Arbeitgeber unter der Lupe - kununu-Sprecher Johannes Prüller im Interview

12.05.2016, Lars Hahn

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Prüller Kununu

Johannes Prüller von kununu spricht über das Arbeitgeberbewertungsportal

 

Mit Sicherheit haben auch Sie sich vor dem Kauf eines Produktes, dem Abschluss einer Versicherung oder der Buchung eines Hotels, in Bewertungsportalen über die entsprechenden Anbieter informiert.

 

Bewertungsportale haben eine immens wichtige Bedeutung für die Entscheidungsprozesse von potenziellen Kunden, Gästen oder Mitarbeitern.

Letztere nutzen dafür das Arbeitgeberbewertungsportal kununu.

Der Begriff "kununu" kommt aus der afrikanischen Sprache Suaheli und bedeutet "Unbeschriebenes Blatt".

Pressesprecher Johannes Prüller stand uns Rede und Antwort um dieses Blatt mit Leben zu füllen und uns das Arbeitgeberbewertungsportal näher zu bringen.

 

 

 

Lars Hahn: Guten Tag, Herr Prüller. Schön, dass Sie sich Zeit für dieses Interview nehmen. Bewertungen von Produkten und Dienstleistungen werden immer wichtiger für die Glaubwürdigkeit von Unternehmen. kununu ist nun eine Bewertungsplattform für Arbeitgeber. Welche Bedeutung hat kununu aus Ihrer Sicht?

 

Johannes Prüller: Die digitalen und sozialen Medien haben das Informations- und Kommunikationsverhalten der Gesellschaft maßgeblich verändert. Online-Bewertungsplattformen sind eine Ausprägung davon.

Aufgrund der großen Produkt- und Dienstleistungsvielfalt besteht ein erhebliches Interesse an unabhängigen und authentischen Erfahrungsberichten. Bewertungs-Plattformen ermöglichen diesen Austausch von Mensch zu Mensch.

 

Das gilt natürlich auch für die Arbeitswelt. Schließlich verbringen wir ein Drittel unserer Lebenszeit im Job. Es ist naheliegend, dass sich Menschen so umfassend wie möglich informieren wollen, bevor sie sich entscheiden, zu einem Arbeitgeber zu wechseln.

Durch die Erfahrungsberichte auf kununu können sich Jobinteressierte einen guten Eindruck verschaffen, wie ein Arbeitgeber wirklich „tickt“. Denn die Berichte sind von Menschen geschrieben und thematisieren genau jene Punkte, die Bewerber wissen wollen.

Jeden Tag 1.000 neue Bewertungen

Die Bedeutung von kununu lässt sich auch an Zahlen ablesen: wir haben 1,2 Millionen Bewertungen zu 260.000 Unternehmen auf unserer Plattform und verzeichnen im Monat 3 Millionen Visits. Täglich kommen fast 1.000 Bewertungen zu 500 Unternehmen dazu.

Aktuelle Studien belegen, dass sich jeder dritte Jobsuchende auf Arbeitgeber-Bewertungsplattformen informiert und aufgrund der Bewertungen schon einmal für oder gegen einen Arbeitgeber entschieden hat. Und kununu bekommt hier von den Nutzern neben der höchsten Bekanntheit und Relevanz mit Abstand die größte Glaubwürdigkeit zugesprochen.

Das bedeutet im Umkehrschluss: Wir bieten für Unternehmen eine unverzichtbare Bühne, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren.

 

Lars Hahn: „Volle Transparenz am Arbeitsmarkt“ versprechen Sie beim Portal kununu. Wie erfüllen Sie das Versprechen?

 

Johannes Prüller: Indem wir auf kununu Informationen von Unternehmen mit den authentischen Erfahrungsberichten von Mitarbeitern und Bewerbern verbinden. Wir sind die größte Arbeitgeber-Bewertungsplattform in Europa, wir haben die meisten Bewertungen zu den meisten Unternehmen.

 

Klar haben wir noch Luft nach oben, aber wir kommen unserer Vision „Volle Transparenz am Arbeitsmarkt“ mit jedem Tag näher.

