„Sortiert eine KI meinen Lebenslauf aus, bevor ein Mensch ihn überhaupt liest?“
Diese Sorge beschäftigt viele Bewerber*innen. Doch wie verbreitet sind die sogenannten CV-Parser in Unternehmen wirklich? Und wie entscheidend sind sie für deine Bewerbung? In diesem Beitrag klären wir, ob Unternehmen wirklich auf automatisierte Systeme setzen, und zeigen dir, wie du deinen Lebenslauf entsprechend optimieren kannst.
Von ATS und CV-Parsern: Wie Arbeitgeber künstliche Intelligenz für das Recruiting nutzen
In den Tiefen des Internets und der digitalen Arbeitswelt erzählt man sich von einer mysteriösen, nahezu unheimlichen Software, die unter dem unscheinbaren Namen CV-Parser bekannt ist. Offiziell wird der Parser als praktisches Werkzeug beschrieben, das Lebensläufe scannt und analysiert, um Bewerbungen schneller zu sortieren. Doch diese scheinbar harmlose Technologie besitzt ein Eigenleben, das Bewerber*innen erschaudern lässt: Gefällt die Bewerbung dem Parser nicht, sortiert er den/die Bewerber*in eigenständig aus und versendet innerhalb von Sekunden eine Absage, ohne dass überhaupt ein Mensch die Bewerbung in der Hand hatte.
Was wie ein Mythos klingt, ist für manche Bewerber*innen bittere Realität. Immer öfter hören wir von arbeitssuchenden Menschen, die Sorge haben, KI würde sie rausfiltern, und sich nun fragen, wie sie ihre Bewerbung entsprechend optimieren können. In LinkedIn tauchen vermehrt ähnliche Erfahrungsberichte auf, und es gibt einen sehr umfangreichen und gut recherchierten Artikel im T3N-Magazin zu diesem Thema.
Dabei kamen bereits Anfang der 2000er Jahre die ersten Application Tracking Systems („Bewerber-Management-Systeme“), kurz ATS, in den Personalabteilungen von Unternehmen zum Einsatz. Dabei handelt es sich um umfassende Software-Lösungen für den gesamten Bewerbungsprozess – von der Erstellung von Stellenanzeigen über die Filterung bis hin zur Kommunikation mit Kandidat*innen. Bewerber*innen kommen bei Großunternehmen und Stellenportalen wie Stepstone, Monster oder XING mit diesen Systemen in Berührung, indem sie ihre Daten in Online-Formulare eingeben und ihren Lebenslauf hochladen.
Bestandteil dieser ATS sind die sogenannten CV-Parser („Lebenslauf-Analysierer“). Die Parser scannen und analysieren Lebensläufe und extrahieren relevante Informationen (Name, berufliche Erfahrungen, Fähigkeiten etc.), um sie in strukturierten Datensätzen weiterzuverarbeiten (z. B. in einer Bewerberdatenbank).
CV-Parser sind also in erster Linie Analysewerkzeuge. In modernen ATS jedoch können diese CV-Parser Bewerbungen mit einer Stellenbeschreibung abgleichen und diese in eine Rangfolge bringen. Hier beginnt also bereits eine Auswahl von Bewerbungen durch die KI. Und letztlich besteht sogar die Möglichkeit, dass Bewerbungen, die unterhalb eines bestimmten Werts liegen, nicht weitergeleitet werden. In solchen Fällen könnte es tatsächlich passieren, dass ein Recruiter die Bewerbung nie zu Gesicht bekommt. Aber wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für so etwas?
Aussortiert durch KI – Mythos oder Realität?
Die aktuellsten Umfragen zur Nutzung von Bewerbermanagement-Systemen stammen aus 2016: Laut Statista gaben 60 Prozent der befragten Unternehmen an, dass sie ATS nutzen. In der Studie Recruiting Trends 2016 der Universität Bamberg dagegen waren es nur 6 Prozent. Wo die Wahrheit liegt, ist schwer zu sagen, und neun Jahre sind in unserem digitalen Zeitalter eine halbe Ewigkeit. Zieht man Rückschlüsse aus aktuellen Studien (DIHK, destatis, Bitcom) zur grundsätzlichen Nutzung KIs durch Unternehmen, ist von einem steigenden Einsatz von Bewerbermanagementsystemen auszugehen.
