"Offen sein und an sich glauben" - Wie Geisteswissenschaftler Tobias Quiram der Berufseinstieg gelungen ist

06.04.2017, Martin Salwiczek

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Tobias Quiram

 

Wie wichtig die innere Einstellung während der Jobsuche ist, sieht man beim Geisteswissenschaftler und LVQ-Absolventen Tobias Quiram.

Tobias erlebte während seines Berufseinstiegs die gängigen Vorurteile gegenüber Geisteswissenschaftler*innen. Sein Studium hinterfragte er jedoch nie. Und auch mit vermeintlichen Defiziten wie seiner körperlich sichtbaren Behinderung beschäftigte er sich nicht groß. Tobias behielt immer den Glauben, dass er es schaffen würde. Dies zahlte sich aus: Ein Jahr nach seinem Studienabschluss erhielt er seine erste Festanstellung als ‚Mitarbeiter Online-Kommunikation‘ bei der Graf Recke Stiftung in Düsseldorf.

 

Im Interview erzählt Tobias über seinen Berufseinstieg, seine Weiterbildungszeit bei der LVQ und wie seine Arbeit bei der Graf Recke Stiftung aussieht.

 

 

Hallo Tobias,  danke, dass du Dir Zeit für das Interview nimmst. Stell dich doch mal den Leser*innen vor.

 

Sehr gerne. Ich heiße Tobias Quiram und bin 32 Jahre alt. Ich habe Germanistik, Kommunikationswissenschaften und Geschichte auf Magister studiert und arbeite bei der Graf Recke Stiftung in der Online-Kommunikation.

"Tue Gutes und erzähl darüber" – Online-Kommunikation bei einer Stiftung

Was macht die Graf Recke Stiftung genau und wie macht man für eine Stiftung Online-Kommunikation?

 

„Tue Gutes und erzähl darüber“ ist im Kern unsere Strategie. Das liegt aufgrund des Tätigkeitsfeldes der Graf Recke Stiftung auf der Hand. Als Einrichtung der freien Wohlfahrtpflege ist die Stiftung tätig in der Heilpädagogik, Sozialpsychiatrie, Altenpflege und Kinder- und Jugendhilfe. Wir haben sogar eigene Kitas und Schulen.

Über 2000 Mitarbeiter kümmern sich um fast 3800 Menschen. Da entstehen natürlich viele interessante Geschichten aus unserer Arbeit und unseren Kooperationen. Darüber berichten wir.

 

Was sind da deine Aufgaben?

 

Zum einen kümmere ich mich um den Aufbau und die redaktionelle Pflege der Website. Außerdem mache ich das Social-Media- und Community-Management für die Graf Recke Stiftung. Die Facebook-Seite und der Youtube-Kanal gehören dazu. Der nächste mögliche Schritt wäre dann ein Blog. Soweit sind wir aber noch nicht.

 

Unser aktuelles Projekt ist, eine neue Webseite auf Typo3-Basis zu erstellen. Da arbeite ich mich gerade ein und baue sie mit auf. Das Gerüst liefert ein externer Programmierer.

 

Jetzt hast du ja vorher in erster Linie redaktionelle Erfahrungen gesammelt. Erzähl doch mal, wie du in den sozialen Bereich gekommen bist.

 

Ich wollte schon immer Kreatives mit Sozialem verbinden. Bei der LVQ empfahl man mir dann die Graf Recke Stiftung für ein Praktikum und stellte mir den Kontakt her. Das Praktikum machte ich dann auch im Rahmen meiner Weiterbildung …

Studium > Weiterbildung > Praktikum > Job

… und wurdest direkt übernommen …

 

Nein, nicht direkt. Eine Übernahme war erst mal nicht möglich. Aber ich machte einige Aufgaben als Honorarkraft. Meine Überlegungen gingen dann auch tatsächlich in die Richtung, mich selbstständig zu machen, und ich wollte schon Aufträge heranholen. Doch zwei Monate später ergab sich doch eine Möglichkeit, angestellt zu werden, sodass ich einen befristeten Vertrag bekam. Mittlerweile bin ich dort entfristet tätig.

