Jobmotor digitale Wirtschaft – Wie sieht der Arbeitsmarkt für digitale Kompetenzen aus?

02.06.2022, Lars Hahn

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Die beschleunigte Digitalisierung der Wirtschaft durch die Pandemie hat die Nachfrage nach Fachkräften mit digitalen Kompetenzen nach oben schnellen lassen. Allenthalben liest man nach Pandemiepause aktuell wieder von Fachkräfteengpässen.

In diesem Beitrag beleuchte ich zwei Aspekte, die mir in diesem Kontext immer stärker auffallen:  

  • Geht es im Kontext der digitalen Transformation und dem damit verbundenen Personal- und Schulungsbedarf um eine spezielle, eng eingrenzbare Digitalwirtschaft oder nicht viel mehr um die Digitalisierung aller Wirtschaftsfelder und -branchen?
  • Werden wirklich nur Software-Nerds, Informatiker*innen und IT-Spezialist*innen gesucht, wie uns so manche Arbeitsmarktanalyse suggeriert? Oder benötigen wir nicht vielmehr Digitalkompetenzen in der Breite des Arbeitsmarktes?

Ich möchte hier zeigen, dass die digitale Transformation und die damit verbundene Digitalisierung unserer Arbeitswelt weitergehen, als landläufig angenommen: Die digitale Transformation umfasst alle Branchen und betrifft viele Berufsbilder.

Digitalwirtschaft oder digitale Wirtschaft?

Gerade wenn es um Arbeitskräfte-Bedarf für digitale Berufe geht, wird der „digitale“ Arbeitsmarkt in Deutschland sehr verengt dargestellt. Gerne wird vom Fachkräftemangel in der „Digitalbranche“ (bitkom) oder in der „IT-Branche“ oder etwas hipper in der „Tech-Industrie“ (Tech in the City e. V.) gesprochen.

Die Digitalwirtschaft beschränkt sich in der öffentlichen Wahrnehmung häufig auf Softwareunternehmen wie SAP, hippe Startups, die Apps programmieren, oder unsere Telekommunikationsindustrie wie Telekom, Vodafone und deren Peripherie. Dabei ist doch klar, dass sich auch das Maler-Handwerksunternehmen, der Weinhändler, das Bildungsinstitut, die katholische Pfarrei und der mittelständische Hydraulikpumpenhersteller längst mitten in der Digitalisierung ihrer Unternehmensprozesse befinden – die einen voranschreitend, andere noch hinterherlaufend. Die digitale Transformation unserer Arbeitswelt macht vor keiner Branche und vor kaum einem Bereich des Arbeitens halt:

  • Homeoffice und Remotearbeit haben die Unternehmenskommunikation in den letzten Jahren überall auf den Kopf gestellt. Auch wenn sich die Corona-Lage inzwischen entspannt hat: So ganz zur Präsenzarbeit zurückgekehrt sind eher wenige Unternehmen; vorherrschend ist ein hybrides Modell, das die Vorzüge beider Welten‘ vereint.
  • Marketing, Vertrieb und Service: Jegliche Kundenkommunikation findet heute zumindest teilweise digitalisiert und online statt. Auch Bestell- und Kaufprozesse sind ins Internet verlagert, längst auch in kleinen Betrieben und im B2B-Bereich.
  • Herstellung, Warenwirtschaft und Logistikprozesse laufen sogar in Handwerk und kleineren Industrieunternehmen zumindest teilweise digitalisiert.

In all diesen Prozessen braucht es überall Fachkräfte, Spezialist*innen oder Expert*innen, die die Veränderungen durch die rasant fortschreitende Digitalisierung handhaben können. Dazu müssen sich die gesuchten Arbeitskräfte mit digitalisierten Prozessen oder Produkten befassen und die digitale Kommunikation und Kollaboration beherrschen. Dies gilt eben nicht nur in Digitalagenturen, Tech-Startups oder der Softwareindustrie, sondern überall in der Arbeitswelt.

