Die Stärken der Generalisten: Was sie ausmacht und worin sie richtig gut sind – Experteninterview mit Karriere-Coach Dr. Bernd Slaghuis Part I

22.09.2022, Angela Borin

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Seit Jahren ist Dr. Bernd Slaghuis einer der gefragtesten Karriere-Coaches Deutschlands. Sobald es um Themen wie Neuorientierung, Bewerbung und Karriere geht, fragen ihn neben seinen Klienten auch Zeitungen wie der Spiegel, die Zeit oder die Südddeutsche regelmäßig an. Auch als XING-Insider hat er sich einen Namen gemacht. Auf beiden Businessnetzwerken folgen mehr als 30.000 Menschen seinen Beiträgen und Karriere-Tipps, die er auch in seinem Blog Perspektivwechsel festhält.

Mit seinem Beitrag „Liebe Generalisten, es reicht!“ traf er den Nerv vieler Jobsuchender und wurde daraufhin zum XING-Lunch-Talk eingeladen. Da auch wir bei der LVQ viele Generalisten unter unseren Teilnehmenden haben, lag es für uns nahe, dazu selbst mit Bernd Slaghuis in den Austausch zu gehen:

  • Was macht Generalisten aus?
  • Was sind ihre Kernkompetenzen?
  • Wie können sie sich während der Jobsuche am besten verkaufen?

Diese und andere Fragen haben wir Bernd Slaghuis im ersten Teil unseres Interviews gestellt.

Das Generalist-Sein: die Vielfalt der Stärken

Guten Morgen Bernd. Schön, dass du dir Zeit für unser Interview genommen hast und wir heute über die spannende Frage „Wie gehe ich eigentlich als Generalist mit der Jobsuche um?“ reden. Doch bevor wir starten: Was macht denn einen Generalisten aus?

Dr. Bernd Slaghuis: Hallo Angela. Ich freu mich auch und bin gespannt auf unseren Austausch. Zu deiner Frage: Einerseits sind es die Aussagen selbst, die Generalisten über sich treffen, andererseits sind es unsere persönlichen Stärken, die definieren, ob wir mehr Spezialist oder Generalist sind. Wenn ich Generalisten im Coaching habe, sagen viele: „Ich interessiere mich für so vieles, aber weiß nicht, was meines ist.“ oder „Mir wird schnell langweilig, dann brauche ich etwas Neues.“ Es ist also das eigene Gefühl, das schon eine generalistische Prägung verrät – ohne aber den Begriff Generalist zu nutzen oder zu kennen.

Hinzu kommen sehr breite und vielfältig ausdifferenzierte Stärken, die auch mit der eigenen Persönlichkeit zusammenhängen: beispielsweise, dass jemand ein guter Kommunikator ist, der auch zwischen Menschen vermitteln kann oder ein guter Denker, Stratege und Visionär, der aber auch das Alltagsgeschäft erfolgreich meistert. Generalisten sind also aus verschiedenen Stärkenrichtungen einfach sehr gut bedient und vereinen sehr viele Stärken in sich.

Kristallisieren sich aus deiner Sicht spezielle Kernkompetenzen heraus oder ist das sehr unterschiedlich?

Dr. Bernd Slaghuis: Die Kernkompetenz eines Generalisten ist das Generalist-Sein und die Vielseitigkeit, die sich daraus ergibt. Es geht nicht darum, drei spezielle Aspekte aus dieser Vielseitigkeit hervorzuheben, sondern wertzuschätzen, dass einfach viele unterschiedliche Kompetenzen stark ausgebildet sind. Dennoch sehe ich in meiner Arbeit häufig, dass mitunter ein oder zwei Stärkenrichtungen besonders hervorstechen. Zum Beispiel zeigt sich als ausgeprägteste Stärkenrichtung „der Denker“, und weitere Stärkenanteile verteilen sich auf „den Kommunikator“, „den Steuerer“, „den Künstler“ oder „den Organisator“. Anders als der Super-Spezialist, der beispielsweise nur als Innovationsexperte arbeitet, der aber seine Ideen vielleicht nicht verkaufen oder kommunizieren kann, vereint der Generalist mehrere Stärken als seine Kernkompetenz.

Das Hochstapler-Syndrom: Generalisten glauben, nichts zu können

Interessanter Punkt, denn viele Generalisten glauben ja gerade, dass sie eine Sache richtig gut können müssen. Doch heißt das nun, dass Generalisten in Abgrenzung zum Spezialisten gar nichts so richtig gut können dürfen?

