„Es ist fünf vor zwölf!“– Weiterbildung für die Transformation im Ruhrgebiet – Recap des zweiten Weiterbildungskongress Ruhr

05.10.2023, Lars Hahn

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In seiner aktuellen Kolumne berichtet Lars Hahn über den Weiterbildungskongress Ruhr, der gerade in Dortmund stattfand. Neben seiner Rolle als Geschäftsführer der LVQ ist er nämlich auch ehrenamtlich im Vorstand der Vereine Weiterbildung im Revier e. V. und Weiterbildungsforum Oberhausen-Mülheim e. V. engagiert, die den Kongress mitgestaltet haben.

„Es ist 5 vor 12! Um langfristig erfolgreich zu sein, müssen wir als Gesellschaft jetzt alle Potenziale für den Arbeitsmarkt aktivieren und nutzen.“ Dieses Statement von Evonik-Personalvorstand Thomas Wessel beschreibt sehr gut die Dringlichkeit, die auf dem diesjährigen Weiterbildungskongress Ruhr 2023 von allen Seiten zu hören war.

In einem Punkt waren sich alle Beteiligten einig: Die Herausforderungen, die sich aus dem gesellschaftlichen und technologischen Wandel sowie dem Bedarf an qualifizierten Fachkräften ergeben, können nur durch eine intensive berufliche Weiterbildung und engere Zusammenarbeit unter den Kooperationspartnern bewältigt werden.

Dabei sei Weiterbildung „als Chance für Arbeitsmarkt und Transformation zu begreifen", so Staatssekretär Matthias Heidmeier vom nordrhein-westfälischen Arbeitsministerium in seinem Eingangsstatement.

Deutscher Weiterbildungstag im Dortmunder U

Am Deutschen Weiterbildungstag trafen sich auf Einladung der Weiterbildungsnetzwerke Dortmund, Gelsenkirchen, Oberhausen, Mülheim, Essen, Bochum, Duisburg und Hamm über 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem Rhein-Ruhr-Gebiet im Dortmunder U zum zweiten Weiterbildungskongress Ruhr. Unter dem Motto ‚Talente wecken & entdecken‘ diskutierten sie, wie man für die Menschen und die Wirtschaft im Ruhrgebiet „Lösungen schaffen und Zukunft sichern“ kann. Das Dortmunder U war diesmal der passende Ort, nicht zuletzt, weil das älteste Weiterbildungsnetzwerk im Ruhrgebiet, das Dortmunder Weiterbildungsforum dwf 2023, bereits 30 Jahre alt wird.

Spektakulär war natürlich die Einbeziehung von Borussia Dortmund in Person von BVB-Nachwuchskoordinator Lars Ricken, der über die Talente-Gewinnung im Fußball referierte. Von Kreativität und Innovation zeugten unter anderem die Einbeziehung des Publikums mit digitalem Umfragetool (danke @Natalie Nehues) und die Dokumentation der Veranstaltung per Graphic Recording (danke @Jonas Heidebrecht).

Vernetzung in der Weiterbildung ausbauen

Es war ein tolles Erlebnis, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen dieses große Event auf die Beine zu stellen – größtenteils ehrenamtlich und für die gemeinsame Sache, nämlich das Thema berufliche Weiterbildung im Ruhrgebiet voranzutreiben. Finanziell unterstützt wurde das Projekt nicht nur vom Regionalverband Ruhr und der Regionalagentur Westfälisches Ruhrgebiet, sondern auch von mehr als 50 Weiterbildungsunternehmen der Region.

Für mich ist der Weiterbildungskongress Ruhr somit ein wunderbares Beispiel für die Vernetzung von Mitstreiterinnen und Mitstreitern der Weiterbildungsbranche, Wirtschaft und Organisationen. Mit- statt gegeneinander agierten die Gäste und Akteurinnen und Akteuren der aktiven Arbeitsmarktpolitik sowie der beruflichen und allgemeinen Weiterbildung: Vertreterinnen und Vertreter des Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales – MAGS NRW, der Agentur für Arbeit Regionaldirektion NRW, der G.I.B. NRW, der Agenturen für Arbeit, der Jobcenter, der Wirtschaftsverbände, der Gewerkschaften, der Kammern, der Regionalagenturen in NRW sowie regionaler Wirtschaftsunternehmen.

Im Rahmen der Veranstaltung betonten Politik, Wirtschaft und Verwaltung abermals die Wichtigkeit der Schaffung vernetzter Weiterbildungsräume. Durch Vernetzung können Unternehmen, Beschäftigte und andere Weiterbildungssuchende besser über Angebote sowie Fördermöglichkeiten informiert und beraten werden.

