Digitale Disruption: Wie KI unsere Arbeitswelt gerade auf den Kopf stellt

23.03.2023, Lars Hahn

Diesen Artikel teilen:

Derzeit sind wir Zeugen einer großen Umwälzung unserer Arbeitswelt durch die nächste Stufe der Digitalisierung in Form von ChatGPT und anderen KI-Plattformen. Dieser Beitrag befasst sich mit den Auswirkungen dieser Digitalen Disruption der Arbeitswelt insbesondere auf den Weiterbildungssektor.

BÄM! Mit großer Wucht verändert sich unsere Arbeitswelt gerade – so stark, dass wir kaum hinterherkommen oder es überhaupt merken. Wir erleben aktuell unseren nächsten ‚iPhone-Moment‘: Wie seinerzeit das Smartphone beginnt eine Technologie unseren Alltag komplett umzukrempeln, und zwar so elementar, dass viele Bereiche unserer Arbeitswelt schon in ein, zwei Jahren – wenn nicht schon in ein paar Monaten – kaum wiederzuerkennen sein werden. Da kann man einen Blogbeitrag doch ausnahmsweise mit einem Comic-mäßigen ‚BÄM!‘ beginnen.

In diesem Artikel möchte ich beispielhaft darüber schreiben, wie künstliche Intelligenz (KI) akut unseren Arbeitsalltag hier in unserem Weiterbildungsinstitut auf links dreht, was das Ganze mit den digitalen Veränderungen der letzten pandemisch geprägten drei Jahre zu tun hat und welche Möglichkeiten und Herausforderungen sich durch die KI-Tools ChatGPT und Co. ergeben könnten. Ein wenig Kaffeesatzleserei ist also dabei, denn die Dynamik, mit der sich gerade quasi ‚zufällig‘ komplett neue Ansätze des Arbeitens herausbilden, finde ich schon krass.

Digitale Disruption per Pandemie

Doch zurück zum Anfang: Wir alle hatten doch gerade erst unsere Digitale Disruption hinter uns. Im Frühjahr 2020 hatten wir uns runtergefahren. Der damalige Lockdown führte gerade für Anbieter von Präsenzevents – ganz gleich ob Bildung, Fußball, Oper oder Gastronomie –  dazu, erst einmal nichts zu tun und über die Neuerfindung des eigenen Geschäftsmodells zu grübeln. Die LVQ war seinerzeit mit dem Alleinstellungsmerkmal von echtem Präsenzunterricht – live, vor Ort – unterwegs; zu blöd in der damaligen Situation.

Der Rest ist Geschichte: Innerhalb von vier Wochen erfanden wir unseren ‚Online-Präsenzunterricht‘, schufen Plattformen und Technologien dafür, nahmen Dozent*innen und Teilnehmer*innen mit an Bord und starteten durch. Teambildend und motivierend war diese Aufbruchstimmung dabei obendrauf. Nebenbei schufen wir auch gleich virtuelle Lehrerzimmer und Teammeetings per Chat und Zoom, führten den ‚Langen Donnerstag‘ ein und verbesserten so stetig unsere Kommunikation und unser Angebot.

Seit drei Jahren nun hat sich unser digitaler, wenn auch ‚präsenziger‘ Ansatz bewährt. Er steht dabei exemplarisch für die Digitale Disruption und gelungene virtuelle Improvisation, die viele Menschen und Organisationen durch den pandemischen Druck durchlaufen haben: Remotearbeit und Lieferservices boomten, der Online-Handel sowieso. Videoplattformen, Remote-Tools, Chat-Programme hatten durch Corona ihren flächendeckenden Durchbruch in der Gesellschaft, die Umstände machten schon vorhandene Technologien wie Zoom, Teams, Trello, Slack und Co.  – die sich übrigens währenddessen selbst enorm weiterentwickelten – salonfähig.

Digitale Disruption per künstliche Intelligenz

Und jetzt also Digitale Disruption – next Level? Wieso das? Hierzu muss man berücksichtigen, dass seit Ende November (2022) mit ChatGPT eine Plattform der textbasierten künstlichen Intelligenz für alle Nutzer*innen live ist, die einem allerlei Fragen beantwortet, mit der man aber auch Dialoge führen kann und die überraschend brauchbare Texte und Informationen für alle möglichen Lebenslagen ‚ausspuckt‘. Hier ein paar Beispiele für einfachere Anfragen an KI-Plattformen:

  • Ich brauche eine Hausarbeit in Neurobiologie? „Hey ChatGPT, schreib mir eine!“
  • Eine Gliederung für die Gefährdungsbeurteilung bitte? „Hey ChatGPT, ich sag Dir, wie ich es gerne hätte.“
  • Ich brauche ein Titelbild für die aktuellen Veränderungen der Arbeitswelt im Stile Salvadore Dalis? „Hey Midjourney, gestalte mir eines!“ 
  • Ich suche nach einem Auditplan für einen kleinen Gastromiebeitrieb? „Hey ChatGPT, schreib mir einen solchen!“
  • „Hey ChatGPT, erkläre mir, wie sich meine Branche der Weiterbildung durch die Technologien der künstlichen Intelligenz verändern wird.“