Impliziert dies automatisch, dass Bewerbermanagementsysteme auch automatisch Bewerbungen ausfiltern?
Emre Celik ist Personalverantwortlicher beim Unternehmen Google DeepMind, das sich mit der Entwicklung und Programmierung von KI beschäftigt. Man sollte meinen: Wenn ein Unternehmen KI zur Bewerberauswahl nutzt, dann Google. Umso (positiv) überraschender seine durchaus glaubwürdigen Aussagen im Podcast Mit Herz und KI:
„Ich glaube, es ist eine Urban Legend, dass Unternehmen Systeme für die automatische Personalauswahl nutzen.“ Er führt an, dass er auch niemanden kenne, der solche Systeme nutzt. Vielmehr sehe er die Notwendigkeit, Bewerbungen individuell zu prüfen – aus Sorge, geeignete Kandidat*innen zu verlieren: „Wir leben in einer Zeit, in der wir von Bewerbern nicht erwarten können, die perfekte Bewerbung mit den richtigen Schlagwörtern zu erstellen.“
Einen etwas differenzierteren Blick hat CYQUEST-Geschäftsführer und HR-Experte Joachim Diercks, den wir schon mal für unseren Blog interviewen durften. Auf persönliche Nachfrage sagt er: „CV-Parser sind keine Urban Legend, weil diese ja in vielen ATS als Standardfunktion enthalten sind.“ Ob allerdings die Recruitingabteilungen diese Features dann auch nutzen, vermag er nicht zu sagen. Interessant jedoch ist folgender Punkt, den er anführt:
„Es kann sein, dass manche Unternehmen solche CV-Parser nutzen, ohne dass sie es überhaupt wissen – nämlich dann, wenn das ATS einfach parst, ohne dass der Recruiter es merkt.“ Das hänge dann davon ab, welche Einstellungen in solchen Systemen (bewusst oder unbewusst) aktiviert sind.
Es ist eher ein kleiner Teil von Unternehmen, in der Regel Großunternehmen, die Bewerbermanagementsysteme für die Kandidatenauswahl nutzen. Sobald du deine Bewerbung in eine Bewerbungssoftware hochladen sollst, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass diese von einer KI analysiert wird.
Das heißt jedoch nicht, dass sie auch automatisch aussortiert wird. Unternehmen würden sich hier ethisch angreifbar machen und könnten zudem rechtliche Probleme bekommen, da hier gegebenenfalls ohne Zustimmung der Bewerber*innen psychometrische Daten erfasst und verarbeitet werden.
Grundsätzlich sollten wir davon ausgehen, dass Bewerbermanagementsysteme in Zukunft eine größere Rolle spielen werden.
Marcus Reif ist Head of HR bei Universal Investment. Schon 2020 schrieb er als damaliger Director Human Resources der Hyundai Capital Bank in einem Blogbeitrag:
„Doch immer mehr schreitet auch die Automatisierung in den HR-Disziplinen voran, insbesondere im Recruiting. Nicht jedes ATS hat eine Volltextsuche und nicht jedes ATS parst die Bewerbungs- und Lebenslaufinhalte. Stand jetzt! Sich darauf einzustellen, ist eine lohnende Investition in die Bewerbung von morgen!“
Wenn ATS nicht zur automatischen Aussortierung von Bewerbungen genutzt werden, dann eben zur vorherigen Bewertung hinsichtlich der Passung zur Stelle. Daher empfiehlt Reif, den CV maschinenlesbar zu erstellen. Doch wie geht das?
Lebenslauf für KI optimieren – Tipps und Tricks
Fassen wir die Empfehlungen aus den unterschiedlichen Podcasts, Artikeln und Beiträgen zusammen, sind hier die wichtigsten Punkte, auf die du bei der Erstellung eines maschinenlesbaren Lebenslaufs achten solltest:
- Vermeide zweispaltige Lebensläufe. Mit denen haben CV-Parser Schwierigkeiten. Im Zweifel kannst du dich bei der Struktur an der des europäischen CV orientieren.