 

Viele Geisteswissenschaftler*innen machen nach dem Studium Praktika. Vom Arbeitgeber dann übernommen zu werden, ist für viele eine Wunschvorstellung.

 

Ich bin darüber auch sehr happy. Es hat einfach von Anfang an gepasst. Die Chemie stimmte und ich wurde von Beginn an miteinbezogen und nicht wie ein Praktikant behandelt. Ich durfte eine Social-Media-Strategie erarbeiten und vortragen und auch bei Meetings mitmachen. Das Praktikum war wirklich ein Glücksfall, gerade weil der Berufsstart schwierig war.

Berufseinstieg: Geisteswissenschaftler = Lehrer?

Erzähl mal, wie die Phase bei dir lief.

 

Wie bei vielen anderen, war sie auch bei mir durch Unsicherheit geprägt. Ich begann, mich während des letzten Semesters zu bewerben. Wie gesagt, habe ich schon während des Studiums mehrere Praktika gemacht. Ich war beim Radio und bei einem Online-Magazin. Die Jobsuche danach läuft aber ganz anders als die Suche nach einem Praktikumsplatz, da geht’s um die Wurst.

 

Auf einmal wirst du mit herrschenden Vorurteilen konfrontiert. Auf einer Jobmesse hatte man mich sofort als Lehrer eingeordnet. Von anderen hörte man, dass man als Geiwi keine Chance auf dem Arbeitsmarkt hat. Da musst du erst mal deine Eigenmotivation aufrechterhalten.

 

 

Wie liefen die ersten Vorstellungsgespräche bei dir?

 

Entsprechend weniger gut. Ich machte mir automatisch selbst großen Druck. Anzug habe ich vielleicht mal bei Beerdigungen oder Hochzeiten getragen. Dann sitzt du da, teilweise mit bis zu 12 Leuten, die dich mit Fragen löchern. Du musst es hinkriegen, die Antworten so zu beantworten, wie sie wollen, und trotzdem bei dem bleiben, was du willst. Auf einmal musst du sagen, was du jeden Monat kriegen willst. Die ersten drei Vorstellungsgespräche liefen dann gar nicht gut.

Weiterbildung: Themen lernen, die in Stellenanzeigen gefordert werden

Wie hast du daran gearbeitet?

 

Ich nahm an einem Programm der Arbeitsagentur für Akademiker teil. Das war hilfreich, um mich mit anderen Absolventen über deren Erfahrungen in Vorstellungsgesprächen auszutauschen und die Qualität meiner Bewerbungsunterlagen zu verbessern.

Im Bewerbercenter hielt Lars Hahn dann auch einen Vortrag über XING und die LVQ. Da ich mich eh für Weiterbildungen interessierte, nahm ich daraufhin Kontakt zur LVQ auf.

 

Welche Themen interessierten dich besonders?

 

Vor allem die Themen, die auch häufig in Stellenausschreibungen gefordert werden. Ich machte insgesamt vier Weiterbildungen: Marketing fürs Grundverständnis. Social Media, weil es häufig gefordert wurde und ich wissen wollte, wie es hinter der privaten Nutzung funktioniert. Außerdem Projektmanagement und Datenschutz.

Projektmanagement kannst du immer gebrauchen, es liefert eine professionelle Struktur für die eigene Arbeit. Datenschutz ist grundsätzlich wichtig für Online-Arbeit. So konnte ich aus allen was rausnehmen.

 

Was waren deine wichtigsten Learnings?

 

Wichtig war es zunächst, meine Fähigkeiten zu kanalisieren und benennen zu können. Ich konnte meine Stärken besser kennenlernen und auch sehen, was mir nicht so passt.