Probieren Sie es für Ihre Zwecke aus, Sie werden erstaunliche Ergebnisse erhalten! Derzeit ist zwar noch Vorsicht geboten, weil die KI-Plattform bisweilen noch Fehlinformationen produziert, manchmal ‚aalglatt‘ formuliert und so manche juristische Frage noch unklar ist – beispielsweise wer eigentlich Urheber*in des durch die KI geschaffenen Textes ist. Die vielen offenen ethischen Fragen würden hier erst recht den Text sprengen.

Tatsache ist jedoch: Schon jetzt werden Texte für Webseiten, Blogbeiträge, Produktinfos, Hausarbeiten und sicherlich auch Bewerbungsanschreiben mit ChatGPT und Co. produziert und verbreitet. Eine der hervorstechenden Eigenschaften von KI-Plattformen ist, dass künstliche Intelligenzen durch die Eingaben ihrer Nutzer*innen lernen und ihre Ergebnisse stetig weiterentwickeln und sich idealerweise an die Bedürfnisse anpassen.

Es ist daher davon auszugehen, dass die Post erst in ein paar Wochen oder Monaten so richtig abgeht und wir dann mit spektakulären Veränderungen in unserer Arbeitswelt rechnen können. Ein anschauliches Beispiel für das, was gerade geschieht: Im November ‘22 wurden Anfragen in deutscher Sprache eher hölzern beantwortet; mittlerweile versteht und ‚spricht‘ ChatGPT besser Deutsch, als manche Autor*innen guter Texte.

Und das bedeutet: Hier findet gerade Digitalisierung in einer völlig neuen Dimension statt! All die durchaus sinnvollen Diskurse über Industrie 4.0 und digitale Arbeitswelt können das nur unzureichend erfassen. Wenn bisher von Digitalisierung die Rede war, war damit tendenziell die Papierlosigkeit der Buchhaltung oder die ‚professionelle‘ Nutzung von digitalen Diensten oder Social Media gemeint. Oft geht es dabei noch um Digitale Alphabetisierung.

Die Digitale Disruption durch KI hingegen wird unsere Arbeitswelt insofern durchrütteln, als gerade Berufe, die sich bisher vor den Veränderungen der Digitalisierung sicher wähnten, mit Veränderungen ihrer Tätigkeiten und Aufgaben durch eine KI konfrontiert werden: Lehrer*innen, Journalist*innen, Jurist*innen, Autor*innen, möglicherweise sogar Karriereberater*innen. Wie ChatGPT für die Berufsorientierung schon jetzt genutzt werden kann, hat Martin Salwiczek gerade hier im Blog ausprobiert.

Was bedeutet die KI-Revolution für die Bildungslandschaft?

Über die Auswirkungen von ChatGPT auf Unterricht und Lernsituationen gibt es bereits viele Erkenntnisse, Informationen und Empfehlungen. Exemplarisch sei hier der lesenswerte und mit einer für Ministerien mutigen und klaren Empfehlung versehene „Handlungsleitfaden zum Umgang mit textgenerierenden KI-Systemen“ für den Unterricht vom Bildungsministerium NRW genannt. Ein informatives und anschauliches Video über die Veränderungen in der Bildung hat die Quarks-Redaktion provokativ überschrieben mit „Nie wieder lernen, dank ChatGPT!“.

Netzökonom Dr. Holger Schmidt, der im Wochentakt neue lesenswerte Studien und Infos zu Digitalthemen, insbesondere KI, herausgibt, zeigt in einer aktuellen Grafik, dass insbesondere Bildungsberufe durch die Einführung von KI betroffen sind. Das bedeute nicht, dass sie alle wegfallen, „sondern kann auch eine Bereicherung oder Unterstützung sein. Auf jeden Fall löst die KI aber Änderungen in den Berufen oder Branchen aus.“

Berufliche Weiterbildung in Zeiten von ChatGPT

Wie üblich gibt es für den schulischen Bildungsbereich viele Diskussionen und Infos zum Thema KI und Unterricht. Für den Bereich der Erwachsenen- und Weiterbildung gibt es bisher nur wenige Untersuchungen und Beiträge, wie beim Deutschen Institut für Erwachsenenbildung und bei weiterbildung.ch.

