Erinnern Sie sich noch?
Im ersten Lebensdrittel war alles so schön geregelt. Bildung fängt in Deutschland bereits im Kindergarten an. Heute gehen nahezu alle Kinder eines Jahrganges dorthin. Für den Schulbesuch gilt natürlich gleiches: Die allgemeine Schulpflicht ist ein Segen und Normalität zu gleich. Bei allen regelmäßig wiederkehrenden Schulreformen: Schulbildung ist relativ übersichtlich und geregelt.
Spätestens danach wird es richtig spannend: Es stellt sich die Frage nach Ausbildung oder Studium, nach Berufskolleg oder betrieblicher Lehre. Hier beginnt die Differenzierung und die überwiegende Mehrheit aller Jugendlichen geht einen dieser Bildungswege.
Das System von Bildung und Lernen ist heute in Deutschland bis zum Ende von Ausbildung und Studium recht bekannt und übersichtlich.
Und danach?
Weiterbildung – Ein Flickenteppich
Wer nach Studium oder Ausbildung weiterlernen möchte, wer aus beruflichen Gründen sich neues Wissen oder neue Fähigkeiten aneignen muss, der steht vor einem wahrhaft unüberschaubaren Angebot. In diesem Artikel möchten wir einen ersten Durchblick über die verschiedenen Begriffe im Bereich der Weiterbildung verschaffen.
Einig ist man sich gerade noch über die Definition eines generellen Begriffes von Weiterbildung als „Fortsetzung oder Wiederaufnahme organisierten Lernens nach Abschluss einer unterschiedlich ausgedehnten ersten Bildungsphase“. Gerne spricht man heute von der Notwendigkeit oder Herausforderung zum lebenslangen Lernen. Einige sprechen von lebensbegleitendem Lernen, manche gar von lebenslänglichem Lernen.
Allgemeine und berufliche Weiterbildung
Zuerst gibt es erst einmal die grobe Einteilung in „allgemeine Weiterbildung“ und „berufliche Weiterbildung“. Erstere dient eher der persönlichen Entwicklung und ist in der Regel frei von beruflichen Zwecken.
Berufliche Weiterbildung dient immer dem Zweck, berufliche Vorbildung zu vertiefen, zu aktualisieren oder zu erweitern. Im Folgenden geht es um die Begriffsklärung innerhalb der beruflichen Weiterbildung. Denn in diesem Bereich sind wir mit der LVQ tätig.
Weiterbildung – Kurse, Seminare
Einerseits wird Weiterbildung als Überbegriff des institutionalisierten Lernens von Erwachsenen genutzt. In der Praxis wird über Weiterbildung oft dann gesprochen, wenn es um anpassende Qualifizierungen geht, die nicht zu einem neuen Berufsabschluss führen oder einen beruflichen Aufstieg ermöglichen würden. Aktuelles Wissen und neue Fähigkeiten werden oft in relativ kurzer Zeit in Seminaren und Kursen vermittelt.
Weiterbildungen im Sinne einer Anpassungsqualifizierung können jedoch durchaus anspruchsvoll sein. So gelten zum Beispiel Qualitätsmanager TÜV, Social Media Manager IHK, Projektmanager TÜV, Umweltmanager als Weiterbildung im engeren Sinne. In der Regel sind sie wesentlich kürzer als Fortbildungen oder eine Umschulung.
Fortbildung – Gesetzlich anerkannte Aufstiegsmöglichkeiten
Unter Fortbildung hingegen versteht man ausschließlich eine Weiterqualifizierung im gelernten Beruf auf eine höhere Ebene: Klassische Fortbildungen sind Handwerksmeister oder staatlich geprüfte Techniker, Betriebswirte IHK oder die Stationsleitung im Gesundheitswesen. Abschlussprüfungen sind hier oft vor der Industrie- und Handelskammer oder einem staatlichen Prüfungsausschuss.
Umschulung – Die „zweite“ Ausbildung
Über eine Umschulung spricht man nur dann, wenn ein neues Berufsziel mit Hilfe einer Ausbildung angestrebt wird, weil ein vorheriger Beruf nicht mehr ausgeführt werden kann. Es handelt sich bei einer Umschulung also in der Regel um eine zwei- oder sogar dreijährige Bildungsphase mit Praxiselementen, die normalerweise nach einer Prüfung zum Beispiel vor der Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer mit einem anerkannten Berufsabschluss endet.
Betriebliche Weiterbildung – Das Unternehmen zahlt
Eine Sonderform von beruflicher Weiterbildung ist die betriebliche Weiterbildung. Hiervon spricht man, wenn der Arbeitgeber seinen Mitarbeiter zu einem Seminar, Kurs oder sogar zu einer Fortbildung schickt. In der Regel zahlt das Unternehmen dann auch die Weiterbildung und stellt den Mitarbeiter zumindest zum Teil für den Unterricht frei.
