Diesmal geht es um die Jobsuche von Menschen über 50. In der achten Folge unsere Podcasts Du bist mehr als dein Lebenslauf spricht Lars Hahn mit dem Karriere-Coach und langjährigem LVQ-Wegbegleiter Dr. Bernd Slaghuis über die beruflichen Perspektiven von Menschen mit viel Lebens- und Berufserfahrung. Gemeinsam beleuchten sie die Herausforderungen, Chancen und Potenziale, die der Arbeitsmarkt für die sogenannten Silver Workers bereithält.
- Wie sie sich gegen jüngere Mitbewerber*innen durchsetzen,
- den Verdeckten Arbeitsmarkt für die Jobsuche nutzen und
- von beruflicher Weiterbildung profitieren können,
darum geht es in dieser Folge.
Die wichtigsten Inhalte ihres Gesprächs kannst du im Folgenden nachlesen. Wir empfehlen natürlich, die ganze Folge anzuhören:
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Veränderungsprozesse im Alter von 50 Plus sind normal

Nach unzähligen Coachings kann Bernd auf einen breiten Erfahrungsschatz zurückgreifen. „60 bis 70 Prozent meiner Klienten sind über 50 Jahre alt,“ erzählt er
– und betont, dass dieser Lebensabschnitt oft eine Zeit der Neuorientierung sei. „Mit Anfang 50 ändert sich bei vielen die Perspektive: Die Frage nach dem Sinn der Arbeit und der persönlichen Erfüllung rückt in den Vordergrund.“
Viele Berufstätige, die lange Zeit ihre Karriere auf wirtschaftlichen Erfolg und Status ausrichteten, suchen nun nach mehr Erfüllung.
In diesem Zusammenhang berichtet Bernd von einer Klientin, die ihm gegenüber sagte, sie arbeite seit Jahren „für die Schublade“. Gerade in dieser Lebensphase möchten viele Menschen noch einmal bewusst entscheiden, wie sie ihre verbleibende berufliche Zeit gestalten. Das Bedürfnis nach einem Job mit Purpose, bei dem man das Gefühl hat, etwas zu bewirken, sei nicht den jüngeren Generationen vorbehalten, bestätigt Lars.
Jobwechsel Ü50: Sicherheit vs Erfüllung?
Für viele sei es eine Überwindung, eine neue berufliche Richtung einzuschlagen: „Es gibt Menschen, die unter hohem Druck stehen und dringend ein gutes Einkommen brauchen“, sagt Bernd. Andere wiederum haben finanziell mehr Spielraum, da beispielsweise das Haus abbezahlt ist oder die Kinder längst flügge sind.
Auch Lars ist oft mit Leuten im „letzten beruflichen Drittel“ im Gespräch, die am Scheideweg stehen und überlegen, ob sie bis zur Rente „den alten Schuh“ weiter oder etwas ganz anderes machen sollen.
Sich seiner Stärken bewusst werden
Ein häufiges Problem älterer Bewerber*innen sei das fehlende Bewusstsein die eigenen Stärken betreffend. „Viele Menschen in dieser Altersgruppe unterschätzen, wie wertvoll ihr Erfahrungswissen ist“, weiß Bernd. Er betont, dass die berufliche Erfahrung, die Menschen im Laufe der Jahre sammeln – ob es Führungskompetenzen sind, das Lösen von Konflikten oder das Management von Projekten –, nicht zu unterschätzen sei.
Lars ergänzt: „Ich kenne das gerade von den Lebenserfahrenen. Da macht sich der Lebenslauf nicht selten aus wie ein polizeiliches Führungszeugnis, also ganz nüchtern: von dann bis dann da und da, und Grundschule und Abitur stehen auch noch drin. Aber vom eigentlichen Leben fehlt in solchen Lebensläufen oft jede Spur.“
Dabei sei es gerade beim Quereinstieg wichtig, auch so etwas wie (beruflich) übertragbare Fähigkeiten – also solche, die man auch in einem anderen Bereich einsetzen kann – hervorzuheben. Wenn zum Beispiel jemand angibt, Schulungen durchgeführt zu haben, würde Bernd beispielsweise interessieren, ob er/sie diese selbst konzipiert, Räume gebucht und/oder begleitende Präsentationen erstellt hat. „Ich sage immer, ich will dich da arbeiten sehen“, so der Karriere-Coach.
