Kreative Bewerbung: Storytelling. Mit einer guten Geschichte den Arbeitgeber fesseln. (2)

04.04.2019, Angela Borin

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Kreative Elemente in der Bewerbung können das Zünglein an der Waage sein, um sich von Mitbewerbern abzugrenzen. Wie im ersten Teil unserer Serie zur Kreativbewerbung erwähnt, gibt es vielfältige Möglichkeiten, der eigenen Bewerbung das gewisse Etwas zu verleihen. Warum sich nicht zum Beispiel bei einem Museum in Katalog-Form oder bei einem Automobil-Hersteller in Form eines Produktdatenblatts bewerben? Die Branche des Wunschunternehmens gibt oftmals Aufschluss, welche kreative Form sich für die anstehende Bewerbung anbietet und ob sie überhaupt infrage kommt.

Ist die Entscheidung für eine Kreativbewerbung gefallen, bietet sich eine Methode besonders an: das Storytelling. Auf die inhaltliche Seite der Bewerbung bezogen, lässt sich das Storytelling-Format nämlich nicht nur in verschiedenen Ausprägungen gestalten, sondern auch gut mit anderen Formaten kombinieren.

Im zweiten Teil unserer Serie wollen wir erklären, was genau es mit dem Format Storytelling auf sich hat, warum es sich für eine Bewerbung eignet und wie Sie Ihre Kompetenzen mithilfe von Storytelling untermauern können.

Storytelling: Den Menschen hinter dem geschriebenen Wort sichtbar machen

Motivierte Lektoren (m/w) gesucht – Eine Duisburger Pädagogin folgt dem Stellenaufruf des Musterverlags

Musterstadt. Am 03.04.2019 meldete sich Frau Michelle Mustermann schriftlich beim Musterverlag, um ihre Mitarbeit im Musterstädter Kleinunternehmen anzubieten.

Das klingt nicht nach dem Beginn eines klassischen Bewerbungsanschreibens? Das muss es auch nicht, denn mit einer kreativen Bewerbung sollen Sie sich ja gerade von Ihren Konkurrenten abheben, von denen viele nach wie vor auf klassische Gestaltungsregeln setzen und sich überdies schwer mit einem (aufmerksamkeitserregenden) Einstieg tun.

Dabei funktioniert die Bindung der Aufmerksamkeit eines Zuhörers oder Lesers gerade seit vielen Jahrtausenden auf die gleiche, einprägsame Weise: Komplexes Wissen wird in lebendigen Geschichten vermittelt. Beim Storytelling wird der Zuhörer oder Leser auf verschiedenen Ebenen angesprochen – auch auf der emotionalen. Das Ergebnis: Er oder sie möchte der Geschichte bis zum Ende folgen und erfahren, wie es ausgeht. ‚Gewinnt‘ der/die Protagonist*in am Ende?

„Marketing is no longer about the stuff that you make, but about the stories you tell.“

– Seth Godin, Autor und Unternehmer

Weil wir Menschen so gut darauf anspringen, hat das Storytelling längst Einzug im (Online-)Marketing gehalten und ist als Teildisziplin etabliert. Dr. Anette Huesmann beschreibt Storytelling als ein Werkzeug, das dabei hilft, „den Menschen sichtbar zu machen – Menschen, die hinter einem Produkt, einer Marke oder einer Dienstleistung stehen, oder Menschen, die zur Zielgruppe gehören oder für die Zielgruppe interessant/relevant sind. Denn eine Story ist immer die Geschichte eines Menschen oder einer Gruppe von Menschen“. In Kombination mit Seth Godins Zitat wird klar, dass Marketing eben nicht mehr nur vom Produkt an sich ausgeht. Stattdessen steht die Geschichte dahinter – die Story des Menschen – im Vordergrund.

Storytelling: Warum und wie ausgeprägt?

Letzten Endes geht es bei einer Bewerbung um die Selbstvermarktung. Warum also nicht mithilfe einer kleinen Geschichte durch Ihr Leben führen und Ihre Erfahrungen und Qualifikationen anschaulich darstellen? Denken Sie daran: In Ihrer Bewerbung sind Sie sowohl das zu vermarktende Produkt als auch der Mensch dahinter.