Dr. Bernd Slaghuis: Sie dürfen schon, aber sie müssen nicht. Ganz viele, die zu mir kommen, haben genau den von dir erwähnten Druck, weil sie den typischen Generalisten-Glaubenssatz und das Gefühl von Hochstapelei im Kopf haben: „Ich kann ja nichts richtig, also bin ich nicht gut genug.“ Oder andersherum „Ich bin nicht gut genug, weil ich nichts richtig kann.“ Hier spricht letztlich die Angst, die dem Generalisten sagt: „Hoffentlich kommt das nicht raus, dass ich eigentlich gar nichts richtig kann.“ Das ist total typisch für viele Generalisten. Und genau hier finde ich es daher wichtig, für sich selbst anzuerkennen: „Doch, ich bin gut genug, gerade weil ich viele Dinge ein bisschen kann und diese breite Vielfalt in der Kombination mitbringe. Genau das ist meine Kompetenz.“ Außerdem hängt da noch viel mehr dran: Die Kompetenz eines Generalisten zeichnet sich im Grunde dadurch aus, dass er sehr flexibel agieren, sich leicht auf neue Sachverhalte, Themen, Projekte und Teamsituationen einstellen und sich schnell auf Veränderung einlassen kann.

Die eigenen Glaubenssätze zu identifizieren und aufzubrechen, das ist häufig gar nicht so einfach. Hast du einen Master-Tipp für Generalisten, wie sie ihre Vielseitigkeit positiver wahrnehmen können?

Dr. Bernd Slaghuis: Direkt an die Generalisten unter uns gewandt: „Erkennt eure Stärken und Werte und werdet euch der Vielfältigkeit eurer Stärken bewusst. Versucht nicht, den Generalisten in euch zu töten oder krampfhaft einen Spezialisten aus euch zu machen. Erkennt den Generalisten an, seid stolz auf den bunten Blumenstrauß und sucht euch solche Positionen, Aufgaben und Umfelder, in denen genau diese Stärkenvielfalt und eure Persönlichkeit einen hohen Wert haben.

Generalisten suchen Abwechslung statt Routine

Den bunten Blumenstrauß aktiv suchen und mit ihm glänzen: Guter Tipp, doch wie gelingt das in der Praxis? Gibt es bestimmte Dinge, auf die Generalisten in Stellen achten sollten?

Dr. Bernd Slaghuis: Ich mache mit meinen Kunden oft meine „Traumjob“-Übung, in der sie sich anhand verschiedener Kriterien ihren idealen Job backen dürfen. Eines dieser Kriterien ist das Verhältnis von Abwechslung zu Routine. Es geht darum aufzuzeigen, wie 100 Prozent der Arbeit am liebsten aufgeteilt sein sollten, um langfristig im Job zufrieden zu sein. Der Schwerpunkt liegt bei den Generalisten meistens auf der Abwechslungsseite: 70 zu 30. Sie möchten nicht, wie der Spezialist, Routine und Gleichförmigkeit. Während Spezialisten jedes Buch zu ihrem Thema verschlingen, immer mehr Expertenwissen ansammeln und sich immer tiefer in ihre Nische einarbeiten, reduzieren Generalisten das Wissen auf die essenziellen Eckpunkte. Sie wissen, wo sie für tiefergreifendes Wissen nachlesen können. Generalisten benötigen stattdessen immer wieder Neues in Form von Impulsen, Herausforderungen und Themen, mit denen sie sich lernend beschäftigen können. Der bunte Blumenstrauß sollte sich also idealerweise in der Aufgabenstellung des Jobs widerspiegeln, da Generalisten eine möglichst große Spielwiese aus verschiedenen Themen, Aufgabengebieten sowie auch Schnittstellen zu benachbarten Bereichen brauchen.

Generalisten haben also deutlich andere Wünsche und Bedürfnisse als Spezialisten. Doch wie sieht das konkret aus? Hast du Stellenformulierungen parat?

Dr. Bernd Slaghuis: Ideale Stellen für Generalisten weisen oft einen Mix aus Konzeption, Kooperation und Umsetzung auf. Wenn in der Aufgabenbeschreibung also steht „Konzeption (und Implementierung) von X und Y“, „Begleitung von Veränderungsprozessen“, „Weiterentwicklung von Z“, „Schnittstellenarbeit und Koordination mit XY“, „Vermittlung und Moderation von Z“ oder viel Projektgeschäft – also viel Neues, Umsetzung, Planung und Organisation – aus der Stelle herauszulesen ist, wird jemand gesucht, der vieles aus verschiedenen Bereichen miteinander verbindet: ein Generalist eben.

