Vom Konzern zum Unternehmen mit Start-up-Charakter: Interview mit LVQ-Absolvent Dirk Bronner von METRO Markets

28.04.2022, Martin Salwiczek

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Über 20 Jahre war Dirk Bronner mit verschiedenen Aufgaben Teil des IKEA-Konzerns. In der Distribution war er in führender Position tätig, zuletzt im Bereich eCommerce. Als sein Arbeitgeber umstrukturierte und sein Aufgabenbereich wegfiel, war es Zeit für eine berufliche Veränderung und Weiterbildung. Heute ist er Head of Operations bei METRO Markets, die die Online-Marktplätze der METRO Gruppe betreiben.

Im Interview erzählt uns der 47-jährige Betriebswirt und gelernte Industriekaufmann, wie er die herausfordernde Phase der Arbeitssuche und seinen Einstieg bei einem Arbeitgeber mit Start-Up-Kultur nach 20 Jahren Konzern erlebte.

LVQ: Dirk, schön Dich wieder zu sehen! Wie läuft’s bei Dir in der neuen Position?

Dirk Bronner: Hallo Martin, ich danke Dir. Gut läuft’s, sehr dynamisch, mit viel Tempo. Es gibt viel zu tun. Wir haben bei METRO Markets mittlerweile die Mitarbeiteranzahl von 400 überschritten und monatlich kommen viele neue Gesichter hinzu. Gestern hatten wir ein Onboarding mit 21 neuen Kolleginnen und Kollegen und das geht aktuell jeden Monat so.

Zu METRO Markets: Als Online-Sparte des bekannten Lebensmittel- und Non-Food-Großhändlers METRO betreibt METRO Markets Deutschlands größten B2B-Online-Marktplatz und expandiert gerade in weitere europäische Länder. Gegründet wurde das Start-up 2018.

Vom Konzern zum „Start-up“

LVQ: Du warst über 20 Jahre bei IKEA, in einem Unternehmen mit gefestigten Strukturen. Wie ist es danach in ein Unternehmen zu kommen, dass sehr agil arbeitet? Wie war der Einstieg für Dich?

Dirk Bronner: Kommst Du wie ich aus einem Konzern und landest bei einem Arbeitgeber mit Start-up-Kultur, wirst Du schon ordentlich durchgeschüttelt. Für bestimmte Aufgaben, Sachverhalte, Prozesse die man kennt, werden andere Begriffe verwendet. Du bietest Lösungsvorschläge, die hier nicht passen, weil sie noch aus der eigenen „alten Welt“ sind. So ist es nicht ungewöhnlich, dass es zu Beginn zu Missverständnissen in der Aufgabe und in der Kommunikation kam. Ich brauchte erst mal zwei, drei Wochen um mich da einzufinden. Du hast hier zudem ein hohes Tempo, viele Strukturen die sich noch nicht ausgebildet haben, da ist Flexibilität wichtig.

LVQ: Welche Einstellung, welche Haltung war für Dich wichtig um den Einstieg zu meistern?

Dirk Bronner: Meine persönliche Herausforderung bestand für mich vor allem darin zu erkennen, dass all meine Erfahrung, mein Verständnis für Dinge, mein Wissen sich nicht 1:1 mit dem deckt, wie die Dinge bei meinem neuen Arbeitgeber laufen. Zu Beginn ist es daher wichtig, die Ansprüche an sich nicht zu hoch zu setzen, mit offenen Radar durch den Arbeitstag zu gehen, Dinge zu reflektieren und sich selbst einzugestehen, für bestimmte Aufgaben noch Zeit zu brauchen.

Nach 20-jähriger Betriebszugehörigkeit:
„Was kann ich? Was will ich? Wo will ich hin?“

LVQ: Gehen wir noch mal zurück: Du bist ja nicht direkt im Anschluss an Deine IKEA-Zeit zu METRO Markets gewechselt. Wie hast Du die Phase der Arbeitslosigkeit nach so langer Betriebszugehörigkeit empfunden?

Dirk Bronner: Die Anfangsphase der Jobsuche war schwierig. Ich fühlte mich disconnected, abgeschnitten. Da ging es mir wahrscheinlich wie auch vielen anderen. Für mich war vieles neu, sprachlich und gedanklich war ich noch bei IKEA. Ich wusste nicht, was der Arbeitsmarkt eigentlich will: Wie werden die mir bekannten Aufgaben benannt? Wie lauten die passenden Job-Titel im Stellenmarkt? Wie kriege ich einen Lebenslauf auf zwei, drei Seiten? Wie bekomme ich die für den Recruiter nötigen Informationen auf den Punkt?

