ZP Europe 2024: Wo die Zukunft der Arbeitswelt Gestalt annimmt

05.09.2024, Martin Salwiczek

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Wenn sich Menschen treffen, um über Mismatch, Künstliche Intelligenz im Recruiting und die Kraft von Geschichten in der Personalentwicklung zu sprechen, dann ist wieder Messe Zukunft Personal. ZP Europe, um genau zu sein, Europas größte Fachmesse für das Personalwesen. Das Event ist einer der aufregendsten Treffpunkte, um sich über die aktuellen Herausforderungen sowie Trends in der Arbeitswelt zu informieren und auszutauschen. Wie groß der aktuelle Austauschbedarf ist, zeigt die Anzahl von über 25.000 Messebesucher*innen, die höchste Besucherzahl der ZP Europe überhaupt.  Dazu gesellten sich mehr als 500 Aussteller und gut 700 Speaker. Erstmals nach der Corona-Krise besuchte auch ich für die LVQ die ZP Europe, sogar mit einem eigenen Vortrag zum Thema Künstliche Intelligenz im Gepäck. Zwei Fragen trieben mich an:

  1. Was sind denn aktuell die großen Trends und Herausforderungen für Personalverantwortliche, die auch für Jobsuchende wissenswert sind?
  2. Warum ist einerseits Fachkräftemangel das große Thema und weshalb bekommen andererseits so viele großartige, hochqualifizierte Menschen keinen Job?

Welche Antworten wir auf diese beiden Fragen gefunden haben, erfährst du in diesem Blogbeitrag.

Trendthemen der ZP Europe

  •  „Die Kraft von Geschichten im Lernprozess: Vielfalt verstehen und fördern.“
  • „Artgerechte Gedankenhaltung – Metakognitive Skills nutzen, damit aus der Mücke kein Elefant wird.“
  • „ChatGPT als Jobcoach? Wie KI bei Jobsuche und beruflicher Orientierung helfen kann.“

Was wie Titel von Spiegel-Bestseller-Sachbüchern klingt, steht sinnbildlich für die Themenvielfalt, mit denen sich Personaler*innen heute beschäftigen (müssen).

Learning & Development,Culture & Mindset sowie Digitalisierung & KI waren in diesem Jahr die drei Themen, die im Fokus standen. Außenstehende mag das überraschen, könnte man beim Thema Personal, bzw. Human Resources eher Themen wie Personaladministration, Mitarbeitergewinnung/Recruiting oder Personalmarketing im Kopf haben.

Die Zukunft Personal zeichnet sich jedoch seit jeher dadurch aus, dass sie – wie der Name vermuten lässt – den Blick über den Tellerrand hinaus auf die Zukunftstrends unserer Arbeitswelt richtet. Zudem stecken wir schon mitten in einem rasanten Veränderungsprozess.

Digitalisierung und KI bei der ZP Europe

Tatsächlich hat man beim Besuch der Messe eher den Eindruck, schon in der Zukunft angekommen zu sein. Digitale Avatare beobachten von Messe-Roll-ups aus Gäste dabei, wie diese mit VR-Brillen an virtuellen Seminaren teilnehmen, während der Roboter-Hund von XING durch die Gänge dackelt.

Das große Thema: Digitalisierung und KI, deren Wucht wir alle aktuell durch ChatGPT und Co. hautnah miterleben. 129 (!) Vorträge zum Thema Digitalisierung & KI wurden angeboten, zu einem davon konnte ich meinen Teil beitragen.

Gemeinsam mit Dr. Sabrina Zeplin, Geschäftsführerin des Newplacement-Unternehmens Restart Career, zeigte ich, wie ChatGPT Bewerber*innen bei der Jobsuche und Berufsorientierung unterstützen kann.

 

Wir starteten am ersten Messetag direkt um 9:30 Uhr, normalerweise ein Zeitslot mit überschaubarer Zuschauerzahl. Über 70 Zuhörer*innen zeigten jedoch, wie sehr das Thema beschäftigt, und zwar nicht nur Personalentscheider*innen:

 

 

Ich erinnere mich an meine Phase der Arbeitslosigkeit nach dem Studium, als die Zukunft Personal für mich ein wichtiger Impulsgeber für den Bewerbungsprozess war. Umso schöner, diesmal selbst einigen Menschen Inspiration für die Jobsuche geben zu können.