Der Austausch mit den Teilnehmern war auch sehr wichtig. Man hat sich gegenseitig bei Bewerbungen unterstützt, viel Teamarbeit gemacht und somit wichtige Kontakte gewonnen. Mit vielen habe ich heute noch Kontakt. Die LVQ fördert das.

Insgesamt läuft es dort sehr menschlich ab. Auch zu den Dozenten und Mitarbeitern hat man ein gutes Verhältnis, bis heute. Durch die LVQ bin ich ja auch letztendlich zu meinen Job bei der Graf Recke Stiftung gekommen.

Glauben an sich selbst als Antrieb bei der Jobsuche

Kommen wir noch mal zum Thema Jobsuche: Wie lange hat es im Endeffekt bei dir gedauert, bis du deinen ersten Job hattest?

 

Ein Jahr. Schau ich in meinen Freundeskreis, ist das ungewöhnlich schnell. Viele anderen hängen noch im Nebenjob. 30 Bewerbungen habe ich circa geschrieben. Die Weiterbildung war dabei klar ein Beschleuniger.

 

Was war für dich außer der Weiterbildung noch wichtig?

 

Vor allem die innere Einstellung. Ich habe immer den Glauben gehabt, dass ich es schaffe, und habe mich nicht mit vermeintlichen Defiziten beschäftigt.

Ich habe eine sichtbare körperliche Behinderung. Das war für mich nie Thema und ich bin damit natürlich umgegangen. Einmal hatte ich die Situation, dass ich drauf angesprochen wurde. Das war sonst nie ein Nachteil.

Arbeitslosigkeit darf nicht peinlich sein

Das finde ich wichtig. Viele halten sich zu sehr mit Ihren möglichen Defiziten auf.

 

Ja, es fängt schon damit an, dass viele sich nicht trauen, offen über ihre Arbeitslosigkeit zu reden. Dir darf da nichts peinlich sein, und ich kann nur empfehlen, offen damit umzugehen. Zum Beispiel bei einer Party offen zu kommunizieren, dass man sucht. Dann kann es passieren, dass ein Kollege anruft und sagt: „Ich weiß da was“.

Und Du wirst andere Menschen finden, die in derselben Situation sind wie du. Vielleicht ist dein Abschluss nicht so gut und dann siehst du den 1er Magister, der auch suchend ist. Dann beginnst du vielleicht, die Fehler nicht mehr bei dir zu suchen.

 

Viele beginnen auch, ihren Studienabschluss zu hinterfragen. Wie siehst du das?

 

Das Studium habe ich vor allem für mich gemacht. Es hat meine Arbeitsweise, meine Interessen und meine Stärken bestätigt und geschärft. Außerdem hat es mir den Weg zu meinen Praktika geebnet. Die waren in erster Linie wichtig, um mich in meinen Themen zu bestärken.

 

Ich bin froh, dieses Studium gewählt zu haben. Es hat mich persönlich geprägt und mir auf meinem beruflichen Weg sehr geholfen.

 

Lieber Tobias, vielen Dank!


 


 

 

 

 

 

Dies ist der Karriereblog von LVQ.de. Unsere Artikel werden verfasst von unserem Redaktionsteam bestehend aus Martin Salwiczek, Lars Hahn und Kay Pfefferkuchen.

Die LVQ Weiterbildung und Beratung GmbH bietet Weiterbildungen für Fach- und Führungskräfte und Akademiker. Unser Vollzeitangebot mit anerkannten Abschlüssen kann zum Beispiel über den Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit gefördert werden. Besonderes Augenmerk legen wir auf Online-Präsenzunterricht mit Dozent*innen aus der beruflichen Praxis und der weiterbildungsbegleitenden Unterstützung bei der Jobsuche.

Für Berufstätige bietet die LVQ Business Akademie entsprechende Weiterbildungen. Der Fokus liegt auf der Vermittlung fachspezifischer Themen aus dem gesetzlich geregelten Bereich. Inhouse-Seminare, Beratung und Schulungen für Unternehmen runden das Angebot der LVQ ab.

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