Arbeitslos nach langjähriger Betriebszugehörigkeit – Was jetzt?

26.09.2019, Angela Borin

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Betriebsbedingt nach Jahrzehnten gekündigt – Und nun?

Aus eigenem Antrieb gewillt die erste Firma nach Jahren zu verlassen – Doch wie?

Die eigene Branche wird mehr und mehr vom Markt gedrängt – Wie geht es weiter?

Fragen, die Ihnen bekannt vorkommen, weil Sie Ihnen durch den Kopf schwirren oder weil Sie jemanden kennen, der sich momentan in solch einer Situation wiederfindet? Dann ergeht es Ihnen oder Ihren Bekannten wie vielen Menschen, die plötzlich arbeitslos nach langjähriger Betriebszugehörigkeit werden. Entweder weil sie gekündigt wurden oder selbst den Schritt erwägen, die alte Firma zu verlassen. Schlagartig stehen wieder Aufgaben auf der Agenda, über die Sie sich zuletzt vor etlichen Jahren Gedanken machen mussten: Stellenanzeigen sichten, Bewerbungen schreiben, aber auch die eigenen Kompetenzen ausleuchten, hinterfragen und gegebenenfalls ausbessern.

Denn was vor 10, 20 oder 30 Jahren aktuell war, kann in der Zwischenzeit längst große Neuerungen erfahren haben. Damit Sie im Rennen um Ihren Wunschjob nicht ins Hintertreffen geraten, verraten wir Ihnen, wie Sie den Schulterschluss zwischen Ihrer Ausbildung oder Ihrem Studium und den heutigen Anforderungen am Arbeitsmarkt schaffen. Zudem stellen wir Ihnen drei Menschen vor, die arbeitslos nach langjähriger Betriebszugehörigkeit trotzdem erneut Ihren Platz im Berufsleben gefunden und gefestigt haben.

„Das betrifft doch nur die Generation 50+“ – Falsch gedacht!

Bei den Worten „Arbeitslos nach langjähriger Betriebszugehörigkeit“ schießt vielen Menschen gleich das typische Stereotyp durch den Kopf: Die Generation 50+, die nach ihrer Lehre für 30 Jahre in derselben Firma verwurzelt gewesen ist und nun aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung versuchen muss, nochmal auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Dabei vergessen die meisten, dass jüngere Menschen auch heute noch im Anschluss an ihre Ausbildung oder ihr Studium nicht selten bei der ersten oder zweiten Firma hängen bleiben – sei es des familiären Arbeitsklimas wegen, weil sie sich in ihrer Firma weiterentwickeln durften und konnten oder vielleicht auch aus Bequemlichkeit. Weil die Young Professionals einen Beruf gewählt haben, der allmählich keine Zukunft mehr bietet, weil sie jahrelang eine Lücke wegen Mutterschutz und Krankheit gefüllt haben oder weil sie in der eigenen Firma nicht weiter aufsteigen können, ergeben sich für die Jüngeren letztlich aber ähnliche Probleme wie für die ältere Generation: Sie müssen oder wollen nach langjähriger Betriebszugehörigkeit gehen.

Herausforderung „Arbeitslos nach langjähriger Betriebszugehörigkeit“

Ob 50+ oder Mittdreißig- oder -vierziger – zunächst stehen alle vor der gleichen Herausforderung: „Ich bringe viel Know-How mit, doch habe ich alles nur bei einem Unternehmen kennenlernen können und bin dadurch sehr spezialisiert. Warum sollte ein Unternehmen mich noch nehmen? Und wie schreibe ich nach heutigen Standards überhaupt die passende Bewerbung?“

Dabei ist der Blickwinkel aus Angst davor, überhaupt arbeitslos nach langjähriger Betriebszugehörigkeit zu sein, oftmals sehr eng gesetzt. Viele Jobsuchende stürzen sich sofort in das Schreiben von Bewerbungen statt zuerst zu überlegen, wie sie taktisch am klügsten vorgehen. Nicht nur die Frage „Wie sind eigentlich Anschreiben und Lebenslauf heute konzipiert?“ sollte dabei geklärt werden, da sonst der Großteil der eigenen Bemühungen im Sand verläuft.

Chancen auf den Wunschjob verbessern durch Weiterbildung

Die eigene Motivation und Qualifikation für den bisher ausgeübten Job kann bei dieser Gelegenheit ebenfalls auf den Prüfstand gestellt werden, um gegebenenfalls im Rahmen einer Fort- oder Weiterbildung für den heutigen Arbeitsmarkt entscheidendes Wissen und erforderliche Zertifikate zu erwerben. Unerlässlich ist also, dass Sie Ihre Fachkenntnis, Ihre Wunschposition und Ihre Wunschbranche kritisch beleuchten, um herauszuarbeiten, welche benötigten Kompetenzen Ihnen möglicherweise fehlen und wie Sie diese angleichen können.