Und das führt uns auch schon zum zweiten Aspekt:

Arbeitsmarkt digitale Wirtschaft – nur für MINT-Fächer und IT-Nerds?

Auf den zweiten Blick grenzen die oben genannten Organisationen den „Digi-Arbeitsmarkt“ nicht nur branchenbezogen, sondern auch tätigkeitsbezogen zu stark ein. Entsprechend „technisch-digital“ lauten die Berufsbilder, die dann als besonders gesucht identifiziert werden:

UX-Designer, Front End Developer, Data Analyst lauten gängige, vielgesuchte Berufsbezeichnungen in Jobbörsen wie Indeed oder Stepstone. In Bootcamps werden sogenannte „Coder“ qualifiziert, gesucht werden vordergründig meist Absolvent*innen der MINT-Fächer (Mathe, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) und diese gehen dann in die „bitkommige“ IT- und Telekommunikationsbranche. In den Arbeitsmarkt-Studien vom bitkom sind es die Software-Architekt*innen und IT-Projektkordinator*innen, die den digitalen Stellenmarkt dominieren. Ganz schön „MINTig“ also, diese digitale Transformation, oder?!

Wenn man sich den Digitalen Jobmonitor anschaut, der quartalsmäßig vom Handelsblatt herausgegeben wird, ergibt sich bereits ein wesentlich breiteres Bild: Neben IT und Co. werden nämlich die ausgeschriebenen Jobs und Stellen im Bereichen der digitalen Kommunikation und des digitalen Handels, also Online-Marketing, Social Media, E-Commerce und Online-Redaktion, mitgezählt.

Daraus lässt sich bereits ein anderer Schluss ziehen: Im Kontext der digitalen Transformation stammen gesuchte Fachkräfte gerade durch die Veränderungen der vergangenen zwei Jahre nicht nur aus MINT und IT sondern speziell auch aus Marketing, Kommunikation und Onlinehandel. Die entsprechenden Inhalte stehen weit oben auf der Liste des Jobmonitors. All diese am Arbeitsmarkt gefragten Online-Kompetenzen können von Online-Marketing über Social Media und Online-Redaktion bis hin zu E-Commerce bereits seit längerem mithilfe der LVQ und des Bildungsgutscheins der Agentur für Arbeit im Rahmen einer Weiterbildung erworben werden.

Digitale Transformation und Digital Change allenthalben

Und so verschmelzen Aspekt eins – die digitale Transformation findet sich in jeder Branche wieder – und Aspekt zwei – digitale Jobs beschränken sich nicht immer nur auf IT und MINT – miteinander. Die digitale Transformation umfasst also alle Branchen und betrifft viele Berufsbilder.

 

Eines meiner Lieblingsbeispiele für diese Tatsache ist die vermeintlich unscheinbare Stellenausschreibung der „Rudolf Weber Gebäudereinigung und Gebäudedienste GmbH & Co. KG“ für einen „Online-Marketing-Manager in Vollzeit (m/w/d)“. Hier wird für die „digitale Transformation unserer Customer Journey“ eine vielfältig ausgebildete Kraft gesucht, die Content, Gestaltung, Social Media und Strategie beherrscht und dies alles in einer handfesten, der digitalen Vorreiterschaft eher unverdächtigen Branche. Diese – nicht mehr aktuelle – Stellenanzeige ist für mich ein spannendes Beispiel dafür, wie weit der Arbeitsmarkt „Digitale Wirtschaft“ zu begreifen ist.

So wie in der zitierten Stellenausschreibung geht es aktuell im Stellenmarkt der digitalen Wirtschaft meistens – zumindest auch – um das Handhaben der Veränderungen in Prozessen und Kommunikation oder wie Rudolf Weber es formuliert: der „Digitalen Transformation“.