Learning und Development bei der ZP Europe

Eine davon war Martina Pütz, wie auch Maximilan Kaczor gerade zwischen zwei Jobs. Sie war jahrelang in der Rolle als Head of Learning & Development für Weight Watchers Deutschland tätig und besuchte die Messe, um fachlich auf dem Laufenden zu bleiben, sich zu vernetzen und damit Impulse für die Jobsuche zu bekommen. Als Expertin für das Thema Learning & Development wollte ich von ihr wissen, warum auch dieses Thema so eine große Rolle bei der ZP Europe einnimmt:

„Personalentwicklung wird gerade in Change-Prozessen durch technologische Innovationen und Digitalisierung immer wichtiger. Besonders im Bereich der Künstlichen Intelligenz sind neue Fähigkeiten in Datenanalyse, kritischem Denken und ethischen Aspekten wichtig. Learning & Development schließt da Wissenslücken, erkennt zukünftige Kompetenzbedarfe und entwickelt passende Programme.“

 

Martina Pütz wird bald die Gelegenheit haben, die beiden Themen Digitalisierung und Weiterbildung zusammenzubringen, denn sie wird sich bei uns in der LVQ zur KI-Managerin weiterbilden.

Auch weitere Gespräche und Vorträge zeigten, dass die Themen Digitalisierung und Lernen nicht voneinander zu trennen sind. So zum Beispiel in der Keynote „Digitale Bildung und Unternehmergeist: Mutige Strategien für die HR-Welt von morgen“ der Bildungsexpertin Verena Pausder. Sie plädierte für mehr Weiterbildung, mehr Bürokratieabbau und mehr Unternehmergeist jedes einzelnen.

Die rasante technologische Entwicklung und der Fachkräftemangel forderten kontinuierliche Weiterbildung, sowohl für Unternehmen, um wettbewerbsfähig zu bleiben, als auch für jeden Einzelnen, um in der sich rasant verändernden Arbeitswelt nicht abgehängt zu werden.  

Unternehmenskultur und Mindset bei der ZP Europe

Der dritte große Themenkomplex der ZP Europe war schließlich „Unternehmenskultur und Mindset“ und bringt zwei weitere große Megatrends unserer Arbeitswelt zusammen: den demografischen Wandel und den Wertewandel unserer Gesellschaft.

Unter anderem waren Themen wie Positive Leadership, (mentale) Gesundheit, Kulturtransformation und Wertearbeit Inhalt vieler Vorträge, die weit über die letzten Plätze gefüllt waren. So auch die Podiumsdiskussion „Eigenmotivation statt Präsenzpflicht. Was begeistert heute Menschen, um freiwillig am Standort zu arbeiten“. Die Kernfrage der Diskussion lautete: „Wie können und müssen sich Arbeitgeber neu erfinden, um andere, neue Formen der Anreize und Bindung zu schaffen?“

Das geht schon in Richtung einer der größten Herausforderungen, mit denen sich der Arbeitsmarkt derzeit konfrontiert sieht: dem Fachkräftemangel. Hier kommt die Frage ins Spiel, die wir zur Messe mitgebracht haben: Wie passen der Fachkräftemangel auf der einen Seite und die schwierige Jobsuche hochqualifizierter, motivierter Bewerber auf der anderen Seite zusammen?

Fachkräftemangel und Arbeitslosigkeit – Widerspruch oder strukturelles Problem?

Laut dem aktuellen Report Arbeits- und Fachkräftemangel trotz Arbeitslosigkeit der Bundesagentur für Arbeit stehen 200 Engpassberufen 2,6 Millionen arbeitslose Menschen (im Jahresdurchschnitt 2023) in Deutschland gegenüber. Wie kann das sein?

Mit Blick auf die Vortragstitel der ZP Europe kann man fast den Eindruck gewinnen, dass es einen großen Anteil dieser 2,6 Millionen Arbeitslosen gar nicht gibt. Der Begriff des Wandels „vom Arbeitgeber- zum Arbeitnehmermarkt“ wird immer wieder verwendet. Wäre das so, würden Menschen wie Maximilian Kaczor oder Martina Pütz eher im Büro bei einem neuen Arbeitgeber wirken, als die ZP Europe zu besuchen.

Hört man Martina Pütz reden, spürt man ihre Energie, den Willen. Sie strahlt eine große Empathie und Menschlichkeit aus, so wie ich mir eine gute Führungskraft in der Personalentwicklung vorstelle. Sie bringt ein beeindruckendes digitales Skillset von A wie Articulate Storyline bis Z wie Zoom mit. Woran könnte es liegen, dass sie trotz ihres Profils noch auf Jobsuche ist?