Unser Ziel ist es, die Passung zwischen Mitarbeitern und Arbeitgebern zu erhöhen. Denn wir sind überzeugt, dass wir dadurch einen Beitrag zu mehr Mitarbeiterzufriedenheit und zu höherer Loyalität in den Unternehmen leisten können.

 

Lars Hahn: Stichwort Transparenz: Bewertungen unterliegen ja stets einer gewissen – nennen wir es Unschärfe. Müssen Sie nicht damit rechnen, dass Unternehmen überproportional häufig von unzufriedenen Mitarbeitern bewerten werden?

60% der Bewertungen auf kununu sind positiv

Johannes Prüller: Nein, gar nicht. Denn so unterschiedlich die Erlebnisse am Arbeitsplatz von Mitarbeitern sind, so unterschiedlich sind auch die Motive, den Arbeitgeber zu bewerten. Das können Überstunden oder ein schlechter Arbeitstag genauso sein wie die Freude über den neuen Job oder ein Lob von den Kollegen. Diese Ausgewogenheit zeigt übrigens auch ein Blick in unsere Daten: 60 Prozent der Bewertungen auf kununu sind positiver Natur.

 

Unsere Erfahrung zeigt aber, dass es gar nicht das Wichtigste ist, ob eine Bewertung für ein Unternehmen positiv, neutral oder kritisch ausfällt. Entscheidend ist vielmehr der richtige Umgang damit – und das Signal, dass das Unternehmen das Feedback ernst nimmt. Unternehmen haben ja die Möglichkeit, auf Bewertungen mit einer Stellungnahme zu reagieren, um ihre eigene Sichtweise darzustellen.

 

Zu einer guten Unternehmenskultur gehört es auch, Kritik anzunehmen und daraus zu lernen – und am besten gleich dort, wo es alle sehen. Eine konstruktive Stellungnahme zu einer Kritik ist eine viel stärkere Botschaft an die Mitarbeiter und Jobsuchenden als jede Hochglanz-Kommunikation.

 

Lars Hahn: Oder umgekehrt, dass Gefälligkeitsbewertungen von Mitarbeitern durch die Unternehmen selbst initiiert werden?

Transparenz und Offenheit auf dem Arbeitsmarkt

Johannes Prüller: Ich glaube nicht, dass eine falsche Bewertung irgendjemandem etwas bringt. Wenn ein Mitarbeiter in einem Unternehmen zu arbeiten beginnt und dieses dann enttäuscht verlässt, weil seine Erwartungen nicht erfüllt wurden, haben beide Seiten nichts gewonnen.

 

Im Gegenteil: das verschwendet nur Zeit, Geld und Ressourcen. Die Zufriedenheit der Mitarbeiter und die Auswahl an guten Bewerbern werden auch nicht größer, nur weil sich eine Firma möglichst toll präsentiert. Wenn die Substanz dahinter nicht stimmt, wird das im Netz gnadenlos offengelegt und abgestraft.

 

Die Digitalisierung sorgt für Transparenz und Offenheit auf dem Arbeitsmarkt. Das ist eine Entwicklung, die sich nicht mehr aufhalten lässt.

Mitarbeiter zu Bewertungen animieren

Lars Hahn: Mir ist bei der Durchsicht von Unternehmens-Profilen aufgefallen, dass bei manchen auffallend viele Bewertungen zu einem Zeitpunkt stattgefunden haben. Das könnte durch „Inspiration“ des Arbeitgebers sein. Dürfen eigentlich Arbeitgeber ihre Mitarbeiter um Bewertungen bitten?

 

Johannes Prüller: Selbstverständlich! Wir ermuntern Unternehmen auch regelmäßig, einen Bewertungsaufruf an ihre Mitarbeiter zu richten und kununu als Stimmungsbarometer für das Mitarbeiterklima zu nutzen.