Sobald eine Aufgabenbeschreibung sehr eng klingt und Wörter wie „Fokus“ oder „schwerpunktmäßig“ auftauchen, wird ein Spezialist gesucht. Dies lässt sich auch daran erkennen, wenn nur wenige Bulletpoints die Aufgabe beschreiben, diese aber verschiedene Teilaspekte einer Richtung benennen. Beispielsweise die „Konzeption des Reportings zur Messung der KPIs im Vertrieb“ und die „Berichterstattung der KPIs vor dem Vorstand“. Das ist eine klassische Vertriebs-Controlling-Stelle, die einen engen Fokus setzt. Entscheidend für Generalisten ist es also, zu gucken, wie vielfältig die Aufgaben beschrieben sind.

„Spezialisten suchen Stellen, Generalisten finden Arbeitgeber.“

Breite Tätigkeitsfelder statt enger Fokus: Aber wie machen sich Generalisten dann greifbar?

Dr. Bernd Slaghuis: Voraussetzung ist natürlich erst mal, dass der Generalist selbst seinen Wert kennt und anerkennt, für sich also Klarheit schafft. Mit dieser Klarheit kann er sich dann bewerben und seine Vielfalt im Lebenslauf präsentieren. Und das auch ruhig über die Stellenanforderungen hinaus, ohne die Kenntnisse nur auf das „herunterzudampfen“, was auf die Stelle passt. Oft macht es auch Sinn, das Generalistentum offen im Anschreiben zu thematisieren: „Ich bin vielleicht nicht der Spezialist, den Sie auf diesem Gebiet suchen, aber als Generalist bringe ich X und Y mit.“ Generalisten sollten auch ruhig so einen Begriff mit einbringen, sodass der Leser für sich entscheiden kann, ob er in dieser Position wirklich einen Spezialisten sucht oder ob nicht vielleicht doch der Generalist besser geeignet wäre. Denn häufig passen Generalisten eben nicht zu 100 Prozent auf eine Stelle und fühlen sich daher auch nicht wirklich angesprochen. Aber die Flexibilität macht ja den Wert aus. Das Ziel für alle Generalisten sollte daher immer sein, dass der neue Arbeitgeber so beeindruckt von der Fülle und Vielseitigkeit ist, dass er sich sagt: „Wenn der Bewerber dies alles in den letzten Positionen und Jahren gemacht hat, dann wird er sich auch hier bei uns in dieser Position schnell einfinden und einarbeiten können.

Für Generalisten gibt es also nicht den einen Stellentitel, nach dem sie filtern können. Erst die Aufgaben dahinter entscheiden.

Dr. Bernd Slaghuis: Genau. Deswegen sage ich auch immer: Spezialisten suchen Stellen, Generalisten finden Arbeitgeber. Die meisten Generalisten, die zu mir ins Coaching kommen, möchten am liebsten die drei für sie perfekten Stellenbezeichnungen von mir erfahren, nach denen sie dann gezielt in Stellenbörsen suchen können. Das schaffen wir aber nie, weil es für einen Generalisten auch keinen Sinn macht. Für einen Generalisten ist es am Ende egal, ob auf seiner Visitenkarte „Projektmanager“ oder „Customer Sales Experience Manager“ steht. Viel wichtiger ist es, zu definieren, was ein Generalist für ein gutes Arbeitsumfeld benötigt und wie eine Aufgabe grob gelagert sein sollte. Geht es mehr Richtung Konzeption, Strategie und Denker oder Richtung operatives Tagesgeschäft, Hands-On und Macher? Mein Ziel im Coaching ist, dass jemand ein gutes Bild von einem zu ihm passenden Arbeitsumfeld und von seinen Ansprüchen an eine neue Führungskraft bekommt. So entwickelt sich ein geeignetes Suchraster für einen Generalisten – nicht durch Stellenbetitelungen.

Jobsuche abseits der Stellenbörsen

Also weg von Stellenausschreibungen hin zu Initiativbewerbungen im gewünschten Unternehmen?

