Das Arbeitszeugnis in der Bewerbung – Teil 1: Aufbau und Zeugnissprache

15.02.2018, Stephanie Kowalski

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Es steht am Ende jedes Arbeitsverhältnisses und markiert den – hoffentlich gewollten und positiven – Wechsel des Jobs: Das Arbeitszeugnis. Wer sich mit diesem optisch unscheinbaren, inhaltlich aber sehr wichtigen Dokument näher befasst, stößt schnell auf ebenfalls wichtige Dokumente: Empfehlungsschreiben und Referenzen. Allen drei ist eines gemeinsam: Sie spielen bei Bewerbungen eine wichtige Rolle.

 

Ein Arbeitszeugnis dokumentiert die Dauer und Art der Beschäftigung, Qualifikationen, Leistungen sowie das Verhalten eines Arbeitnehmers.

 

Ein Empfehlungsschreiben ist ein schriftliches Dokument mit einer positiv wertenden Empfehlung zugunsten des Arbeitnehmers. Das Schreiben wird in der Regel von einer dritten Person, beispielsweise von einem Kollegen, erstellt – in äußerst seltenen Fällen vom Arbeitgeber selbst.

 

In einer Referenz wird der Arbeitnehmer positiv bewertet und für eine bestimmte Aufgabe oder Position empfohlen. Sie ist allgemeiner formuliert und weniger persönlich als ein Empfehlungsschreiben.

 

Bei allen drei kommt es auf saubere Formulierungen und Details an. Denn schon eine unklare Formulierung kann, gewollt oder ungewollt, die Bedeutung eines ansonsten guten Arbeitszeugnisses verändern.

 

Im Rahmen unserer Bewerbungsserie widmen wir uns diesen wichtigen Dokumenten in drei Artikeln. Heute schauen wir uns den Aufbau und die spezifische Sprache des Arbeitszeugnisses an.

Je nach Berufsgruppe sind bestimmte Besonderheiten beim Arbeitszeugnis zu beachten. Dies wird Teil des zweiten Beitrags sein.

Im dritten Teil legen wir den Fokus dann auf Empfehlungsschreiben und Referenzen.

 

Bei diesem Artikel handelt es sich nur um eine Zusammenfassung unterschiedlicher Aspekte, die bei einem Arbeitszeugnis zu berücksichtigen sind. Dieser Artikel ersetzt keine vollständige Rechtsberatung und sollte von Ihnen als solche auch nicht verstanden wenden. Bei Fragen zum Arbeitszeugnis empfehlen wir Ihnen, Rücksprache mit einem qualifizierten Rechtsanwalt zu halten.

Das Arbeitszeugnis: Einfach oder qualifiziert? Oder irgendetwas dazwischen?

Ein Arbeitszeugnis ist im Grunde nichts anderes als eine vom Arbeitgeber ausgestellte, schriftliche Urkunde über das Arbeitsverhältnis und dessen Dauer.

 

Man unterscheidet jedoch das einfache vom qualifizierten Zeugnis: Ein einfaches Arbeitszeugnis enthält die Angaben zur Art und zum Zeitraum der Tätigkeit, während das qualifizierte Arbeitszeugnis auf die Leistung und das Verhalten im Rahmen des Arbeits- oder Berufsausbildungsverhältnisses beurteilt.

 

Die dritte Art des Arbeitszeugnisses, das sogenannte Zwischenzeugnis, kann von Arbeitnehmern eingefordert werden, wenn das Arbeitsverhältnis nicht beendet ist. Wenn ein plausibler Grund (https://arbeits-abc.de/das-qualifizierte-arbeitszeugnis/) vorliegt, wie beispielsweise der Wechsel des Vorgesetzten oder die Versetzung auf einen anderen Arbeitsplatz, kann der Arbeitgeber dieses Zeugnis ausstellen.

 

Arbeitnehmer - egal ob Teilzeitkraft oder leitender Angestellter - haben in Deutschland einen gesetzlichen Anspruch auf ein Arbeitszeugnis. Am 01. Januar 2003 trat der § 109 der Gewerbeordnung in Kraft, laut dem Arbeitgeber zur Ausstellung eines Zeugnisses verpflichtet sind.

 

Arbeitgeber sind aufgrund der Rechtsprechung dazu verpflichtet, Zeugnisaussagen eindeutig, klar und verständlich zu formulieren und auf einem ordentlichen Briefbogen des Unternehmens zu erstellen.

