jacken tragen oder nicht, ist es wichtig, sich an die Weisheit des größten intergalaktischen Reiseführers zu erinnern: 'Don't panic'.
Ja, unsere Welt verändert sich schneller als ein vogonischer Beamter 'Nein' sagen kann, aber wie Douglas Adams schon wusste: Solange wir ein Handtuch dabei haben – und vielleicht ein wenig Humor – gibt es keinen Grund zur Panik. Also, lächeln Sie beim nächsten Zoom-Meeting und denken Sie daran, dass selbst in einer Welt, in der Roboter die schlechten Witze machen, ein gutes altes menschliches Schmunzeln unersetzlich ist. Und während wir so zusammen durch das galaktische Festtagschaos navigieren, vergessen wir nicht, uns gegenseitig ein 'Frohes Fest' zu wünschen!“
Dies ist der Karriereblog von LVQ.de. Unsere Artikel werden verfasst von unserem Redaktionsteam bestehend aus Martin Salwiczek, Lars Hahn und Kay Pfefferkuchen.
Die LVQ Weiterbildung und Beratung GmbH bietet Weiterbildungen für Fach- und Führungskräfte und Akademiker. Unser Vollzeitangebot mit anerkannten Abschlüssen kann zum Beispiel über den Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit gefördert werden. Besonderes Augenmerk legen wir auf Online-Präsenzunterricht mit Dozent*innen aus der beruflichen Praxis und der weiterbildungsbegleitenden Unterstützung bei der Jobsuche.
Für Berufstätige bietet die LVQ Business Akademie entsprechende Weiterbildungen. Der Fokus liegt auf der Vermittlung fachspezifischer Themen aus dem gesetzlich geregelten Bereich. Inhouse-Seminare, Beratung und Schulungen für Unternehmen runden das Angebot der LVQ ab.
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