Beginne furios!“ – Wolf Schneider, Journalist und Sprachkritiker

Bieten Sie dem Empfänger Ihrer Bewerbung also etwas anderes als das Erwartete. Überraschen Sie ihn und zwar von Anfang an, denn besonders im Bewerbungsprozess entscheiden oftmals Augenblicke über das Scheitern oder Bestehen einer Bewerbung. Eine kleine Nuance kann den entscheidenden Vor- oder Nachteil bringen und Ihre Chancen auf ein Vorstellungsgespräch erhöhen oder zunichte machen. Seien Sie daher anders. Mit einer schlüssigen, gut erzählten Geschichte wecken Sie nicht nur die Neugier Ihres Empfängers, Sie bieten auch ein Anschreiben mit Mehrwert. Besonders wenn Sie einen Job in der Kreativbranche landen möchten, als Berufs- oder Quereinsteiger aber noch keine relevanten Arbeitsproben mitliefern können, kann Ihnen die Storytelling-Methode den nötigen Vorsprung gegenüber Ihren Mitbewerbern verschaffen.

Wie Sie das erreichen? Vielleicht kennen Sie es ja aus eigener Erfahrung: Innerhalb weniger Zeilen fesselt ein Buch Sie so sehr, dass Sie es am liebsten gleich zu Ende lesen würden. Umgekehrt wirkt ein Buch steif und fordernd, wenn es Sie nicht „packt“. Was es braucht, ist eine gute Geschichte, die fasziniert. Natürlich sollen Sie keine Märchen erzählen. Mit der zu Ihrem Leben passenden Geschichte können Sie aber Ihrem gewünschten Unternehmen Ihre Fähigkeiten als roten und ansprechenden Faden präsentieren. Statt leere Worthülsen in einfachen Sätzen aneinanderzureihen, verbinden Sie sie doch stattdessen geschickt, indem Sie die dazugehörige Geschichte miteinbinden.

„Doch was ist meine Story?“

Dazu sollten Sie sich einmal überlegen, welche Fähigkeiten und Eigenschaften Sie ausmachen. Befragen Sie auch Freunde und Familie, denn manchmal stimmen Eigen- und Fremdwahrnehmung nicht überein. Tendenziell neigen Menschen dazu, den eigenen Stärken weniger Beachtung zu schenken als den Schwächen. Das soziale Umfeld kann diese Sicht positiv korrigieren, indem es zum Beispiel aufzeigt, wie aus mancher Schwäche eine Stärke erwachsen ist oder welche besondere Kombination von Eigenschaften und Stärken eine Person ausmachen.

In einem zweiten Schritt sollten Sie sich fragen, welche berufliche Passage Ihres Lebens genau diese Wandlung oder Kombination unterstreicht. Waren Sie zum Beispiel bereits im Verkauf tätig, sind flexibel, kundenorientiert und sprachbegabt, dann benennen Sie diese Eigenschaften nicht einfach nur. Skizzieren Sie stattdessen die Situation, die Ihre Stärken hervorhebt und miteinander verbindet:

Im Rahmen meiner Tätigkeit bei XYZ wurde ich, kurz bevor meine Pause begann, von einem Kollegen gebeten, ein sprachlich schwieriges Gespräch mit einem unserer ausländischen Kunden zu übernehmen. In Absprache mit einem Manager tauschten wir die angeordneten Pausenslots, und ich widmete mich dem Kunden. Nach kurzer Rückversicherung wechselten wir ins Englische und ich informierte ihn über unsere Produkte, klärte mit ihm gemeinsam seine Fragen und verabschiedete letztlich einen zufriedenen Besitzer eines neuen Produktes.“

Anhand solcher kleiner Kurzgeschichten, die Sie in Ihr Anschreiben einbauen, machen Sie sich und Ihre Fähigkeiten für Ihren potenziellen Arbeitgeber greifbar. Er kann sich ein Bild Ihrer Person machen, Ihre Haltung sowie Ihren Handlungsspielraum kennenlernen und sich vorstellen, wie Sie in seinem Unternehmen agieren würden. Die entscheidende Frage „Warum ich für Ihr Unternehmen?“, kann Ihr Wunscharbeitgeber somit bildlich greifen.