Um Licht ins Dunkel zu bringen und zu lernen, wie wir mit KI in der beruflichen Weiterbildung umgehen können, werden wir uns daher in den nächsten Wochen und Monaten intensiv damit beschäftigen, wie die rasante Entwicklungsdynamik künstlicher Intelligenz in unseren Alltag eindringt. Damit stehen wir gewiss exemplarisch für viele Weiterbildungseinrichtungen.

Dabei stehen viele Fragen zur Nutzung von KI in der beruflichen Weiterbildung im Raum, zum Beispiel: 

  • Welche Auswirkung hat ChatGPT auf unsere Kurs- und Unterrichtsangebote?
  • Welche Chancen und Risiken birgt der Einsatz von ChatGPT in der Weiterbildung?
  • Wie kann KI in die bestehenden Lernmethoden integriert und genutzt werden, um Lernende zu unterstützen und ihre Leistung zu verbessern?
  • Wie steht es um die Erstellung von Prüfungen, die im Ergebnis Texte wie Hausarbeiten oder Arbeitsproben haben?
  • Welche Fähigkeiten benötigen Dozent*innen und Teilnehmer*innen in der beruflichen Weiterbildung, um mit den Möglichkeiten und Anforderungen von KI umzugehen?
  • Welche rechtlichen Bedenken (Urheberrecht, Datenschutz etc.) gibt es in Bezug auf den Einsatz von KI in der beruflichen Weiterbildung?
  • Welche Auswirkungen hat die Verwendung von KI auf die Fähigkeiten, die für Jobsuchende oder Beschäftigte zukünftig in der Arbeitswelt benötigt werden?

Es liegt auf der Hand, dass wir Akteur*innen der beruflichen Weiterbildung – und damit auch wir in der LVQ – bereits jetzt in einen aktiven Prozess gehen werden (müssen), um die Möglichkeiten und Herausforderungen durch KI-Plattformen wie ChatGPT im Unterricht zu diskutieren und unsere Schlüsse daraus zu ziehen.

Überdies könnten ChatGPT und Co. sogar neue inhaltliche Angebote der Weiterbildung für Berufstätige und Unternehmen erfordern. Leitfragen für die Erstellung neuer Angebote der Weiterbildung mit KI-Themen könnten beispielsweise sein: 

  • Wie kann man ChatGPT mit den richtigen Fragen und Befehlen ‚füttern‘, um (beruflich) nützliche Ergebnisse zu erzeugen? 
  • Wie kann ChatGPT und Co. beim zielführenden beruflichen Lernen helfen?
  • Wie kann man definieren, für welche betrieblichen Ziele und Zwecke KI eingesetzt werden soll?

Letztlich wird sich auch unsere weitere betriebliche Kommunikation ändern: ChatGPT und auch die KI-Bildprogramme lassen sich in Marketing, PR, aber auch in Bereichen wie Qualitätsmanagement oder Finanzen einsetzen. Auch hierbei werden wir alle in den nächsten Monaten viel lernen.
Und Sie so? Wie geht Ihre Branche oder Ihre Organisation mit den neuen KI-Plattformen um? Nutzen Sie gern die unten stehende Kommentar-Funktion, um Ihre Erfahrungen, Gedanken und/oder Bedenken mit der Community zu teilen.

Disclaimer: Dieser Text wurde vom Autor persönlich geschrieben – unter Zuhilfenahme von ChatGPT für Gliederungsvorschläge und DeepL Write für bessere Textformulierungen. Und diese Hilfe ist eine Wonne!


 

 

 

 


 

 

Dies ist der Karriereblog von LVQ.de. Unsere Artikel werden verfasst von unserem Redaktionsteam bestehend aus Lars Hahn, Martin Salwiczek und Kay Pfefferkuchen.

Die LVQ Weiterbildung und Beratung GmbH bietet Weiterbildungen für Fach- und Führungskräfte und Akademiker. Unser Vollzeitangebot mit anerkannten Abschlüssen kann zum Beispiel über den Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit gefördert werden. Besonderes Augenmerk legen wir auf Präsenzunterricht mit Dozenten aus der beruflichen Praxis und der weiterbildungsbegleitenden Unterstützung bei der Jobsuche.

Für Berufstätige bietet die LVQ Business Akademie entsprechende Weiterbildungen. Der Fokus liegt auf der Vermittlung fachspezifischer Themen aus dem gesetzlich geregelten Bereich. Inhouse-Seminare, Beratung und Schulungen für Unternehmen runden das Angebot der LVQ ab.

Diesen Artikel teilen:

1 Kommentare

Paul, Claßen
25. Mai 2023

Ich finde es echt unfair, dass ich für meine Masterarbeit so viel ackern musste und jetzt sind e snur ein paar Klicks in KI Tools, um einen halbwegs passablen Text herauszubekommen.. Ich hoffe, dass die Unis sich bald ein anderes Bewertungssystem ausdenken. Die Schulen ebenfalls


Schreibe einen Kommentar

Kommentar