- Verwende möglichst wenig grafische Elemente. Verzichte zum Beispiel auf die Nennung und Wertung deiner Skills in Infografiken, wie es bei eher kreativen CV-Vorlagen gerne üblich ist. Lebenslaufvorlagen von Canva, Powerpoint oder Adobe sind daher häufig nicht geeignet für ATS-Systeme.
- Verwende gängige Keywords, also Schlagworte, für deine beruflichen Erfahrungen und Kompetenzen. Verzichte auf firmeninterne Begriffe oder Abkürzungen.
- Orientiere dich dabei vor allem an Begriffen aus der Stellenanzeige und baue sie in deine Bewerbung ein.
- Arbeite mit Überschriften-Formatierungen, um einzelne Bereiche (Berufserfahrung, Ausbildung etc.) voneinander abzuheben.
- Verwende Standardschriftarten wie Arial, Verdana oder Calibri.
Die Journalistin Eva Wolfangel schrieb den zu Beginn genannten T3N-Artikel und testete für den Beitrag ihren Lebenslauf auf seine Maschinenlesbarkeit. Dafür nutzte sie das Tool CVlizer vom Joinvision, einem der Marktführer für CV-Parser, den auch du ausprobieren kannst.
Ein abschließender Tipp: Nutze selbst Künstliche Intelligenz. Ich habe dafür im Selbstversuch meinen Lebenslauf (aus Datenschutzgründen ohne Geburts- und Adressdaten) in ChatGPT hochgeladen und der KI folgenden Prompt gegeben:
„Ich möchte meinen Lebenslauf für CV-Parser optimieren. Erstelle mir bitte eine Tabelle mit Verbesserungsvorschlägen. Beachte dabei die unterschiedlichen technischen Feinheiten der gängigen CV-Parser-Systeme.“
Das Ergebnis war sehr hilfreich und beinhaltete alle genannten Empfehlungen. Überzeug dich doch einfach selbst!
Den Lebenslauf für Mensch und Maschine gestalten
Nicht alle Unternehmen setzen auf CV-Parser; viele verlassen sich nach wie vor auf die händische Auswahl durch Recruiter*innen. Hast du also (zum Beispiel mit Canva) eine eher kreative Variante deines Lebenslaufs erstellt, musst du diesen nicht direkt in den Papierkorb verschieben. Trotzdem lohnt es sich, zusätzlich einen parserkonformen Lebenslauf zu gestalten, um auf der sicheren Seite zu sein – vor allem bei großen Unternehmen und Bewerbungsportalen.
Wichtig ist: Lass dich davon nicht verrückt machen. Ein gut strukturierter Lebenslauf, der relevante Keywords enthält, überzeugt nicht nur die KI, sondern vor allem die Menschen, die am Ende die Entscheidungen treffen.
Dies ist der Karriereblog von LVQ.de. Unsere Artikel werden verfasst von unserem Redaktionsteam bestehend aus Angela Borin, Martin Salwiczek, Lars Hahn und Kay Pfefferkuchen.
Die LVQ Weiterbildung und Beratung GmbH bietet Weiterbildungen für Fach- und Führungskräfte und Akademiker. Unser Vollzeitangebot mit anerkannten Abschlüssen kann zum Beispiel über den Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit gefördert werden. Besonderes Augenmerk legen wir auf Online-Präsenzunterricht mit Dozent*innen aus der beruflichen Praxis und der weiterbildungsbegleitenden Unterstützung bei der Jobsuche.
Für Berufstätige bietet die LVQ Business Akademie entsprechende Weiterbildungen. Der Fokus liegt auf der Vermittlung fachspezifischer Themen aus dem gesetzlich geregelten Bereich. Inhouse-Seminare, Beratung und Schulungen für Unternehmen runden das Angebot der LVQ ab.
0 Kommentare
Schreibe einen Kommentar