Bildungszeit – finanzierte Zeit für eine berufliche Weiterbildung finden

06.06.2024, Lars Hahn

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Bevor ich meine heutige berufliche Aufgabe fand, war ich einige Monate arbeitslos. Damals erhielt ich die tolle Chance durch meinen Berater des Arbeitsamtes (so hieß es damals noch), an einer vierwöchigen Weiterbildung zum Thema Kommunikation und Management teilzunehmen. Das war cool, weil sie mir den Kurs bezahlten, aber noch toller, weil ich dadurch meine Zeit ‚zwischen zwei Jobs‘ auch als finanzierte Lernzeit betrachten konnte. Meine durchaus wechselvolle Zeit der Arbeitslosigkeit bekam so einen positiven Aspekt.

Was für ein Geschenk: Die Zeit zu haben, sich beruflich weiterzuentwickeln. Denn neben den Kosten ist für viele Berufstätige der Aspekt Zeit ein kritischer Faktor, wenn es um eine berufliche Qualifizierung geht. Nicht alle Menschen fühlen sich fit und berufen, nach einem 8-Stunden-Arbeitstag noch in die Abendschule oder ins Wochenendseminar zu gehen.

Lernzeit, Bildungsurlaub, Freistellung oder gar Sabattical? Welche Möglichkeiten gibt es eigentlich, Zeit für eine berufliche Weiterbildung zu erhalten? Unbezahlter Urlaub wird dabei für die meisten Menschen keine Alternative sein. Deshalb werde ich in diesem Beitrag ein paar pfiffige Möglichkeiten aufzeigen, die dir zu einer finanzierten Lernzeit für deine berufliche Weiterbildung verhelfen können.

Bildungsurlaub, Bildungszeit, Bildungsfreistellung, Arbeitnehmerweiterbildung

Eine der bekanntesten und einfachsten Möglichkeiten, sich Zeit für eine berufliche Weiterbildung zu verschaffen, ist der Bildungsurlaub. Grundsatz: Während der Arbeitszeit stellt der Arbeitgeber die Person frei, die sich weiterbilden möchte. Da Bildung in Deutschland Ländersache ist, variieren die Regelungen von Bundesland zu Bundesland, in der Regel sind fünf Tage Bildungsurlaub pro Jahr möglich, oft auch zehn Tage innerhalb von zwei Jahren – außer in Bayern und Sachsen, da gehen die Bildungswilligen leer aus. Für Bildungsurlaub, Bildungszeit, Bildungsfreistellung – oder wie es in NRW heißt: Arbeitnehmerweiterbildung – dauern viele Seminare aufgrund der Anforderungen auch entweder 5 oder 10 Tage. Die Themenvielfalt ist groß: von Excel-Kursen über Stressbewältigung bis hin zu berufsbezogenen Sprachkursen.

Bezahlte Freistellung – Beschäftigtenqualifizierung und ‚Arbeitgeberentgeltzuschuss‘

Wenn ich aber mehr Lernzeit brauche als 5 bis 10 Tage, welche Möglichkeiten habe ich dann? Hier greift unter anderem die Beschäftigtenqualifizierung der Agenturen für Arbeit, die für anerkannte, zertifizierte berufliche Weiterbildung gilt. Diese Variante ist auch bekannt als Qualifizierungsoffensive oder Weiterbildung „nach QCG“. Hier werden berufsbezogene Qualifizierungen gefördert, die zumindest oft mit einem Zertifikat abschließen, bei uns etwa die Weiterbildungen ‚KI-Manager/in (IHK)‘ oder ‚Qualitätsbeauftragte/r (TÜV)‘.

Auch die Lernzeit wird hier indirekt gefördert, denn nicht nur die Lehrgangskosten werden oft zu 100 Prozent finanziert, sondern zu einem großen Teil auch die Freistellung durch den Arbeitgeber. Bei kleinen und kleineren Unternehmen zahlt die Arbeitsagentur sogar zwischen 50 und 75 Prozent des Gehalts (Arbeitgeberentgeltzuschuss, kurz AEZ). Was richtig cool ist: Dein Arbeitgeber stellt dich für die Weiterbildung frei, erhält aber einen großen Teil der Gehaltskosten für diese Zeit erstattet. Gerade in Schwachlastzeiten kann das für den Arbeitgeber durchaus sinnvoll sein, wenn weniger Arbeit im Betrieb anfällt, zum Beispiel in einem Sommerloch. Win-Win nennt man das.