Durch Bewerbungsgespräche stellte ich immer wieder fest, dass von Titel her vermeintlich logische Stellen eigentlich nicht die richtigen für mich sind. Also sortierte ich mich neu. Ich habe die Zeit genutzt um einen guten Abstand zu bekommen, mich neu zu orientieren, weiter zu bilden und drei Kernfragen zu beantworten: Was kann ich? Was will ich? Wo will ich hin?

LVQ: Wie bist Du an diese Fragen rangegangen?

Dirk Bronner: Ich habe reflektiert, was mir Spaß macht. Ich habe mir zurückspiegeln lassen, wo meine Stärken und Schwächen liegen und mich mit den anderen Kollegen ausgetauscht, die in gleicher Situation sind. Das habe ich für mich sortiert. Durch die Bewerbungsgespräche konnte ich feststellen, wo es bei mir knistert und was die drei, vier Schlagworte sind, die das benennen was ich kann und was mir in welcher Kombination Spaß macht und mit denen ich dann auch deutlich Mehrwert schaffen kann.

Der Arbeitsmarkt Online und E-Business

LVQ: Letztendlich hat es Dich dann zu METRO Markets geführt. Wie bist Du an die Stelle gekommen?

Dirk Bronner: Den ersten Kontakt hatte ich bereits 2020, für eine Stelle die ich bei LinkedIn gefunden hatte. Das passte damals nicht aber ich habe mir das Unternehmen als interessanten Arbeitgeber gemerkt und mir die Stellenanzeigen schicken lassen. Im Sommer 2021 sah ich dann die Stellenanzeige für meine jetzige Position und nahm mit METRO Markets wieder Kontakt auf. Diesmal passte es.

LVQ: Was hat diesen Arbeitgeber so interessant für Dich gemacht?

Dirk Bronner: Wir wissen ja, dass der Business-to-Consumer Markt mit Amazon, Otto, Kaufland und Co. zwar stark im Wachstum, aber wirtschaftlich schon sehr stark abgegrast ist. Bei METRO Markets fand ich bereits im ersten Kontakt den Ansatz spannend, mit einem B2B-Marktplatz für den Food- und Non-Food-Bereich eine eigene Nische zu schaffen. Das machte es für mich attraktiv, diesen eigenen E-Commerce-Bereich und die Logistik mit aufzubauen, mit einem starken Konzern dahinter, der nicht von der grünen Wiese aus startet.

LVQ: Also quasi Start-Up-Kultur mit gut vernetztem Konzern im Hintergrund. Wie schätzt Du grundsätzlich die beruflichen Chancen im Online-Handel ein?

Dirk Bronner: Allgemein ist die Bandbreite an Jobs im E-Commerce sehr groß. Zum Beispiel suchen wir aktuell Leute für den HR-Bereich, im Controlling, der Buchhaltung, im Projektmanagement, in der Grafik, im (Online-)Marketing und natürlich auch kontinuierlich in der Logistik. Das zeigt sich auch bei Mitbewerbern. Allgemein ist der Arbeitsmarkt im E-Commerce-Bereich und damit auch in der Logistik sehr gut. Es lohnt, sich mit dem Markt zu beschäftigen!

Welche Kompetenzen und Qualifikationen im E-Commerce gefragt sind

LVQ: Welche Kompetenzen braucht man aus Deiner Sicht, um im E-Commerce tätig zu sein? 

Dirk Bronner: Neugierde, Anpassungsfähigkeit, Dynamik und eine starke Kundenorientierung sind zentrale Eigenschaften, die man mitbringen sollte.

Es ist ein sehr schnelllebiger Arbeitsalltag, da man immer sehr nah am Kunden dran ist. Die Kunden, egal ob privat oder Business, sind trainiert auf einen super Service, schnellen Lieferungen, schnelle Reaktionen. Man muss einfach in allem was man tut flexibel und schnell sein. Das gesamte Umfeld ist sehr dynamisch. Das was heute Standard ist, ist in zwei Jahren wieder anders. Die Ansprüche, die Software, die Warenströme: Alles ändert sich, und man muss sich immer wieder anpassen und neu erfinden können.

„Ärmel hoch und machen“ ist wichtig, Change muss man mögen und wissen, dass sich Aufgaben immer wieder ändern.   

