Deutschlands beste Arbeitgeber? Immer die gleichen?!

16.02.2017, Lars Hahn

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Lars Hahn bloggt als Geschäftsführer seit der ersten Stunde auf LVQ.de. Hier schreibt er über Weiterbildungsthemen für Fach- und Führungskräfte, gibt Einblicke in die Zukunft unserer Arbeitswelt und interviewt Experten zu den Themen der LVQ. Dies tut er informativ und meist sachlich.

In seinem Blog Systematisch Kaffeetrinken hingegen ist er dafür bekannt, klare Kante zu Arbeitsmarkt-, Karriere- und Weiterbildungsthemen zu zeigen. Dadurch hat er sich zum gefragten Redner, Interviewpartner und Autor gemausert. So nimmt er zum Beispiel in den XING-Themenportalen "XING-Klartext"  und "XING-Spielraum" Stellung zu aktuellen Arbeitsmarkt-Themen. Das er dies auch hier auf LVQ.de tut, war also nur eine Frage der Zeit.

 

Der heutige Artikel ist der Auftakt seiner monatlich erscheinenden Kolumne. In diesem Beitrag setzt er sich mit der Wahl Deutschlands bester Arbeitgeber 2017 auseinander und erklärt, warum sich Bewerber manchmal wie Lemminge verhalten.  (Martin Salwiczek)

 

Nun ist es also raus: Deutschlands beste Arbeitgeber 2017 sind unter anderem Bayer, Audi, BMW, Google, Adidas. Die üblichen Verdächtigen also. Wieder so ein Standard-Ranking?

 

Die Zeitschrift Focus ermittelte gemeinsam mit dem Arbeitgeberbewertungsportal kununu und den Experten von statista, wer Top-Arbeitgeber in Deutschland ist.

 

Befragt wurden Mitarbeiter von über 2.000 Unternehmen – große und mittlere verschiedener Branchen, wie zufrieden sie mit ihrem Arbeitgeber sind. Neben klassischen Online-Befragungen wurden auch XING-Mitglieder interviewt und Bewertungen aus kununu hinzugezogen.

 

Herausgekommen ist eine Liste von 1.000 Top-Arbeitgebern, nach Branchen geordnet und in große und mittlere Unternehmen aufgeteilt.

Nicht nur Stars im Arbeitgeber-Ranking

Bereits unter den ersten 50 Arbeitgebern fallen mir einige auf, deren Platzierung überrascht. Mit Malzers Backstube aus Gelsenkirchen findet sich auf Platz 29 von über 2.000 gar ein Bäckereibetrieb. Wo doch Backen landläufig für frühes Aufstehen und schlechte Bezahlung steht. Auch die Techniker Krankenkasse, die Stadtwerke Osnabrück, die Sparkasse Paderborn-Detmold oder die LVM-Versicherung hätte ich nicht in den TOP 50 vermutet.

 

Die Mischung aus Befragung und Datenanalyse aus Bewertungen führt dazu, dass auch Unternehmen und gar öffentliche Einrichtungen in den Charts zu finden sind, die nicht unbedingt zu den berühmtesten Playern in der Arbeitgeber-Welt zählen. Auch sind Branchen zu finden, die man generell nicht vermutet hätte.

Kleine und mittlere Unternehmen können nicht Deutschlands beste Arbeitgeber sein!

Die Untersuchung fokussiert sich auf „große“ und „mittelgroße“. Mittelgroße Unternehmen beginnen hier bei 500 Mitarbeitern.

 

Und hier liegt eine Krux im aktuellen Ranking. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) fehlen völlig. Denn diese werden landläufig ganz anders definiert: Nach Definition des statistischen Bundesamtes haben Kleinstunternehmen bis neun, kleine und mittlere Unternehmen zwischen zehn und 249 Mitarbeiter. Diese machen aber die Mehrzahl der Betriebe in Deutschland aus, nämlich 99,3 Prozent mit immerhin 61 Prozent aller Beschäftigten.

 

Anders ausgedrückt: 3,5 Millionen deutsche Unternehmen sind allein in der Vorauswahl für das Ranking unberücksichtigt.

 

Oder umgekehrt: Für das Ranking „Deutschlands beste Arbeitgeber“ wurde aus der Gruppe der Großunternehmen von insgesamt 0,7 Prozent aller Betriebe Deutschlands geschöpft.

 

Ergo: Kleine Unternehmen, die vielleicht auf dem Land gar zu den wichtigen Playern gehören, können nicht „Deutschlands beste Arbeitgeber“ werden. Ebenso das kleine IT-Startup in Düsseldorf, der lokale Buchhändler, das Krankenhaus, der Metzger, die Autowerkstatt um die Ecke.

Grenzen von Arbeitgeber-Rankings

Genau hier zeigen sich die Grenzen von Arbeitgeber-Rankings. Aus Gründen der Umsetzbarkeit konzentrieren sich Studien und Untersuchungen auf eine begrenzte Zahl von Arbeitgebern. Mit über 2.000 Betrieben ist das Ranking von kununu und Focus noch eines der umfassendsten in Deutschland. Auch andere Arbeitgeberbewertungsplattformen wie das amerikanische kununu-Pendant Glassdoor tun sich mit Rankings schwer. Rankings – ebenso wie Arbeitgeber-Siegel – können also stets nur einen kleinen Ausriss aus der Arbeitgeber-Welt in Deutschland zeigen. Den gesamten Arbeitsmarkt können sie nie berücksichtigen.

