Karrieretrends: Big Data bei Bewerbung und Jobsuche.

11.01.2018, Lars Hahn

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Big Data bei Bewerbung und Jobsuche?

 

Tatsächlich können Bewerber heute auf unzählige Daten und Informationen über Arbeitgeber und Unternehmen zugreifen, die ihnen früher nicht zugänglich waren. Bisweilen mag eine solche Datenflut schlicht überfordernd sein. Andererseits bieten die vielen öffentlich zugänglichen Datenquellen über Unternehmen und Arbeitgeber große Möglichkeiten und Chancen, die sich Bewerbern eröffnen.

 

Genau darum geht es im zweiten Teil meiner Karrieretrends 2018: Big Data für Bewerber. Der Beitrag knüpft damit an meinen letzten Beitrag an, der sich mit den Herausforderungen für Jobsuchende in der VUCA-Welt befasst.

Was bedeutet eigentlich Big Data?

Viele Menschen verbinden mit dem Begriff „Big Data“ zunächst das systematische (und bisweilen geheime) Ansammeln und Auswerten von Daten durch soziale Netzwerke wie Facebook. Schnell denken viele an Datenkraken, NSA-Affäre und soziale Kontrolle.

 

Dabei umfasst der Begriff „Big Data“ viel mehr. Er ist einer der Schlüsselbegriffe der digitalen Transformation. Big Data steht für die Erfassung, Verarbeitung und Analyse von Massendaten. Viele schwärmen von den Möglichkeiten und Chancen durch Big Data für Wirtschaft und Gesellschaft. Smarte Fabriken, autonomes Fahren, intelligente Logistik, Alexa und Siri  – überall kommt Big Data ins Spiel. Der Data Analyst ist nicht ohne Grund einer der gehypten neuen Berufe, wie kürzlich noch die FAZ schrieb: Die Jäger des verlorenen Datenschatzes.

Big Data im Recruiting

Auch bei Stellenbesetzung und Personalentwicklung spielen Begriffe wie Big Data im HR oder People Analytics mehr und mehr eine Rolle. Personalabteilungen versuchen anhand von Bewerberdaten oder Mitarbeiterdaten, die optimalen Kandidaten für ihr Unternehmen zu finden. Das aktuelle Beispiel für die Nutzung von Massendaten im Recruiting bietet der Start von Google for Jobs. Wenn jemand sich mit Big Data auskennt, dann ist es Google.

Big Data für Bewerber

Personalberater und Unternehmen nutzen also bereits Big Data für die Personalsuche: Bewerber-Managementsysteme (Sie wissen schon: Die Formularbewerbungstools, die Bewerber so nerven), die Businessnetzwerke, wie wir sie auch kennen und spezielle Tools, wie den XING-Talentmanager.

 

Da liegt es doch nahe, den Spieß umzudrehen und Big Data auch aus Bewerberperspektive zu nutzen: Big Data für Bewerber!

 

Denn noch nie konnten Bewerber bei ihrer Jobsuche auf so viele Daten zugreifen wie heute. Musste man in den 90er Jahren noch mühsam die gelben Seiten wälzen, um überhaupt an Firmenadressen zu kommen, so kann jeder heute über soziale Medien und Bewertungsportale vielschichtige Informationen über Unternehmen, Mitarbeiterstrukturen und Ansprechpartner bekommen.

 

Sie können sogar ausführliche Infos über die Kultur eines Unternehmens erforschen. Wenn Sie googlen, Netzwerke wie XING und LinkedIn bemühen und Bewertungen über ein Unternehmen anschauen, erhalten Sie bisweilen ein recht umfassendes Bild über den potentiellen Arbeitgeber.

 

Indessen nutzen noch viel zu Wenige die großen Potentiale von Big Data für Bewerber. Die traditionelle Suche in den Stellenbörsen dominiert nach meiner Erfahrung die Strategie der meisten Jobsuchenden.

 

Dabei sind es einfache Kniffe, die Massendaten auch für die Jobsuche nützlich machen. Zwei Beispiele machen dies deutlich:

Big Data für Bewerber, Beispiel 1: Branchenrecherche über die erweiterte Suche

Sowohl bei XING als auch bei LinkedIn können Sie über die erweiterte Suche eine Branchenrecherche durchführen. Sie können in Ihrer Umgebung nach Menschen suchen, die genau in der Branche arbeiten, wo Sie beruflich landen möchten. Wenn Sie dann noch Ihre Schlüsselwörter im Feld „Ich biete“ eingeben, finden Sie bei XING sogar Menschen, die genau das tun, was Sie auch tun möchten. Potentielle Kollegen gewissermaßen.

Erweiterte Suche bei XING: Recherche in Datenmengen.

 

Meine Erfahrung: Die erweiterte Suche spuckt bei vielen Bewerbern in den Ergebnissen Firmen raus, von denen diese noch nie gehört haben! In ihrer Zielbranche. Damit finden sie häufig Jobs im verdeckten Stellenmarkt, abseits der großen Player und Stellenanzeigen.

 

Über die Unternehmensprofile in den Businessnetzwerken können Sie sogar die Mitarbeiter Ihres Wunschunternehmens recherchieren und scannen. Bei vielen Unternehmen erhält man durch solche Recherchen gewissermaßen das Organigramm mit den Gesichtern und Namen der Menschen gratis geliefert.

 

Sie erfahren dadurch viel über übliche Qualifikationen und Weiterbildungen im Betrieb, über berufliche Hintergründe der Mitarbeiter, aber auch über gängige „Buzzwords“ des jeweiligen Betriebes in den Feldern „Ich suche“/“Ich biete“ wie Stellenbezeichnungen und Fachbegriffe.