 

Es hat sich gezeigt, dass sich Mitarbeiter überwiegend positiv äußern, wenn sie vom Unternehmen aktiv zum Bewerten aufgefordert werden. Die Mechanik dahinter ist leicht erklärt: Mitarbeiter empfinden die Einladung, offenes Feedback abzugeben, als sehr wertschätzend und freuen sich über die aktive Miteinbeziehung.

 

Wichtig ist aber, den Mitarbeitern zu vermitteln, dass die Bewertungen ernst genommen werden und mit dem geäußerten Feedback auch wirklich gearbeitet wird.

Fake-Bewertungen lohnen sich nicht

Lars Hahn: Wo ist da die Grenze zu Fake-Bewertungen?

 

Johannes Prüller: Auch nicht-authentische positive Bewertungen werden von den Usern schnell als solche wahrgenommen und der Schuss geht nach hinten los.

 

Die Grenze liegt auch in unserer Bewertungskontrolle und Qualitätssicherung. Denn bevor eine Bewertung online geht, wird sie in einem mehrstufigen Prozess überprüft – zum einen durch einen Algorithmus und bei Verdachtsfällen auch noch manuell durch unser Content Team.

Bewertungsregeln verhindern die Schädigung von Unternehmen

Lars Hahn: Thema Shitstorm: Gerade in schwierigen Zeiten eines Unternehmens, wenn Personalabbau droht oder gar Standorte geschlossen werden müssen, bietet sich doch kununu geradezu als Zielscheibe von unternehmensschädlichen Aktionen an, oder?! Wie könnten Unternehmen in solchen Zeiten (re)agieren?

 

Johannes Prüller: Personalabbau und Standortschließungen sind emotionale Ausnahmesituationen in Unternehmen. Die damit verbundenen Ängste, Befürchtungen und Enttäuschungen der betroffenen Personen können sich natürlich auch in den Bewertungen auf kununu widerspiegeln. Wir empfehlen Arbeitgebern, auf jeden Fall Stellung zu nehmen. Solch schwierige Zeiten erfordern ein sensibles Vorgehen in der Kommunikation.

Als Unternehmen sollte man sich dem Gespräch mit den Mitarbeitern daher nicht nur stellen, sondern aktiv den Dialog suchen – und dazu gehört auch die Kommunikation auf kununu.

 

Unternehmensschädliche Aktionen sind auf kununu aber alleine aufgrund unserer Bewertungsregeln nicht möglich. Denn wenn gesetzliche und moralische Richtlinien nicht eingehalten werden, geht die Bewertung nicht online – und wir informieren den User, warum die Bewertung offline bleibt.

 

Wenn ein Unternehmen dennoch eine Bewertung beanstandet oder in Frage stellt, ob ein Bewerter tatsächlich bei dem Unternehmen arbeitet oder gearbeitet hat, fordern wir den User zur Überprüfung oder Bestätigung auf. Wir wehren uns aber auch gegen ungerechtfertigte Beanstandungen.

Auch kleine Unternehmen werden mehr und mehr bewertet

Lars Hahn: Zur Bewertung: Muss ich nicht als Mitarbeiter – gerade bei kleinen Unternehmen – damit rechnen, dass mein Arbeitgeber Rückschlüsse auf die Person ziehen kann, wenn ich ihn bewerte?

 

Johannes Prüller: Natürlich spiegelt sich die Größe eines Unternehmens in der Anzahl der Bewertungen wider. In einem Unternehmen mit ganz wenigen Mitarbeitern kann dieser Fall also vielleicht tatsächlich eintreten. Es ist aber letztlich eine Frage der Zeit, bis wir auf kununu ausreichend Bewertungen auch zu kleinen Unternehmen haben. Wir wachsen mit jedem Tag.

 

Lars Hahn: Wann sollte ich Ihrer Empfehlung nach am besten eine Bewertung meines Arbeitgebers schreiben? Direkt nach der Kündigung? Oder besser während des Arbeitsverhältnisses? Oder gar, nachdem „Gras über die Sache“ gewachsen ist?