 

Und das führt dazu, dass gerade bei Berufseinsteigern aber selbst bei erfahrenen Professionals das Lemminge-Prinzip zu beobachten ist: Sie stürzen sich auf die bekannten „Top-Arbeitgeber“. Diese können sich auch in Zeiten oft postulierten Fachkräftemangels kaum vor Bewerbern retten. Bei diesen Arbeitgebern einen Job zu ergattern, ist nach wie vor für die meisten Bewerber utopisch.

 

Kleine Unternehmen gehen bei ihren Stellenausschreibungen hingegen fast leer aus. Sie werden von so manchen Bewerbern übersehen oder gar nicht erst gefunden.

 

Auch viele Jobsuchende, die in der LVQ eine Weiterbildung absolvieren, bewarben sich oft ausschließlich bei namhaften, größeren Unternehmen. Bis sie bei uns ankamen. Wir empfehlen nämlich, bewusst die kleineren mit in die Bewerbungsstrategie einzubauen.

Finden Sie „beste Arbeitgeber“ abseits der Rankings

Denn viele „beste Arbeitgeber“ arbeiten im Unbekannten irgendwo in Deutschland. Sie gehören zu den KMU, haben weniger als 250 Mitarbeiter und in der Regel keine bekannte Marke. Aber die Mitarbeiter vieler dieser Betriebe sind sehr zufrieden oder gar glücklich in ihrem Job.

 

Warum also nicht bei den „Besten Arbeitgebern“ der kleinen und mittleren Unternehmen bewerben?

 

Viele Bewerber fragen an dieser Stelle: „Aber wie soll ich die unbekannten Unternehmen denn überhaupt identifizieren? Wie finde ich denn die besten Arbeitgeber bei den KMU?“

 

Darum gebe ich Ihnen zum Schluss meine

7 Tipps zur Suche nach „Besten Arbeitgebern“ abseits der Rankings

  • Lassen Sie bei der Jobsuche die Fixierung auf die bekannten Marken sein!
  • Recherchieren Sie in XING und LinkedIn nach den Kleinen Ihrer Branche!
  • Nutzen Sie Netzwerke und Jobbörsen für „Hidden Champions“, den heimlichen Siegern der Kleinen und mittleren Unternehmen, wie z.B. de
  • Fahren Sie offenen Auges durch Gewerbegebiete und Fußgängerzonen und identifizieren Sie kleine Betriebe!
  • Schauen Sie sich die unbekannten Betriebe der Umgebung genauer an, vor Ort und online!
  • Bewerben Sie sich bewusst bei kleineren Betrieben, dort sind die Chancen auf Einstellung größer!
  • Und falls Sie Karriere machen wollen: Bei Kleinen sind auch die Aufstiegschancen oft höher!

 

 

Die LVQ Weiterbildung gGmbH bietet Weiterbildungen für Fach- und Führungskräfte und Akademiker. Unser Vollzeitangebot mit anerkannten Abschlüssen kann zum Beispiel über den Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit gefördert werden. Besonderes Augenmerk legen wir auf Präsenzunterricht mit Dozenten aus der beruflichen Praxis und der weiterbildungsbegleitenden Unterstützung bei der Jobsuche.

 

Das Angebot der LVQ Business Akademie richtet sich an Berufstätige und umfasst die Vermittlung fachspezifischer Themen aus dem gesetzlich geregelten Bereich. Inhouse-Seminare, Beratung und Schulungen für Unternehmen runden das Angebot der LVQ ab.

 

Wenn Sie Fragen zu unserem Angebot oder Interesse an einer Beratung haben, rufen Sie uns einfach an!

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3 Kommentare

we-love-webdesign
05. April 2018

Hallo Lars,

 

danke für deinen Beitrag! Ich denke, es ist schwierig den "besten" Arbeitgeber zu definieren. Den richtigen Mix zwischen Work-Life-Balance findet man sehr selten.

 

Deshalb glaube ich auch, dass man eher bei den unbekannteren Unternehmen nach einem Job suchen sollte in einer Branche, die zu einem passt, meinst du nicht auch?

 

Da du ein sehr beliebter Blogger bist, interessierst du dich bestimmt auch für Online Marketing und Webdesign, habe ich Recht? Schau doch einfach mal auf unserer Seite vorbei uns lasse einen Kommentar da: onma.de/webdesign-hannover

 

Liebe Grüße


Danke Lars, dass Du Dich in unsere Phalanx einreihst. Mit Blick auf eine sinnvolle Beratung unserer Jugend, was einen Jobeinstieg angeht, ist das ein Irrsinn.

 

Aber wenn der Plan darin besteht, hinterher 10.000 Euro für die Nutzung des Siegels zu verlangen, ist klar, warum man sich nur an die Großen wendet.


Lars Hahn
22. Februar 2017

Das Siegel-(un)wesen ist ja noch einmal eine ganz andere Sache als die Rankings.

Bisweilen fällt das ja auch auf, dass auf Karrieremessen (fast) alle Aussteller der Dienstleistungsbranche TOP sind. Da dann sogar der ungeschulte Anwender, dass das sagen wir mal ambivalent ist. ;-)


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