  • Vorteile: Auch für längere Weiterbildungen geeignet, auch die Weiterbildungskosten werden staatlich großzügig gefördert
  • Nachteile: Nur möglich bei Antragstellung durch den Arbeitgeber, nur für anerkannte, zertifizierte Weiterbildungen.
  • Weiterlesen: „Geh in die Qualifizierungsoffensive“ im LVQ Blog.

Finanzierte Lernzeit durch Beitrag zum Lebensunterhalt beim Aufstiegs-BAföG

Beim sogenannten ‚Aufstiegs-BAföG‘ (ehemals ‚Meister-BAföG‘) nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz (AFBG) geht es um die Finanzierung anspruchsvoller beruflicher Fortbildungen in Voll- oder Teilzeit. Diese müssen allerdings – stets fachlich – gezielt auf öffentlich-rechtliche Prüfungen nach dem Berufsbildungsgesetz, der Handwerksordnung oder auf gleichwertige Abschlüsse nach Bundes- oder Landesrecht wie Meister*innen, Fachwirt*innen etc. vorbereiten.
Wer eine solche Fortbildung in einer Vollzeit-Variante anstrebt, erhält neben der Förderung der Lehrgangskosten unter bestimmten Umständen auch einen Zuschuss zum Lebensunterhalt für sich selbst und die Familie.

  • Vorteile: Sogar die Lernzeit bei langen Fortbildungen lässt sich so finanzieren.
  • Nachteile: Das Aufstiegs-BAföG ist nur bei ausgewählten Fortbildungen möglich und die Beantragung sehr aufwendig.
  • Weiterlesen: Offizielle Seite zum Aufstiegs-BAföG.

Sabbatical als bezahlte Lernzeit

Ein Sabbatical ist eine befristete Auszeit vom Job. Sie kann der Selbstfindung dienen, dem Hausbau, einer Weltreise, aber durchaus auch einer längeren Weiterbildung. Wenn das Sabbatical durch eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber langfristig vorbereitet wird, etwa durch ein Langzeit-Arbeitszeitkonto, kann in der Sabbatical-Phase weiterhin Gehalt (inklusive Sozialversicherungsbeiträgen) bezogen werden.

  • Vorteile: Für das Sabbatical selbst erarbeitete Lernzeit gibt den Freiraum, die Weiterbildung zu machen, die man selbst wirklich will und das – anders als bei einer Kündigung oder unbezahlten Freistellung – bei weiteren Bezügen.
  • Nachteile: Es ist vorher ein langwieriger Prozess zum Ansparen der Sabbatical-Zeit notwendig. Die Weiterbildungskosten müssen selbst getragen werden oder über gängige Förderwege finanziert werden.
  • Weiterlesen: Sabbatical bei Haufe.de.

Special: Sabbatical für Solopreneure

Natürlich können auch Selbständige und Unternehmer*innen ein Sabbatical für eine berufliche Weiterbildung einlegen. Eine Sauregurkenzeit endet so vielleicht in einer Sommerakademie. Solopreneure haben neuerdings durch das KOMPASS-Förderprogramm sogar die Chance, sich 90 Prozent der Weiterbildungskosten vom Staat zurückzuholen.

Bildungsgutschein: Zwischen zwei Jobs – Arbeitslosigkeit als finanzierte Lernzeit

Wenn der Fall eintritt, dass ein Arbeitsverhältnis oder Job endet und man sich #ZwischenZweiJobs befindet, dann gilt man als arbeitslos oder zumindest „von Arbeitslosigkeit bedroht“. In diesen Fällen unterstützt die Agentur für Arbeit eine berufliche Weiterbildung, sofern sie notwendig oder zweckmäßig ist. Natürlich geht es dabei darum, den beruflichen Wiedereinstieg durch eine solche Qualifizierung zu erleichtern. 
Die Förderung der beruflichen Weiterbildung durch den Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit während der Zeit der Arbeitslosigkeit ist aus meiner Sicht besonders reizvoll. Denn

  • die Lehrgangskosten werden bei anerkannten Weiterbildungen zu 100 Prozent übernommen
  • weitere Weiterbildungskosten wie Fahrtkosten und Kinderbetreuungskosten können gefördert werden, aber das wichtigste in unserem Kontext:
  • die Unterhaltskosten werden beim Bildungsgutschein in Form des Arbeitslosengeldes weitergezahlt (das gilt leider ausnahmsweise nicht, wenn kein Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht).