Genau so einen Weiterbildungsraum haben wir bereits mit dem Bündnis.Weiterbildung.Ruhr, einem der größten Weiterbildungsverbünde Deutschlands. Die Tragfähigkeit und Reichweite unseres Bündnisses wurde auf dem Weiterbildungskongress Ruhr eindrucksvoll dokumentiert: Die sieben Weiterbildungsnetzwerke aus Dortmund, Hamm, Gelsenkirchen, Essen, Mülheim, Oberhausen, Bochum und Duisburg bieten vielfältige Angebote an Weiterbildungsberatung. Längst arbeiten die Netzwerke in Sachen Qualifizierung mit Unternehmerverbänden, Gewerkschaften, Kammern, Arbeitsagenturen und Jobcentern sowie vielen Betrieben der Region zusammen, was sich auch in unserer Weiterbildungsoffensive „Du kannst mehr!“ widerspiegelt.
 

Gemeinsam über Weiterbildung informieren und fördern

Die Vielfalt der Möglichkeiten und Angebote beruflicher Weiterbildung wurden auf dem Weiterbildungskongress Ruhr einmal wieder deutlich. Das zeigt, wie wichtig es ist, darüber zu sprechen und sich fachlich auszutauschen, nicht zuletzt über Fördermöglichkeiten.

Evonik-Personalvorstand Thomas Wessel betonte die Bedeutung von Förderung und Information: „Wir brauchen eine gezielte öffentliche Förderung der Weiterbildung sowie eine vielfältige und lebensphasenorientierte Weiterbildungslandschaft.“ 

Die Bedeutung der Weiterbildung von Beschäftigten und deren Förderung konstatierte Jutta Reiter: „Das Qualifizierungschancengesetz ist ein Instrument, das Unternehmen jetzt nutzen können, um Arbeitskräfte für die Zukunft zu sichern.“ Gleichzeitig biete gerade im Ruhrgebiet die Qualifizierung von Menschen zwischen zwei Jobs noch ein „erhebliches Potenzial an Fachkräfte für morgen“, im Gegensatz zu Regionen, in den bereits faktische Vollbeschäftigung herrsche.

Vielfalt beruflicher Weiterbildung

Dass das Themenfeld der beruflichen Weiterbildung längst viel umfassender ist als der Besuch eines klassischen Tageslehrgangs – in dem dann oldschool ausschließlich Fachthemen frontal vermittelt werden –, zeigte sich auf dem Kongress in vielen Beiträgen.

Dabei müsse sich berufliche Weiterbildung immer auch an den Bedürfnissen der Menschen ausrichten: „Es ist so wichtig, die Menschen mitzunehmen. Weiterbildung und Qualifizierung sind die Stellschrauben, mit denen wir gesellschaftliche Veränderungen tatsächlich positiv verankern und gestalten können“, erklärte Jutta Reiter vom Deutschen Gewerkschaftsbund. 

Evonik-Personalvorstand Thomas Wessel ergänzte: „Die Menschen lernen heute anders, darauf müssen wir uns alle einstellen.“ Neben traditionellen Seminaren und abschlussorientierten Lehrgängen verlangten die Lernenden immer mehr nach individuell abrufbaren digitalen Angeboten. So biete Evonik seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern neben klassischen Trainings Zugriff auf die Plattform LinkedIn Learning.

Einen anderen Aspekt der Vielfalt betonte Unternehmerin Julia Steiner: Erfolgreiche berufliche Weiterbildung brauche nicht nur fachliche Inhalte, sondern müsse „auch immer berufliche Orientierung geben“. Dabei sollten „die Grundlagen für persönliches Wachstum nicht erst im Berufsleben, sondern bereits in der Schulzeit aktiv gefördert werden.“
 

Ist es fünf vor zwölf oder schon halb eins?

Die abschließende Panel-Diskussion startete Moderatorin Edda Dammmüller mit der Frage „wie spät“ es denn auf der Dringlichkeitsuhr der Gesprächsteilnehmer*innen sei, woraufhin alle Beteiligten konstatierten, dass es eigentlich schon viertel nach zwölf bis halb eins sei, also ein hoher Druck herrsche, jetzt zu qualifizieren und weiterzubilden.

Abschließend fasste Heike Aufdemkamp-Kraas, geschäftsführende Vorständin des Dortmunder Weiterbildungsforums, die Stimmung auf dem Weiterbildungskongress Ruhr zusammen „Wir wissen um die Förderinstrumente, wir sind bereits vernetzt und müssen nun die Betriebe mitnehmen. Wir müssen jetzt ins Tun kommen.“

Der zweite Weiterbildungskongress Ruhr wurde übrigens live auf YouTube übertragen. Auch jetzt noch können Sie sich den Stream anschauen. Folgen Sie dafür einfach diesem Link


 

 

 

 


 

 

Dies ist der Karriereblog von LVQ.de. Unsere Artikel werden verfasst von unserem Redaktionsteam bestehend aus Martin Salwiczek, Lars Hahn und Kay Pfefferkuchen.

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Autor

Lars Hahn

ist Geschäftsführer der LVQ und Entdecker von Systematisch Kaffeetrinken. Er schreibt über Entwicklungen der Arbeitswelt, gibt wertvolle Tipps und führt spannende Interviews zu den Themen Karriere, Jobsuche und Weiterbildung.