LVQ: Für Personen, die nicht aus dem Handel kommen: Welche formalen Qualifikationen braucht es für diesen Bereich aus Deiner Sicht? Wie bekommen Bewerber vielleicht durch Weiterbildungen einen Fuß in die Tür?

Dirk Bronner: Klammern wir mal die Stellen aus, für die gezielt IT-ler gesucht werden, sind – durch die Dynamik der Branche – Projektmanagement-Kenntnisse und Wissen um agile Methoden hilfreich. Letztere kommen ja aus der IT, schwappen aber in alle administrative Bereiche rüber.

Ansonsten: Wie funktioniert Internet? Was will der Kunde? Was haben wir für rechtliche Voraussetzungen? Und ganz wichtig: Viele Aufgaben im eCommerce sind noch so jung, da kann es teils keine jahrelangen Erfahrungen geben. Daher darf man da keine Berührungsängste haben, wenn der eigene Lebenslauf auf den ersten Blick nicht zu passen scheint. Hier hilft es, sich durch Weiterbildungen up-to-date zu halten.

LVQ: Wir haben mit mehreren Weiterbildungen, einige der von Dir genannten Aspekte im Programm: Suchmaschinenoptimierung, Antworten auf rechtliche Fragen für den Online-Auftritt, die agile Herangehensweise an Projekte, Unterstützung durch Marketingmaßnahmen und praxisorientierte Projekte.  Wie schätzt Du solche Weiterbildungen ein?

Dirk Bronner: So eine Qualifizierung macht den Einstieg natürlich deutlich einfacher. Sind die erlernten Inhalte auch umsetzbar, passen die Einstellung, die eben genannten Eigenschaften und die Kultur, dann hat man auch als Quereinsteiger sehr gute Chancen.

Was bei der Jobsuche zählt

LVQ: Was kannst Du den Leser/innen, die sich in ähnlicher Situation wie Du während der Jobsuche befinden, abschließend auf den Weg geben?

Dirk Bronner: Ich habe mit Netzwerken begonnen. Das habe ich während meiner Zeit bei IKEA nur intern gemacht. XING und LinkedIn brauchte ich nicht wirklich, dachte ich. Heute sehe ich, wie wichtige diese Netzwerke sind und wie viel man dort auch lernen kann. Also: Netzwerke online nutzen, auch das persönliche immer wieder aktivieren indem man mit „alten Bekannten telefoniert“ und Weiterbildungen absolvieren, um im Gespräch zu bleiben. Und dann sollte man auch nicht den Mehrwert gut gepflegter Online-Profile unterschätzen, denn oftmals suchen nicht nur Head Hunter, sondern auch die Recruiter in den Firmen aktiv nach geeigneten Kandidaten/-innen und da ist es wichtig, es ihnen so einfach wie möglich zu machen, um gefunden zu werden.

Wichtig ist vor allem auch die Einstellung: Während meiner Jobsuche war ich wegen der Corona-Krise nervös. Dann dachte ich aber darüber nach, welche Unternehmen durch Corona gewinnen. Wo sind die stabilen Arbeitgeber? Ich habe mir selber immer wieder gesagt: Der passende Job wird schon kommen. Stell Dein Licht nicht unter den Scheffel. Bleib selbstbewusst. Das ist gar nicht so einfach, wenn man arbeitssuchend ist, aber es hat mir geholfen positiv zu bleiben. Das hat sich dann auch in Gesprächen ausgezahlt.

LVQ: Dirk, herzlichen Dank für das Interview!


 

 

 

 


 

 

Dies ist der Karriereblog von LVQ.de. Unsere Artikel werden verfasst von unserem Redaktionsteam bestehend aus Angela Borin, Lars Hahn und Martin Salwiczek.

Die LVQ Weiterbildung gGmbH bietet Weiterbildungen für Fach- und Führungskräfte und Akademiker. Unser Vollzeitangebot mit anerkannten Abschlüssen kann zum Beispiel über den Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit gefördert werden. Besonderes Augenmerk legen wir auf Präsenzunterricht mit Dozenten aus der beruflichen Praxis und der weiterbildungsbegleitenden Unterstützung bei der Jobsuche.

Für Berufstätige bietet die LVQ Business Akademie entsprechende Weiterbildungen. Der Fokus liegt auf der Vermittlung fachspezifischer Themen aus dem gesetzlich geregelten Bereich. Inhouse-Seminare, Beratung und Schulungen für Unternehmen runden das Angebot der LVQ ab.

Wenn Sie Fragen zu unserem Angebot oder Interesse an einer Beratung haben, rufen Sie uns einfach an!

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