Netzwerken als Schlüssel zum Erfolg
Die Realität des Arbeitsmarkts kann auch für erfahrene Fachkräfte herausfordernd sein. Aber: „Wenn sich jemand bei mir meldet und mir sagt, er habe 100 Bewerbungen verschickt und nichts ist passiert, dann läuft irgendwo etwas systematisch schief“, sagt Bernd. In solchen Fällen sei es wichtig, nicht nur die Qualität der Unterlagen zu prüfen, sondern auch die eigene Suchstrategie zu überdenken.
An dieser Stelle kommt der Verdeckte Arbeitsmarkt ins Spiel, der nicht zuletzt für die Lebenserfahreneren von entscheidender Bedeutung ist. „Oft sind Jobs, die nicht explizit ausgeschrieben sind – der Schlüssel“, erklärt Lars. „Ich sage manchmal ketzerisch: ‚Hört auf, euch zu bewerben, und geht Kaffee trinken – mit Leuten aus eurem beruflichen Netzwerk.‘“
Bernd stimmt zu und ergänzt: „Je breiter und kreativer die Jobsuche ist, desto besser. Geht raus, führt Gespräche und entdeckt neue Möglichkeiten.“
Berulfiche Weiterbildung als Brücke in die Zukunft
Auch das Thema Weiterbildung sei für Menschen über 50 ein wichtiger Baustein in der beruflichen Weiterentwicklung. Bernd ist überzeugt: „Viele Ältere glauben, dass sie ohne neue Zertifikate keine Chance mehr auf dem Arbeitsmarkt haben. Aber das stimmt so nicht.“ Der Wert einer Weiterbildung liegt oft nicht nur im formalen Abschluss, sondern auch im Austausch mit anderen Menschen und dem Einblick in neue Themenfelder. „Weiterbildungen bieten die Chance, sich für neue Bereiche zu qualifizieren, das Netzwerk zu erweitern und das zu veredeln, was ich schon lange kann“, resümiert Lars. „Wenn wir Ältere bei uns in der Weiterbildung haben, dann setzen die manchmal nur ein Zertifikat auf etwas drauf, was sie aus der Praxis schon mitbringen, oder lernen mal systematisch am grünen Tisch, was sie in der Praxis immer nur für ihren Bereich gelernt haben.“
Mit Klarheit, klarer Kante und Mut zum Wunschjob – auch mit 50 Plus
Gerade für erfahrene Jobsuchende ist der persönliche Umgang mit der Zeit zwischen zwei Jobs wichtig, weiß Bernd. Für sich selbst Klarheit schaffen und zu dem stehen, was einem wichtig ist – auch wenn das eine Absage bedeutet: „Das hat auch etwas mit Selbstschutz zu tun“, sagt Bernd. „Wenn ich in Bewerbungsgespräche gehe und das Gefühl habe, das passt nicht. Oder der Chef ist erst 25 und mit so einem Jungspund kann ich nicht zusammenarbeiten. Oder die Stelle ist anders als dargestellt. In solchen Fällen ist es durchaus legitim, zu sagen: Vielen Dank für das Gespräch, aber es passt nicht. Früher oder später wird etwas Passendes dabei sein. Man muss nur den Mut haben, es zu versuchen. Und neugierig genug sein, um sich nicht mit dem Erstbesten abzufinden.“
Fazit: Die Jobsuche Ü 50 birgt seine speziellen Eigenheiten, aber auch viele Chancen und Möglichkeiten. Mit vielfältigen Suchstrategien, Mut zur Reflexion und zu neuen Wegen können auch ältere Menschen am Arbeitsmarkt punkten.
Wir wünschen dir ganz viel Erfolg bei deinen Bewerbungsaktivitäten – und beraten dich gern zu deinen Möglichkeiten, solltest du dich für eine berufliche Weiterbildung interessieren.
Unseren Gast Dr. Bernd Slaghuis findest du auf verschiedenen Wegen, unter anderem in seinem Blog Perspektivwechsel.
Weiterführende Links
- Bewerbungs-Tipps für alte Hasen - Dr. Bernd Slaghuis
- Bin ich zu alt für einen neuen Job? - Spiegel-Kolumne von Dr. Bernd Slaghuis
- Die Förderung von älteren Arbeitslosen verbessert deren Beschäftigungschancen, IAB 2024
- Silver Worker an die Arbeit! - Arbeiten 55 Plus - Lars Hahn
- Erfolgsgeschichten (auch von Lebenserfahrenen) im LVQ-Blog
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