Dieser letzte Punkt ist für unser Thema entscheidend. Durch das weitergezahlte Arbeitslosengeld während der Weiterbildung hast du sozusagen eine von der Arbeitsagentur ‚finanzierte Lernzeit‘, in der du dich für einige Wochen und Monate konzentriert in Vollzeit einer beruflichen Qualifizierung widmen kannst. Und das ist nicht nur finanziell und fachlich attraktiv: Viele unserer Teilnehmer*innen nehmen die Zeit der Arbeitslosigkeit durch die berufliche Weiterbildung auf deutlich positiver wahr.

So ging es auch mir: Die Weiterbildung tauchte während meiner Jobsuche auch sofort im Lebenslauf auf und erhöhte meine Selbstsicherheit während der Bewerbungsphase. Spannenderweise fand ich meinen neuen Job – nämlich den bei der LVQ – auch tatsächlich in der Zeit meiner beruflichen Weiterbildung. Und ich fand das wundervoll.

  • Vorteil: Die Zeit der Arbeitslosigkeit wird durch eine Weiterbildung sinnvoll genutzt und positiv zu einer ‚finanzierten Lernzeit‘. Netter Nebeneffekt: Die Förderung durch den Bildungsgutschein zu 100 Prozent plus Arbeitslosengeld ist besonders umfangreich.
  • Nachteil: Eine Weiterbildung in Vollzeit während der Jobsuche kann Ressourcen binden, die für die Bewerbung wichtig wären. 
  • Weiterlesen: Wie bekomme ich den Bildungsgutschein?

Fazit: Verschiedene Lernzeiten für unterschiedliche Zwecke

Zeit ist für viele Menschen ein kostbarer Faktor – auch wenn es darum geht, die Karriere voranzutreiben und eine berufliche Weiterbildung zu absolvieren. Bisweilen wird Zeitmangel sogar zum entscheidenden Hinderungsgrund für eine Qualifizierung. 
Ob Bildungsurlaub, bezahlte Freistellung, Sabbatical oder die Zeit zwischen zwei Jobs: Es gibt verschiedene Lösungsansätze für diese Herausforderung – passend zu (fast) jeder Lebenssituation. Das sollte dieser Beitrag beweisen.

Jetzt bist du dran:

Hast du schon mal eine dieser Lernzeit-Möglichkeiten genutzt, um dich weiterzubilden? Hat die Zeit dir dabei im Weg gestanden oder hast du eine Möglichkeit gefunden, sie zu deinem Vorteil zu nutzen? Teile deine Erfahrungen und Tipps mit uns in den Kommentaren – deine Geschichte könnte genau der Motivationsschub sein, den jemand anders braucht, um den nächsten Schritt zu wagen.


 

 

 

 


 

 

Dies ist der Karriereblog von LVQ.de. Unsere Artikel werden verfasst von unserem Redaktionsteam bestehend aus Martin Salwiczek, Lars Hahn und Kay Pfefferkuchen.

Die LVQ Weiterbildung und Beratung GmbH bietet Weiterbildungen für Fach- und Führungskräfte und Akademiker. Unser Vollzeitangebot mit anerkannten Abschlüssen kann zum Beispiel über den Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit gefördert werden. Besonderes Augenmerk legen wir auf Online-Präsenzunterricht mit Dozent*innen aus der beruflichen Praxis und der weiterbildungsbegleitenden Unterstützung bei der Jobsuche.

Für Berufstätige bietet die LVQ Business Akademie entsprechende Weiterbildungen. Der Fokus liegt auf der Vermittlung fachspezifischer Themen aus dem gesetzlich geregelten Bereich. Inhouse-Seminare, Beratung und Schulungen für Unternehmen runden das Angebot der LVQ ab.

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Autor

Lars Hahn

ist Geschäftsführer der LVQ und Entdecker von Systematisch Kaffeetrinken. Er schreibt über Entwicklungen der Arbeitswelt, gibt wertvolle Tipps und führt spannende Interviews zu den Themen Karriere, Jobsuche und Weiterbildung.