Aufbau des Arbeitszeugnisses

Ein vollständiges und gültiges Arbeitszeugnis ist folgendermaßen aufgebaut:

  1. Überschrift und Einleitung In der Überschrift wird der Zeugnistyp genannt. Im Einleitungssatz steht das Eintrittsdatum des Arbeitnehmers.
  2. Beschreibung der Aufgaben In der Positions-, Stellen- oder Tätigkeitsbeschreibung werden alle wesentlichen Tätigkeiten, die ein Arbeitnehmer ausgeübt hat, aufgezählt. Übliche Darstellungsweise ist eine Aufzählung in Form von Spiegelstrichen oder Bullet Points. Die Aufgabenbeschreibung wird auch oft als Fließtext dargestellt.
  3. Beurteilung der Leistung An dieser Stelle werden der Arbeitnehmer und seine Leistungen bewertet. Dazu zählen Aspekte wie Arbeitsbereitschaft, Arbeitsbefähigung, Arbeitserfolg, Arbeitsweise, Führungsleistung und Gesamtzufriedenheitsaussage. Zu jedem genannten Punkt trifft der Arbeitgeber eine Aussage – dabei müssen aber nicht alle Aspekte genannt werden, wenn sie nicht für die Stelle relevant waren.
  4. Beurteilung des Verhaltens Der Arbeitgeber bewertet die soziale Kompetenz des Arbeitnehmers. Betrachtet werden Aspekte wie das interne Verhalten zu Vorgesetzten und Kollegen, das externe Verhalten zu Kunden und sonstigen Ansprechpartnern sowie sonstige Kompetenzen, beispielsweise Diskretion, Ehrlichkeit oder Loyalität.
  5. Beendigungsformel Die Gründe für die Ausstellung des Arbeitszeugnisses werden genannt bzw. warum der Arbeitnehmer das Unternehmen verlässt und auf wessen Initiative das geschieht.
  6. Dankes- und Bedauernsformel Die Dankesformel ist eng mit der Beendigungsformel verbunden. Hier drückt der Arbeitgeber seinen Dank für die geleistete Arbeit aus. Wichtig für Arbeitnehmer an dieser Textpassage: Durch eine besondere Dankesformel wird das Arbeitszeugnis stark aufgewertet.
  7. Wünsche für die Zukunft Es folgen gute Wünsche für die berufliche Weiterentwicklung und den persönlichen Lebensweg. An dieser Stelle lässt sich oft erkennen, ob die Zusammenarbeit von Arbeitnehmer und Arbeitgeber erfolgreich und angenehm für beide Seiten war. Bei einem Zwischenzeugnis beschränken sich die Wünsche auf eine weiterhin gute und erfolgreiche Zusammenarbeit.
  8. Ausstellungsort, -datum und Unterschrift Das Zeugnis endet mit dem Ausstellungsort, -datum und der Unterschrift des Arbeitgebers – in vielen Fällen die Unterschrift des direkten Vorgesetzten.

Ein Arbeitszeugnis in elektronischer Form, beispielsweise via E-Mail, ist nicht ausreichend.

Zeugnissprache und ihre Besonderheiten

Sie sollten aber nicht nur auf den Aufbau des Arbeitszeugnisses achten, sondern auch auf inhaltliche Aspekte. Im Laufe der Zeit haben Arbeitgeber eine Art Geheimsprache entwickelt. Aus dieser Sprache entnimmt der zukünftige Arbeitgeber die eigentliche Einschätzung.

Es gibt eine Reihe von Geheimcodes und standardisierten Satzbausteinen, die zwar nett klingen, aber zum Teil das genaue Gegenteil bedeuten. Um ein Arbeitszeugnis möglichst genau bewerten zu können, sollte es immer im Gesamtkontext betrachtet werden.

 

Beim Versuch, Ihr Arbeitszeugnis zu entschlüsseln, sollte Sie auf Doppeldeutigkeiten achten. Diese können in vielen Fällen als negativer Kommentar verstanden werden. Hier ein kurzes Beispiel:

 

„Sie war eine gewissenhafte Mitarbeiterin.“

 

Die Formulierung bedeutet: Sie war zur Stelle, wenn man sie brauchte, aber nicht immer brauchbar.

 

„Sie zeigte Verständnis und Interesse für ihre Arbeit.“

 

Die Formulierung bedeutet: Sie hat nicht gerne gearbeitet.

 

Neben diesen Doppeldeutigkeiten greifen Arbeitgeber auch gerne auf verklausulierte Schulnoten zurück, um die Leistungen des Arbeitnehmers zu bewerten. Diese Formulierungen erkennen Sie an Wortbausteinen wie „stets“, „zur vollsten“ oder „zur vollen“.

Sollten Sie in diesem Zusammenhang den Begriff „bemüht“ lesen, bedeutet das in vielen Fällen nichts Gutes. Laut Notencode entspricht diese Formulierung einer Note von 6.

 

Weitere Tipps zu Geheimcodes und Notencode im Arbeitszeugnis bietet eine dreiteilige Videoreihe von arbeitszeugnis.de, in der es um Geheimcodes, Zeugniscode und Verschlüsselungstechniken geht.

 

Oft sind es eben nur Nuancen, die ein ausgezeichnetes von einem katastrophalen Zeugnis unterscheiden. Sollte die Vermutung nahe liegen, dass es sich um ein eher schädliches Arbeitszeugnis handeln könnte, sollten Sie eine zweite Meinung einholen. Am besten in Form eines Anwalts, der sich auf das Thema Arbeitsrecht konzentriert. Erst wenn sich Ihr Verdacht bestätigt, sollten Sie mit Hilfe Ihres Anwalts ein überarbeitetes Zeugnis anfordern.