Vielleicht haben Sie festgestellt, dass Ihre ausgeübte Tätigkeit Sie nicht mehr erfüllt oder Ihnen relevante Kompetenzen fehlen, um weiterhin in Ihrer Branche zu bestehen. Sind Sie beispielsweise versierter Marketing-Profi, haben aber vom Online-Bereich wenig Ahnung, sind Sie in einem bauenden Beruf tätig, aber möchten unlängst in die Büroebene wechseln oder bietet Ihr Metier Ihnen nicht mehr genug Sicherheit und Sie müssen oder wollen einen Quereinstieg wagen? Dann kann eine Weiterbildung der Schlüssel für das weitere, erfolgreiche Bestehen auf dem Arbeitsmarkt sein.

„Der Klassiker“: Betriebsbedingte Kündigung nach 32 Jahren Zusammenarbeit

 

Auch Peter Behrendt (49), war arbeitslos nach langjähriger Betriebszugehörigkeit.

Peter Behrendt

 

So erging es auch Peter Behrendt, der drei Jahrzehnte lang als Papiermacher und Industriemeister in nur einer Firma beschäftigt gewesen ist und sich dank betrieblicher Insolvenz mit fast 50 Jahren erneut auf Jobsuche begeben musste: „Ich musste mich über 30 Jahre nie bewerben. Ich wusste ja nicht, was heutzutage gefordert wird. Entsprechend schlecht waren auch meine ersten Bewerbungen.“

Auf Empfehlung eines Bekannten und trotz anfänglicher Skepsis startete Herr Behrendt 2016 in unserem Haus eine Weiterbildung, denn er wollte sich von der Papiermacherei wegentwickeln und langfristig in den Arbeitsmarkt zurückkehren. Neben seinen Weiterbildungen zum Qualitätsmanager, zum Projektmanager und zur Fachkraft für Arbeitssicherheit erarbeitete er mit unseren Kollegen zudem passende Bewerbungsunterlagen und googelte nach Stellen in für ihn interessanten Bereichen: „[Ich habe] fast 200 Bewerbungen […] geschrieben, ohne einmal eingeladen worden zu sein. Die ersten Gespräche kamen erst nach der Weiterbildung.“

Und mit den Gesprächen kam auch der neue Job als Fachkraft für Arbeitssicherheit für die evangelische Kirche. Aller klassischen Vorbehalte zum Trotz hat Herr Behrendt sich durch seine Weiterbildung neue Perspektiven und Chancen eröffnet, die ihm den Weg zurück in ein langfristiges Beschäftigungsverhältnis geebnet haben: „Ohne die Weiterbildung hätte ich nie meinen jetzigen Job gekriegt.“

Weiterbildung im eigenen Bereich – sinnvoll oder nicht?

 

Mathias Quint

 

Es muss aber nicht immer nur die ältere Generation treffen. LVQ-Absolvent Mathias Quint hat im Anschluss an seine Ausbildung in seiner Firma bleiben wollen. Knapp zehn Jahre später revidierte er mit 31 Jahren diese Entscheidung und zog die Reißleine im Unternehmen. Seine zuvor ausgeübten Tätigkeiten wollte er aber vertiefen und nutzte seine Auszeit für eine Weiterbildung, um die benötigten Zertifikate zu erlangen:

„Da ich mehr als acht Jahre im Bereich vorbeugender Brandschutz, Arbeitssicherheit und Prävention praktische Berufserfahrungen erlangen konnte, konnte ich mich persönlich weiterentwickeln und meinen Erfahrungsschatz im Bereich Arbeitsschutz erweitern. Man sollte nie aufhören zu lernen, auch berufliche Pausen sinnvoll mit Weiterbildungen füllen [und s]ich durch zusätzliche Qualifikationen und eine gute Außendarstellung lukrativ machen.“

Mithilfe der Weiterbildungen Fachkraft für Arbeitssicherheit, Umweltmanagement und Qualitätsmanagement fachlich besser für die nächste Position aufgestellt, arbeitet Herr Quint heute im Bereich HSE („Health“, „Environment“ und „Safety“) und profitiert tagtäglich von seinen in den Weiterbildungsmodulen erworbenen Fachkenntnissen. Manchmal ist also auch eine Weiterbildung im eigenen Bereich sinnvoll, um stetig auf dem neusten Stand und damit attraktiv für den nächsten Arbeitgeber zu bleiben: „Die Konstellation Arbeitssicherheit, Qualitätsmanagement und Umwelt ist für den Bereich HSE sehr wichtig. Von daher war die Weiterbildung bei der LVQ schon eine wichtige Grundlage für die nächsten beruflichen Schritte.“

„Upgrading“ und Downshifting – Rein in die Führung und raus aus der Führung

 

Anja Gellert

 

Ein besonderes Beispiel ist auch Anja Gellert, die sowohl in jüngeren Jahren als auch im fortgeschritteneren Berufsleben freiwillig arbeitslos nach langjähriger Betriebszugehörigkeit wurde und trotzdem wieder einen neuen Job gefunden hat. Mit Mut, Ehrgeiz und Motivation suchte sie zwei Mal den Quereinstieg – einmal in beruflicher Hinsicht, einmal im Bezug auf ihre Branche – und war beide Male erfolgreich.