Frank Hensgens, Geschäftsführer des Stellenportals Indeed, vermittelt in seiner Keynote zu Recruiting-Strategien gegen den Fachkräftemangel folgende Botschaft: Eines der größten unerschlossenen Potenziale gegen den Fachkräftemangel liegt in der nachhaltigen Integration älterer Berufstätiger sowie Frauen in den Arbeitsmarkt.

Martina Pütz sagt dazu:

„Die 50plus-Generation bringt ja schon wertvolle Erfahrung mit, viele von ihnen auch digitale Skills. Dennoch machen gerade in der Altersklasse gezielte Weiterbildungen zu neuen Technologien Sinn. Mit der richtigen Unterstützung können die Fachkräfte 50Plus einen bedeutenden Beitrag zur Digitalisierung leisten und Unternehmen stärken.“

 

Gehen wir von den älteren zu den jüngeren (potenziellen) Fachkräften über, zeigt sich ein ganz anderes Phänomen: Arbeitgeber mit 73.000 Ausbildungsplätzen und über 63.000 potenzielle Azubis suchen komplett aneinander vorbei. Das zeigte vor Kurzem eine Studie von ZDFheute (siehe Foto).

Daher verwundert es nicht, dass Social-Media-Branding-Strategien, Video-Stellenanzeigen oder WhatsApp-Recruiting sehr gut besuchte Themen auf der Fachmesse sind. Das Stellenportal XING widmete Tobias Jost, dem Karriereguru der GenZ, sogar eine eigene Bühne für das Thema „Die TikTok-Revolution: Die neuen Spielregeln für Arbeitgeber“.

In vielen Gesprächen zeigte sich, dass der Mismatch zwischen Arbeitgebern und Bewerbern ein grundsätzliches, altersunabhängiges Problem zu sein scheint. In der erwähnten Studie der Bundesagentur für Arbeit wird es auf den Punkt gebracht:

„Der Arbeitsmarktausgleich wird (…) durch einen erheblichen Mismatch erschwert. Dieser lässt sich statistisch vor allem aus qualifikatorischer, beruflicher oder auch regionaler Sicht beschreiben.“

Was ich mitnehme

Die ZP Europe 2024 hat eindrucksvoll gezeigt, dass die Zukunftsthemen der Arbeitswelt nicht mehr isoliert betrachtet werden können. Digitalisierung, Weiterbildung sowie Unternehmenskultur sind eng miteinander verflochten und bestimmen zunehmend den Erfolg von Unternehmen und deren Mitarbeitenden. Besonders im Fokus steht dabei der Fachkräftemangel, der trotz einer großen Zahl qualifizierter Arbeitssuchender ungelöst bleibt. Der Mismatch zwischen Arbeitgebern und Bewerbern – sei es aufgrund von Qualifikationen, regionalen Unterschieden oder Altersstigmatisierung – bleibt eine der zentralen Herausforderungen. Die Messe hat viele vielversprechende Lösungsansätze aufgezeigt; nun liegt es an den Unternehmen, diese auch konsequent umzusetzen.

Ich persönlich hatte viel Spaß bei der ZP Europe. Wer denkt, Personal wäre ein langweiliges Thema, wird hier eines Besseren belehrt. Es herrscht eine offene, freundliche und lebendige Stimmung. Schade, dass ich nur an einem Tag dabei sein konnte. Ich freue mich aber schon auf die nächste ZP Europe!


 


 

 

 

 

Dies ist der Karriereblog von LVQ.de. Unsere Artikel werden verfasst von unserem Redaktionsteam bestehend aus Martin Salwiczek, Lars Hahn und Kay Pfefferkuchen.

Die LVQ Weiterbildung und Beratung GmbH bietet Weiterbildungen für Fach- und Führungskräfte und Akademiker. Unser Vollzeitangebot mit anerkannten Abschlüssen kann zum Beispiel über den Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit gefördert werden. Besonderes Augenmerk legen wir auf Online-Präsenzunterricht mit Dozent*innen aus der beruflichen Praxis und der weiterbildungsbegleitenden Unterstützung bei der Jobsuche.

Für Berufstätige bietet die LVQ Business Akademie entsprechende Weiterbildungen. Der Fokus liegt auf der Vermittlung fachspezifischer Themen aus dem gesetzlich geregelten Bereich. Inhouse-Seminare, Beratung und Schulungen für Unternehmen runden das Angebot der LVQ ab.

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