 

Johannes Prüller: Wir sehen in unseren Daten, dass nicht nur die Tonalität der Bewertungen ausgeglichen ist, sondern auch der Abgabezeitpunkt, sprich ob ein Arbeitnehmer noch Mitarbeiter oder bereits aus dem Unternehmen ausgeschieden ist. Beide Varianten sind möglich und beide Varianten sind für unsere User, die gezielt nach Informationen zu einem Arbeitgeber suchen, sehr wertvoll.

Selbstbild des Unternehmens vs. Fremdbild

Lars Hahn: Wie lese ich kununu-Bewertungen „richtig“? Welche Tipps würden Sie Bewerbern geben, wenn sie sich die Unternehmensprofile anschauen? Worauf könnten Sie besonders achten?

 

Johannes Prüller: Spannend wird es immer dann, wenn man das Selbstbild eines Unternehmens mit dem Fremdbild vergleicht. Das bedeutet, darauf zu achten, ob die gebotenen Unternehmensinformationen mit den Bewertungen und Erfahrungsberichten der Mitarbeiter übereinstimmen. Das Zusammenspiel beider Perspektiven ist das Entscheidende, um sich ein authentisches Gesamtbild machen zu können. Auch um zu sehen, wie Unternehmen mit Kritik umgehen.

 

Stellungnahmen zu Abweichungen geben die Möglichkeit, „gaps“ als ärgerliche Ausnahme oder „work in progress“ zu beschreiben bzw. durchaus auch zur Erläuterung von abweichenden Positionen des Unternehmens. All das schafft ungemeine Glaubwürdigkeit.

 

Generell gilt natürlich: jeder Bewerber sucht nach den für ihn passenden Kriterien. Während für den einen Bewerber eine gute Erreichbarkeit und moderne Büroräume wichtig sind, sind es für andere vielleicht flexible Arbeitszeiten und Kinderbetreuung. Oder ob der Hund mit zur Arbeit kann. Jeder Mensch ist individuell. Wäre das nicht so, gäbe es einen Arbeitgeber, wo alle Mitarbeiter hinwollen.

 

Deshalb geht es bei kununu auch vielmehr um das richtige Match: die Vielzahl an subjektiven Bewertungen schafft eine Orientierungshilfe, um den Arbeitgeber zu finden, der wirklich zu jemandem passt.

 

Lars Hahn: Gibt es noch einen Tipp, den Sie Jobsuchenden mit auf den Weg geben würden?

 

Johannes Prüller: Ja: Keine Bewerbung mehr abzuschicken, ohne sich vorher über den potenziellen Arbeitgeber bei kununu zu informieren. Es lohnt sich!

 

 

 

Dies ist der Karriereblog von LVQ.de. Hier schreiben Lars Hahn, Martin Salwiczek und Gastautoren.

 

Die LVQ Weiterbildung gGmbH bietet Weiterbildungen für Fach- und Führungskräfte und Akademiker. Unser Vollzeitangebot mit anerkannten Abschlüssen kann zum Beispiel über den Bildungsgutschein der Agentur für Arbeit gefördert werden. Besonderes Augenmerk legen wir auf Präsenzunterricht mit Dozenten aus der beruflichen Praxis und der weiterbildungsbegleitenden Unterstützung bei der Jobsuche.

 

Das Angebot der LVQ Business Akademie richtet sich an Berufstätige und umfasst die Vermittlung fachspezifischer Themen aus dem gesetzlich geregelten Bereich. Inhouse-Seminare, Beratung und Schulungen für Unternehmen runden das Angebot der LVQ ab.

 

Wenn Sie Fragen zu unserem Angebot oder Interesse an einer Beratung haben, rufen Sie uns einfach an!

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[…] Bereits im Mai 2016 hatten wir die Gelegenheit mit Kununu-Pressesprecher Johannes Prüller  über die Idee hinter Kununu und die Bedeutung von Arbeitgeberbewertungen zu  sprechen. […]


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Autor

Lars Hahn

ist Geschäftsführer der LVQ und Entdecker von Systematisch Kaffeetrinken. Er schreibt über Entwicklungen der Arbeitswelt, gibt wertvolle Tipps und führt spannende Interviews zu den Themen Karriere, Jobsuche und Weiterbildung.