Wenn Sie das Arbeitszeugnis selber erstellen sollen

Oft kommt es aber gar nicht dazu, dass der Arbeitgeber ein Arbeitszeugnis ausstellt. Ein neuer Chef oder zu wenig Zeit im Arbeitsalltag – es gibt viele Gründe, warum Sie von Ihrem Arbeitgeber gebeten werden, Ihr Arbeitszeugnis selbst zu schreiben.

 

Das Arbeitszeugnis selbst zu schreiben, ist zwar aufwendig, bietet aber auch den Vorteil, die eigenen Stärken herauszuarbeiten. Das Personaldienstleistungsunternehmen Robert Half beschreibt in einem Beitrag, worauf beim Erstellen des Arbeitszeugnisses zu achten ist. Alternativ können wir das Buch Arbeitszeugnisse in Textbausteinen von Weuster und Scheer empfehlen.

Gegebenenfalls sollten Sie sich bei der Erstellung Hilfe von Profis holen. Entsprechende Dienstleister finden Sie im Internet.

 

Achten Sie beim Schreiben auf den Aufbau und die Geheimsprache – zukünftige Arbeitgeber und Personaler lesen zwischen den Zeilen. Darüber hinaus zeichnet sich ein gutes Zeugnis durch individuelle Formulierungen aus, die zu Ihnen und Ihren Aufgaben passen. Verzichten Sie also auf allgemeingültige Satzbausteine.

 

Ein Arbeitszeugnis wird immer als Ganzes betrachtet: Die Qualität hängt nicht von den einzelnen Textbausteinen ab. Alle Bausteine, angefangen von der Einleitung über die Aufgabenbeschreibung bis hin zu der Zufriedenheitsformel, müssen zusammenpassen und ein einheitliches Bild zu Ihrer Person darstellen. Dann können Sie mit dem Arbeitszeugnis auch bei Ihrem zukünftigen Arbeitgeber punkten.

 

Dies war Teil 1 unserer Beitragsreihe zum Arbeitszeugnis. Im nächsten Artikel schauen wir uns die Besonderheiten für bestimmte Berufsgruppen an.

Stephanie Kowalski ist Geisteswissenschaftlerin. Als Bloggerin und freiberufliche PRlerin unterstützt sie kleine und mittelständische Unternehmen bei ihrer Kommunikation. Sie hat bereits in mehreren Blogs und Online-Magazinen Gastbeiträge zu den Themen Jobsuche und Bewerbung geschrieben. In ihrem Blog Online PR Guide erklärt sie, wie man mithilfe bewährter PR-Strategien und moderner Online-Kanäle erfolgreich digital kommuniziert.

 

 

 

 

 

 

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4 Kommentare

Thomas Mendel
10. September 2018

Die große Frage, die sich stellt, wenn man sich nicht sicher über die Qualität des Arbeitszeugnisses ist, ist die, ob man einen Fachanwalt für Arbeitsrecht konsultieren muss, um ein gutes Zeugnis sicherzustellen, mit dem man sich woanders sehen lassen kann. Meist weiß man nicht, wie man sich am besten verhält und wie man am besten kommuniziert, wenn man mit dem Zeugnis nicht zufrieden ist. Es soll auch noch die Möglichkeit der Auslassung als Beurteilungscode geben. Dazu konnte ich hier leider nichts finden.


[…] Welchen Arten von Arbeitszeugnissen gibt es? Wie ist die Zeugnissprache zu lesen? Was soll ich tun, wenn ich aufgefordert werde, ein Arbeitszeugnis selber zu schreiben? Diese und andere Fragen beantworteten wir im ersten Beitrag zum Arbeitszeugnis in der Bewerbung. […]


[…] Das Arbeitszeugnis in der Bewerbung – Teil 1 […]


13. März 2018

Die Schwierigkeit bei der Erstellung eines Arbeitszeugnisses durch einen Laien besteht oft darin, sich mit der stark lobenden Zeugnissprache objektiv zu bewerten, ohne zu übertreiben. Ein häufiger Fehler stellt dabei die Nennung der konkreten Erfolge gleich zu Beginn des Leistungsteils dar, die von Personalern als eindeutiger Hinweis auf einen Eigenentwurf verstanden wird. Eine weitere Schwierigkeit besteht in dem Perspektivwechsel. So beschreiben Arbeitnehmer ihre besonderen Leistungen oft aus einer sehr subjektiven Perspektive, stellen sich aber oft nicht die Frage, ob ein Personaler den Sachverhalt ebenso wiedergeben würde. Ein weiteres Zeichen kann eine übermäßige Aneinanderreihung von Temporaladverben und Superlativen darstellen, die das Zeugnis letztendlich unglaubwürdig wirken lassen.


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