Zuerst entschied sie sich dazu, mit Anfang 30 und nach mehr als 10 Jahren Betriebszugehörigkeit als Werkzeugmacherin ihren beruflichen Weg umzugestalten. Sie wollte raus aus ihrer schaffenden Tätigkeit, sich weiterentwickeln und an neuen Aufgaben wachsen: „Der Beruf [und meine Karriere] stand[en] für mich in der Zeit im Vordergrund.“ Dank ihrer Weiterbildung zur Qualitätsbeauftragten inklusive Qualitätstechnik und interner Auditorin hat sie sich dies ermöglicht und sich beruflich ein neues Standbein in der Qualitätssicherung geschaffen. Noch während der Weiterbildung fand sie eine Stelle in ihrer alten Branche, die sie direkt nach Beendigung ihrer Module antreten konnte und stieg im Laufe der Zeit zur Führungskraft im Qualitätsmanagement auf.

Knapp 15 Jahre später wollte sie raus aus der Automobilindustrie und trat auf die Bremse: „Wer im Automotive-Bereich im Qualitätsmanagement in führender Position arbeitet, ist einem enormen Druck von verschiedenen Seiten ausgesetzt[.] Ich wollte [nun aber] weniger Verantwortung, weniger Stress, raus aus der Automobilbranche. Ich wollte mehr Leben[.]“ Probleme wieder eine Anstellung im Qualitätsmanagement zu finden, hatte sie dank einer erneuten Weiterbildung im Bereich Umwelt und Arbeitssicherheit nicht und so arbeitet Frau Gellert heute für einen großen Chemie-Distributeur: „Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass man Qualitätsmanagement in vielen Unternehmen nicht mehr alleine betrachten kann. Arbeitssicherheit und Umweltmanagement gehören mittlerweile dazu. Das sind drei Säulen, mit denen man im beruflichen Bereich so viel aufbauen, in so viele Richtungen gehen kann.

Was können Sie daraus mitnehmen?

Natürlich ist die Frage nach dem „Wie“, wenn es um das erneute Schreiben von Bewerbungen geht, nicht zu vernachlässigen – ganz im Gegenteil –, doch entscheidend ist vor allem, „Was“ Sie in Ihren Unterlagen hervorheben. Selbst wenn Sie in Ihrem bisherigen Arbeitsleben aufgrund langjähriger Beschäftigung nur eine Firma vorzuweisen haben, gibt es Möglichkeiten, Ihre Kompetenzen trotzdem als vielseitig einsetzbar für Ihren potenziellen neuen Arbeitgeber zu untermauern und sich als attraktive/n, neue/n Arbeitnehmer/in zu präsentieren.

 

Ob Jung oder Alt, betriebsbedingt gekündigt oder auf eigenen Wunsch gegangen, eine Weiterbildung ist für viele eine interessante und im Verhältnis zu Ausbildung und Studium schnelle Möglichkeit, die Diskrepanz zwischen dem eigenen Wissen und Können und den geforderten Qualifikationen zu minimieren und die Chancen auf den Wunschjob zu erhöhen. Mit einer Weiterbildung schaffen Sie sich neue Perspektiven, sowohl im Bezug auf den ausgeübten Beruf als auch die dahinterstehende Branche, sodass auch Sie Ihre eigene Erfolgsgeschichte schreiben können – so wie Frau Gellert, Herr Behrendt und Herr Quint.


 


 

 

 

 

 

Dies ist der Karriereblog von LVQ.de. Unsere Artikel werden verfasst von unserem Redaktionsteam bestehend aus Angela Borin, Lars Hahn und Martin Salwiczek.

Die LVQ Weiterbildung gGmbH bietet Weiterbildungen für Fach- und Führungskräfte und Akademiker. Unser Vollzeitangebot mit anerkannten Abschlüssen kann zum Beispiel über den Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit gefördert werden. Besonderes Augenmerk legen wir auf Präsenzunterricht mit Dozenten aus der beruflichen Praxis und der weiterbildungsbegleitenden Unterstützung bei der Jobsuche.

Für Berufstätige bietet die LVQ Business Akademie entsprechende Weiterbildungen. Der Fokus liegt auf der Vermittlung fachspezifischer Themen aus dem gesetzlich geregelten Bereich. Inhouse-Seminare, Beratung und Schulungen für Unternehmen runden das Angebot der LVQ ab.

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