Storytelling – 4 Tipps

Um Ihren Empfänger von sich und Ihrer Kreativbewerbung zu überzeugen sowie die Chancen auf ein Vorstellungsgespräch zu erhöhen, sollten Sie einige wichtige Punkte des Storytellings beachten. Dabei müssen Sie natürlich nicht zu jedem der folgenden Punkte eine Geschichte erzählen – das würde den Rahmen sprengen.

Überlegen Sie sich stattdessen, welche kleinen Geschichten am deutlichsten Ihre Learnings herausstellen, eine schlüssige Gesamtgeschichte ergeben und einen guten Bezug zur gewünschten Stelle aufweisen. Das wirkt authentisch und erzeugt eine gewisse Dramaturgie, der der Empfänger Ihrer Bewerbung gespannt folgen wird. Damit Ihre Story die gewünschte Wirkung erzielt, bedenken Sie, was gute Geschichten gemein haben:

1.      Der Protagonist und das Erlebnis

Menschen wollen sich identifizieren, Herausforderungen meistern und Triumphe feiern. Sie wollen etwas erleben. Dazu müssen Sie nicht der Held sein, der den Drachen besiegt. Veranschaulichen Sie Ihr Leben, Ihre Erlebnisse, Herausforderungen und Learnings. Lassen Sie im Kopf Ihres Lesers Bilder entstehen.

Im folgenden Einleitungssatz einer Arbeitslosen entwickelt sich zum Beispiel schnell das Bild einer positiv gestimmten, humorvollen Frau, die das Futter Ihrer Katzen in zwei Futternäpfe verteilt: „Sehr geehrte XYZ, zurzeit arbeite ich als Dosenöffner-Personal für meine beiden Katzen.

2.      Die Ehrlichkeit und die Einprägsamkeit

Stehen Sie zu Ihren Schwächen und Niederlagen! Entscheidend ist nämlich nicht, ob Sie schon mal gescheitert sind. Vielmehr sind Ihr Umgang mit einer schwierigen Situation, Ihr Lernwille und Ihre Beharrlichkeit das, was eine gute Geschichte ausmacht – und von besonderem Interesse für den künftigen Arbeitgeber ist.

So kann er einschätzen, welches Potenzial in einer Zusammenarbeit mit Ihnen steckt, und dass Sie zum Beispiel Weiterbildungen gegenüber nicht abgeneigt sind. Ein gewisses Maß an Ehrlichkeit macht Sie also greifbar und eröffnet Chancen. Für beide Seiten. Zugegeben sollten Ihre Schwächen allerdings nicht in dem Bereich liegen, der dringend gefordert ist.

Sind sie beispielsweise eine Texterin mit dem geforderten, nötigen Sprachgefühl, aber Ihnen fehlt die "nur" gewünschte Photoshop-Expertise, könnte eine ehrliche Bewerbung folgende Textpassage beinhalten: „Bisher ist die Bildbearbeitung mit Photoshop nur ein kleines Hobby gewesen, mit dem ich meine Urlaubsbilder kontrastreicher und graustufenärmer aufbereiten konnte. Gerne möchte ich mein Grundverständnis von Photoshop weiter ausbauen, um in Zukunft nicht nur die textliche, sondern auch die grafische Gestaltung Ihrer Online- und Printauftritte professionell zu betreuen.“

3.      Die Emotionen

Eine gute Geschichte lebt von Emotionen, sie berührt und veranlasst den Leser, Sympathien für den Protagonisten zu entwickeln. Damit meinen wir nicht, dass Sie traurig oder überschwänglich über Ihr Leben berichten sollen. Es kann aber durchaus sinnvoll sein, den Empfänger mitfiebern oder schmunzeln zu lassen. Bauen Sie einen Cliffhanger ein, verkaufen Sie – so wie die humorvolle Arbeitslose mit den Katzen – eine für Sie unangenehme Situation mit einem Lächeln oder gehen Sie auf witzelnde Bemerkungen in der jeweiligen Stellenanzeige ein.