 

Überdies können Sie in den sozialen Netzwerken erforschen, wer mit wem in Beziehung steht, bei welchen vorherigen Arbeitgebern Mitarbeiter beschäftigt waren, von welchen Hochschulen Einsteiger im Traumunternehmen kommen, wie lange Verweildauern im Unternehmen sind. Und so weiter, und so weiter.

Big Data für Bewerber, Beispiel 2: Bewertungen über den Arbeitgeber

Klar: Jeder weiß, dass Bewertungen von Arbeitgebern im Internet subjektiv sind. Dass manche Erfahrungen bei kununu und Co. gar aus Frust nach einer Kündigung, andere hingegen aus Gefälligkeit persönlich gefärbt sind, dürfte mittlerweile auch bekannt sein. Und dennoch: Arbeitgeberbewertungsportale werden intensiv zur Information genutzt, mehr als 75 Prozent ließen sich nach einer Umfrage des IT-Branchenverbandes bitkom dabei in ihrer Entscheidung für oder gegen einen Arbeitgeber beeinflussen.

kununu-Ergebnisse im XING-Unternehmensprofil

 

Spätestens bei Google und in der XING-Recherche tauchen die Bewertungsergebnisse von kununu ja auch auf.

Kombination von Datenquellen: Big Data

Die Arbeitgeberbewertungen allein ohne weitere Daten mögen noch recht unzuverlässig sein. Sie werden aber in der Kombination mit weiteren Daten aus Google, XING-Profilen und möglicherweise gar persönlichen Gesprächen mit Mitarbeitern mächtig.

 

Genau das macht Big Data aus: Die umfassende Recherche und sinnvolle Kombination von vielen Daten aus verschiedenen Quellen ergibt ein differenziertes Gesamtbild, das dann entsprechend interpretiert werden kann.

Drei Fähigkeiten, die Big Data für Bewerber erfordert

Aus meiner Sicht sind drei Fähigkeiten für die Jobsuche per Big Data wichtig:

  1. Recherchekompetenz: „Wo und wie finde ich überhaupt relevante Daten über meinen Arbeitgeber?“ ist eine der wichtigsten Fragen, die Bewerber heute beantworten können sollten. Meine Antwort: „Fragen Sie das Internet oder jemanden, der sich damit auskennt.“
  2. Kombinationsfähigkeit: Gab es früher schlimmstenfalls eine Datenquelle – die Stellenanzeige in der Zeitung – so besteht heute die Möglichkeit, viele Daten über den potentiellen Arbeitgeber aus unterschiedlichen Quellen zu kombinieren: Soziale Netzwerke, Communities, Bewertungsportale. Die Frage lautet hier: „Wie kann ich aus unterschiedlichen Daten ein vernetztes Bild erstellen?“
  3. Interpretationsvermögen: Der größte Datenwust hilft nichts, wenn die Daten nicht auch sinnvoll gedeutet werden können. Jobsuchende sind sozusagen Data-Analysten in eigener Sache. Leitfrage könnte hierbei sein: „Welche Faktoren sind für mich bei einem Arbeitgeber wichtig und wo und wie finde ich sie heraus?“

Big Data bedeutet für Bewerbung und Jobsuche einen Paradigmenwechsel. Bewerber sind transparenter und sichtbarer im Netz, aber sie erhalten auch mehr Wissen über Arbeitgeber, damit ein Stück weit mehr „Macht“.

 

Wenn sie die Möglichkeiten nutzen.

 

Dies ist der Karriereblog von LVQ.de. Hier schreiben Lars Hahn, Martin Salwiczek und Gastautoren.

 

Die LVQ Weiterbildung gGmbH bietet Weiterbildungen für Fach- und Führungskräfte und Akademiker. Unser Vollzeitangebot mit anerkannten Abschlüssen (IHK, TÜV) kann zum Beispiel über den Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit gefördert werden. Besonderes Augenmerk legen wir auf Präsenzunterricht mit Dozenten aus der beruflichen Praxis und der weiterbildungsbegleitenden Unterstützung bei der Jobsuche.

 

Das Angebot der LVQ Business Akademie richtet sich an Berufstätige und umfasst die Vermittlung fachspezifischer Themen aus dem gesetzlich geregelten Bereich. Inhouse-Seminare, Beratung und Schulungen für Unternehmen runden das Angebot der LVQ ab.

 

Wenn Sie Fragen zu unserem Angebot oder Interesse an einer Beratung haben, rufen Sie uns einfach an!

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2 Kommentare

Barbara Susanne Oberdorfer
01. Februar 2019

Hallo Lars Hahn,

 

in Österreich sagt man dann: "Jö, liab". Wenn ein Kommentar, Blog oder Beitrag keinen Mehrwert für den Leser bringen.

Aber: wieso entwickelt denn im digitalen Zeitalter niemand ein Tool für Bewerber, um all die beschriebenen Schritte "digital", "automatisiert" abzuwickeln?

Freue mich, wenn Sie Beispiele dafür haben, oder selbst eine Entwicklung initiieren. Helfe gerne mit User Requirements zu erstellen

 

mit freundlichen Grüßen

Barbara Susanne

 

Grüße


Lars Hahn
01. Februar 2019

Vielen Dank, Barbara Susanne,

 

kann man machen. Unser Schwerpunkt liegt allerdings darauf, anhand der vorhandenen Tools und Möglichkeiten das Beste zu erreichen. Dafür ist auch der Artikel gedacht.


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