So finden sich aktuell in der Stellenbörse Stepstone bundesweit gut 54.000 Stellen mit dem Keyword „Change Management“. Zu „Projektmanagement“ hingegen tauchen „nur“ 17.000 Jobs auf. Die gesuchten Profile erstrecken sich dabei über alle Fachrichtungen, von Ingenieur- oder Wirtschaftswissenschaften über Naturwissenschaften, Jura und Psychologie bis hin zu Pädagogik und Geisteswissenschaften. In den meisten dieser Stellenbeschreibungen sind Kenntnisse in Change-Management, Change-Strategien und Change-Konzepten gefragt.

Unsere Weiterbildung Digital-Change-Manager/in (IHK)

Mit strategischen Ansätzen und praktischen Konzepten den digitalen Wandel in Unternehmen zu gestalten, genau für diese Anforderung haben wir unsere Weiterbildung Digital-Change-Manager/in (IHK) ins Programm aufgenommen. Sie befähigt Teilnehmer*innen, den stetigen Change-Prozess in Organisationen aktiv zu gestalten und die digitale Transformation durch die Anwendung digitaler Werkzeuge und Lösungen zu begleiten.

Die Weiterbildung, die im August 2022 startete, dauert netto 20 Werktage (= 1 Monat) und ist im Rahmen der Förderung beruflicher Weiterbildung über den Bildungsgutschein förderbar. Sie ist mit anderen Bausteinen unserer modularen Weiterbildung kombinierbar, zum Beispiel mit agilem oder klassischem Projektmanagement, Online-Marketing, Social Media oder auch Prozessmanagement.

Die einzige Konstante ist der Wandel

Über eine besonders wichtige Entwicklung der letzten Monate haben wir jetzt noch gar nicht gesprochen: KI-Systeme halten derzeit mit nie dagewesener Wucht Einzug in unseren Arbeitsalltag. Gerade der Chatbot ChatGPT war in den vergangenen Wochen eines der Hype-Themen in Sachen Digitalisierung. Das vortrainierte System wird mit Daten aus dem Internet gefüttert und lernt durch Dialoge mit Anwender*innen stetig dazu. Und auch wir haben, seit wir es nutzen, dazu recherchieren und uns mit anderen darüber austauschen, viel dazugelernt. Mittlerweile formuliert ChatGPT ziemich brauchbare Texte – wenn man es richtig füttert‘. Wer gute Fragen stellt oder gut promptet, erhält gute Ergebnisse, von Statistiken und Gedichten über Computercodes und Blogbeiträge bis hin zu Auditberichten und Managementreviews. Aber: Vorsicht ist geboten. Bisweilen produziert ChatGPT nach wie vor Nonsens, mit der Aktualität ist es so eine Sache und manchmal sind die Texte immer noch aalglatt bis seelenlos. Als hilfreiches Tool der Findung, Strukturierung und Erstellung von Themen und Texten nutzen wir es mittlerweile selbst, wie der Beitrag von Martin Salwiczek zur Berufsorientierung per ChatGPT belegt.


 

 

 

 


 

 

Dies ist der Karriereblog von LVQ.de. Unsere Artikel werden verfasst von unserem Redaktionsteam bestehend aus Angela Borin, Lars Hahn und Martin Salwiczek.

Die LVQ Weiterbildung gGmbH bietet Weiterbildungen für Fach- und Führungskräfte und Akademiker. Unser Vollzeitangebot mit anerkannten Abschlüssen kann zum Beispiel über den Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit gefördert werden. Besonderes Augenmerk legen wir auf Präsenzunterricht mit Dozenten aus der beruflichen Praxis und der weiterbildungsbegleitenden Unterstützung bei der Jobsuche.

Für Berufstätige bietet die LVQ Business Akademie entsprechende Weiterbildungen. Der Fokus liegt auf der Vermittlung fachspezifischer Themen aus dem gesetzlich geregelten Bereich. Inhouse-Seminare, Beratung und Schulungen für Unternehmen runden das Angebot der LVQ ab.

Wenn Sie Fragen zu unserem Angebot oder Interesse an einer Beratung haben, rufen Sie uns einfach an!

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