Dr. Bernd Slaghuis: Ich bin kein großer Fan von Initiativbewerbungen, weil sie oft nicht funktionieren. Personaler machen eine gute Arbeit, wenn sie eingehende Bewerbungen mit offenen Stellen abgleichen. Die freiere Überlegung, wo ein Kandidat in einer Organisation eingesetzt werden könnte – das passiert heute kaum noch. Eine Initiativbewerbung muss somit weit über eine klassische Bewerbung hinausgehen. Im besten Fall liefert der Generalist seinem potenziellen neuen Arbeitgeber schon eine konkrete Idee, wo er sich im Unternehmen sieht, und präsentiert sich mit allem, was er dafür mitbringt, auf einem Silbertablett. Initiativbewerbungen funktionieren oft nur dann, wenn der Generalist eine Lücke im Unternehmen sieht, diese füllen kann und idealerweise schon ein Kurzkonzept mitschickt. Nach dem Motto: „Das Unternehmen ist so groß, die benötigen jetzt ein professionelleres Marketing und eine bessere Schnittstellenarbeit. Genau da komme ich als Generalist ins Spiel.“ Initiativbewerbungen funktionieren also nicht für jeden.

Besser wäre es, statt nach Stellen nach Arbeitgebern zu suchen – im besten Fall in der Region, denn die meisten suchen gerne regional – und sich die Website sowie die ausgeschriebenen Stellen anzuschauen. Welche Unternehmen gibt es in welchen Branchen und mit welchen Themen? Welche interessieren den Generalisten? Klar ist: Keiner schaut sich Stellen an, die nicht zum eigenen Aufgabengebiet passen. Ein Marketer klickt eher nicht auf die IT-Anwendungsentwickler-Stelle, aber schaut sich alles rund ums Marketing an. Hier würde ich zusätzlich empfehlen, auch Stellen in Betracht zu ziehen, die etwas mit Projektmanagement, Vertrieb, Kunden und dem Markt zu tun haben. Weg von den Stellenbörsen, hin zum Arbeitgeber-Googlen, aber das ist natürlich der schwierigere Weg. Ich sehe jedoch, dass es oft der motivierendere und am Ende auch effizientere Weg ist.

In dem Moment, wo Generalisten auf Jobsuche sind, sollten sie zudem mit offeneren Augen durch die Welt gehen und wahrnehmen, welchen Leuten sie auf Events begegnen, wo diese arbeiten und was sie über ihre Arbeitgeber erzählen. Ein Tipp, den ich meinen Klienten immer gebe, lautet: „Guck, welche Produkte, Menschen oder auch Firmenschilder dir begegnen, was und wen du wahrnimmst und welche Kontakte daraus entstehen könnten.“ Das klingt profan, aber was durch diesen Tipp alles schon entstanden ist, das ist wirklich verrückt. Einer meiner Klienten hat seinen neuen Job durch den auf einem Baumarktparkplatz stehenden Transporter mit Firmen-Logo gefunden.

Nicht zur eierlegenden Wollmilchsau werden

Also lieber auf ausgeschriebene Stellen der Unternehmenswebseite reagieren, aber die Extrameile gehen und den eigenen Blumenstrauß darlegen, um Möglichkeiten aufzumachen. Doch dann kann es auch schnell passieren, dass das Aufgabenfeld und die Summe der Aufgaben größer ausfällt als gewünscht. Wie sorgen Generalisten trotzdem für eine Eingrenzung ihres Arbeitsfeldes, um später nicht alles auf den Tisch gelegt zu bekommen?

Dr. Bernd Slaghuis: Das ist natürlich das Problem, wenn ein Arbeitgeber erkennt, dass er einen Bewerber oder Mitarbeiter hat, der sehr vielfältig einsetzbar ist und auch gerne alles annimmt. Dieses Abgrenzungsproblem haben viele Generalisten, da sie sich für vieles interessieren, schlecht Nein sagen können und Tätigkeitserweiterungen im ersten Moment als Bereicherung empfinden. Wenn der Generalist aber über einen längeren Zeitraum in der ohnehin dünn besetzteren Urlaubszeit noch eine Krankheitsvertretung und die Einarbeitung eines neuen Kollegen übernehmen muss, kann dies schnell in einer Überlastung resultieren.

Trotz passender Aufgaben, kreativer Spielwiese und toller Kollegen – kurzum dem eigentlich absolut passenden Traumjob mit optimalem Arbeitsfeld – kann es dann schnell kippen. Wichtig ist, dass der Generalist sich nicht alle Aufgaben zu eigen macht und auch kurze Ruhephasen mit der Perspektive, dass Veränderung wieder möglich ist, für sich nutzt, um den Stresspegel auf gesundem Maß zu halten.

Breites Tätigkeitsfeld ohne etliche weitere Aufgabenstellungen und Arbeitsfelder: Wie können Generalisten diesen Spagat in der Bewerbung hinbekommen?