Planung der Weiterbildung und Finanzierung
Ganz gleich, ob Sie selbst das Heft in die Hand nehmen, ob Ihnen eine Weiterbildung durch die Agentur für Arbeit über den Bildungsgutschein finanziert wird oder ob das Unternehmen Ihnen eine betriebliche Weiterbildung zahlt: Vorausgehen sollte immer eine sorgfältige Planung der Weiterbildung. Dabei sollten Sie Fragen klären wie:
- Welche Lernform passt zu meinem Vorhaben? Präsenzunterricht, Fernstudium oder E-Learning.
- Wer kann mich bei meiner Planung der Weiterbildung beraten? Es gibt vielzählige Beratungsstellen, Datenbanken und Bildungsanbieter. Durch das Internet ist das nicht unbedingt leichter geworden.
- Was brauche ich wirklich? Möchte ich Wissensdefizite aufbessern, meine Karrierechancen vergrößern oder einfach Türöffner für den nächsten Job bekommen?
- In welcher Situation befinde ich mich? Benötige ich eine Weiterbildung als Arbeitsuchender oder als Beschäftiger im Unternehmen?
- Und dann erst recht: Wie finanziere ich? Bildungsgutschein, Bildungsscheck, Bildungsprämie, Weiterbildungsbonus, Meister-BaföG, Qualicheck? Zuschuss, Vollförderung, Darlehen? Die Fördermöglichkeiten sind kompliziert, bisweilen unüberschaubar.
- Und schließlich: Wer bildet weiter? Welche Anbieter gibt es? Welchen Stellenwert haben Sie? Allein die Vielzahl der Anbieter und Träger von Weiterbildung erschlägt den Suchenden häufig schon: IHK, HWK, private Bildungsanbieter, Gewerkschaften, Verbände,… und die gute alte VHS.
Diese Fragenkomplexe werden wir in den nächsten Folgen der Serie genauer unter die Lupe nehmen. Beginnen werden wir mit der Frage nach der Lernform.
Vielleicht haben Sie weitere Themen oder Fragen, die wir demnächst behandeln wollen? Dann schreiben Sie es uns gerne über einen Kommentar.
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Hallo zusammen,
vielen herzlichen Dank für den spannenden und informativen Beitrag zum Thema Umschulung. Ich finde es super, dass ihr hier die Unterschiede zwischen einer Umschulung und einer Fortbildung aufführt. Ich habe den Eindruck, dass es hier häufig zu Verwechselungen kommt.
Ein interessanter Beitrag. Für manche ist glaube ich die Finanzierung einer Weiterbildung auch so eine Sache. Eine Weiterbildung im Verkauf sollte meiner Meinung nach auch durch Unternehmen unterstützt werden, da diese ja letztendlich den Vorteil daraus tragen können.
Liebe Grüsse
Rauchi
Super der Blog , sehr informativ. Danke für die Tipps.
Danke für das Lob!
Schöner Artikel zur Weiterbildung, Umschulung und anderen Lernmöglichkeiten. Grundsätzlich muss ich auch erwähnen, dass Umschulungen oftmals nicht die Marktanforderungen treffen, da Sie meist öffentlich gefördert werden und die Umsetzung zu lange dauert bis sie am Markt ankommt.
Vielleicht hilft Ihren Lesern mein Beitrag zu Umschulungsmöglichkeiten: bewerberbibel.de/umschulungsmoeglichkeiten-gefoerderte-berufsausbildung/, in dem ich auf die Förderung durch die Sozialversicherungsträger und die Arten der Umschulung eingehe.
Viele Grüße
Michael Büchler
[…] auf Präsenzunterricht zu setzen. Doch das wird Thema in unserem kommenden Artikel der Serie „Berufliche Weiterbildung“ […]
Meine Erfahrung als Beraterin und Dozentin im Gesundheitsbereich ist, dass einen nicht unbeträchtlichen Teil der Probleme in der Weiterbildung die Bildungsträger selber darstellen.
In einigen Städten bzw. Ballungszentren konkurieren etliche Schulen, Ersatzschulen, Akademien und sonstige Bildungseinrichtungen dermaßen miteinander, dass sie die selben Kurse zum gleichen Zeitpunkt anbieten. Im Ergebnis werden Seminarreihen wegen zu geringer Anmeldung abgesagt (weil z.B. bei 4 Bildungseinrichtungen nur jeweils 2 bis 3 Anmeldungen vorlagen). Ärgerlich für die Bildungsträger und Dozenten, wahrscheinlich noch frustrierender für die angemeldeten Teilnehmer, die ihre Ausbildung nicht machen können.
Etwas mehr Abstimmung der Einrichtungen untereinander würde hier den Markt erheblich verbessern.
In der Tat. Kooperationen wären wünschenswert. Herausforderung ist sicherlich, dass auch der Bereich der Weiterbildung mittlerweile - politisch gewollt - großenteils privatwirtschaftlich organisiert wird und sich viele Weiterbildungsanbieter nicht gerne vom Mitstreiter in die Karten gucken lassen. Im Zweifel geht dann der Kunde leer aus.
Wir sind deshalb Mitglied in einigen Weiterbildungsnetzwerken, wie zum Beispiel dem Verein "Weiterbildung im Revier e.V." in dem genau der von Ihnen genannte Austausch zwischen den Trägern ganz gut funktioniert.