Die motivierte Lektorin, die wir zu Beginn des Beitrags erwähnten, schrieb aufgrund einer Erwähnung des Kickertischs in der Ausschreibung im weiteren Verlauf ihrer Bewerbung: „Nicht nur könnte ich Ihrem Unternehmen ab sofort mit Rat und Tat zur Seite stehen, auch Kurzeinsätzen am Kickertisch stehe ich wohlgesonnen gegenüber.“

4.      Die Dramaturgie

Zu Beginn einer Geschichte steht immer eine kurze Einleitung samt Vorstellung der Charaktere. Folgend bahnt sich eine Herausforderung an, die sich immer weiter zuspitzt. Erst kurz vor Schluss, am Wendepunkt, wird der Konflikt ins Gute verkehrt und ein Happy Ending folgt.

Behalten Sie diesen Spannungsbogen im Hinterkopf, wenn Sie eine kreative Bewerbung verfassen. Was bei guten Büchern, Filmen und Videospielen klappt, funktioniert auch bei Ihrem Empfänger. Mithilfe dieser dramaturgischen Elemente können Sie in ihm das Bedürfnis wecken, weiterzulesen. Er möchte das Ende erfahren. Besonders gut eignet sich daher ein Cliffhanger. Sie reißen kurz die Problemstellung an, verraten aber erst an späterer Stelle – am Wendepunkt –, wie Ihre Geschichte ausgeht.

Ein gutes Beispiel ist der Studienabbrecher, der ein sofortiges Volontariat anstrebt: „Kommunikation und Schreiben sind meine Welt, ein kreativer Job mein Wunsch. Dank meines Studiums habe ich das erkannt, einen entscheidenden Schritt Richtung Ziel gemacht und besagtes Studium abgebrochen.

Eine gute Geschichte kann viel bewirken

Wie Karriereexperte Christoph Burger so schön in seiner Bauanleitung für ein Anschreiben nach der Storytelling-Methode herausstellt: „Am Ende steht eine Story, die Sie mit wenigen Strichen skizziert.“ Ihre Fähigkeiten und Ihr Werdegang machen Ihre Person durch eine bildhafte Erzählung für den potenziellen Arbeitgeber sichtbar. Er erhält keine reine Aufzählung dessen, was Sie auszumachen scheint. Vielmehr spinnen Sie mit Ihrer Geschichte einen roten Faden, mit dessen Hilfe Ihr Gegenüber sich eine Vorstellung von Ihnem, Ihren Auftreten und Ihrem Wirken in seiner Firma machen kann.

Wenn Sie das nächste Mal eine Bewerbung schreiben, denken Sie doch das Storytelling mit. Wenn Arbeitgeber und Stelle diese kreative Art der Bewerbung zulassen, können Sie sich einen entscheidenden Vorteil gegenüber Ihren Mitbewerben verschaffen. Gute Geschichten lösen Emotionen aus und prägen sich aufgrund Ihres Spannungsbogens ein. Im besten Fall verleiten sie einen Personalentscheider dazu, die dargestellte Person – also Sie – so schnell wie möglich kennenlernen zu wollen, was Sie Ihrem Wunsch, in diesem Unternehmen zu arbeiten, einen guten Schritt näher bringt.

Idealerweise kombinieren Sie das Element Storytelling mit einem prägnanten, kreativen Layout, welches zum Stil Ihres Wunscharbeitgebers passt. In den folgenden Teilen unserer Serie stellen wir Ihnen einige Formate vor, angefangen mit dem Zeitungsstil.


 

 

 

 

Zur kompletten Serie Kreative Bewerbung:
  1. Kreative Bewerbung. Teil 1: Alternative Ideen für die Jobsuche
  2. Kreative Bewerbung. Teil 2: Storytelling. Mit einer guten Geschichte den Arbeitgeber fesseln.
  3. Kreative Bewerbung. Teil 3: Das Anschreiben im Zeitungsformat
  4. Kreative Bewerbung. Teil 4: Das Anschreiben im Magazinstil
  5. Kreative Bewerbung. Teil 5: Die Social-Media-Bewerbung
  6. Kreative Bewerbung. Teil 6: Von Selbstmarketing, Pitch und Guerilla Bewerbung
  7. Kreative Bewerbung. Teil 7: Der kreative Lebenslauf
 

 

 

 

 


 

 

Dies ist der Karriereblog von LVQ.de. Unsere Artikel werden verfasst von unserem Redaktionsteam bestehend aus Martin Salwiczek, Lars Hahn und Kay Pfefferkuchen.

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