Dr. Bernd Slaghuis: Generalisten brauchen wie gesagt eine große Spielwiese. Es ist wichtig, diese Spielwiese zu definieren und darauf zu achten, wo die Grenzen verlaufen und wo ein anderer Arbeitsbereich anfängt. Darüber lässt sich für den angestellten Generalisten auch ein Nein argumentieren: „Ja, vielleicht finde ich als Generalist die Aufgabe gerade spannend und vielleicht glaubt mein Chef, dass ich diese gut ausführen könnte, aber sie fällt nicht in meine Zuständigkeit und ich möchte meine Spielwiese dahingehend auch nicht erweitern.

Tätigkeitsbereiche im Vorstellungsgespräch klar umreißen

Die Spielwiese sollte daher in einem Vorstellungsgespräch umrissen werden. Das richtige Begreifen und Definieren geschieht oftmals erst, wenn der Generalist im Job ist. Doch ich stelle häufig fest, dass viele Arbeitgeber die Spielwiese ihrer ausgeschriebenen Stellen selbst nicht deutlich genug ausdifferenziert haben – speziell wenn es eine neue Stelle ist. Oft schwingen arbeitgeberseitig dann Gedanken mit wie: „Wir brauchen jetzt dringend jemanden in dieser Position. Wie genau die Aufgaben gestaltet sind, das ergibt sich dann im Job.

Das kann für Generalisten natürlich eine Chance sein, diese Spielwiese selbst für sich zu definieren. Die Gefahr lauert auf der anderen Seite aber darin, dass die Spielwiese nie definiert wird, die Ränder nicht klar sind und Generalisten zur eierlegenden Wollmilchsau werden. Ein hilfreicher Tipp an dieser Stelle: „Wenn die Stelle im Vorstellungsgespräch bereits umrissen ist, konkretisiert die Aufgabenbereiche und die Ränder. Ist dies nicht gegeben, verweist darauf, dass die Definition des Aufgabenbereiches eine der ersten Aufgaben bei eurem Start ins Unternehmen sein wird. So habt ihr eine erste klare Aufgabe abgestimmt.

Das eigene Profil wertschätzen und klare Kante zeigen

Die Spielwiese von vornherein definieren, treffende Aussage. Aber könnte hier nicht seitens des Unternehmens das Vorurteil aufkommen, dass Generalisten doch sowieso gar nicht wissen, was sie wollen?

Dr. Bernd Slaghuis: Die Gefahr besteht natürlich immer und hängt auch immer an der Frage „Warum haben Sie sich ausgerechnet bei uns beworben?“. Jeder Generalist denkt vermutlich erstmal: „Die Stelle ist mir aufgefallen, weil sie spannend klang – genauso wie zehn weitere.“ Und genau das finde ich übrigens gar nicht schlimm. Bewerber dürfen aus meiner Sicht ruhig offen damit umgehen, dass sie andere Bewerbungen ausstehen haben. Die Erwartungshaltung, dass ein Bewerber sich nur an einer Stelle eine Chance aufmacht, ist schließlich realitätsfern.

Generalisten haben häufig das Gefühl, dass sie kein richtiges Profil haben, weil sie eben nichts richtig können. Daraus entsteht die Angst, dass das irgendwann auffällt. In dem Moment, in dem ein Generalist sich aber offen und klar als solcher bekennt – in einem Bewerbungsgespräch zum Beispiel – und exakt diese Vielfalt als sein Profil wahrnimmt, kann es im Nachgang nicht überraschend herauskommen. Der eigenen Vielseitigkeit also den passenden Wert beizumessen, ist eine wichtige Voraussetzung, um dem potenziellen Arbeitgeber auf Augenhöhe zu kommunizieren: „So bin ich, das ist das gesamte bunte Paket. Wenn das zu euch und der Stelle passt, dann steht einer beruflichen Zusammenarbeit nichts im Weg.“ Wenn diese Wahrnehmung erreicht ist, verschwindet auch die Angst. Und wenn im Arbeitsalltag Situationen entstehen, in denen Spezialwissen gefragt ist und der Generalist die Antwort nicht sofort parat hat, darf und kann er entspannt sagen: „Das nehme ich jetzt mit, schlage es nach dem Meeting nach und liefere euch dann die Antwort.“ Das Spannende ist ja, dass es in der Regel nicht mal auffällt und wenn doch, stellt es niemand in so einer Situation infrage. Selbstbewusst mit der Stärke „Generalist“ in verschiedenen Situationen umgehen – das ist der Schlüssel.

Weiterlesen im zweiten Teil des Interviews ...


 

 

 

 


 

 

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