Bewerbung schreiben lassen - Pro und Contra

30.10.2013, Martin Salwiczek

Diesen Artikel teilen:

Darf man Bewerbungen schreiben lassen - Pro und ContraJochen Mai fragte bei Karrierebibel.de in die Runde der Bewerbungstrainer und –coaches: „Ist ein vom Profi geschriebenes Anschreiben ein Plagiat?

 

Noch bevor wir den (lesenswerten) Artikel überhaupt ganz gelesen hatten, diskutierten wir, ob man das darf: „Sich die Bewerbung durch einen Profi erstellen lassen“. Wir, in diesem Fall Martin Salwiczek und Lars Hahn, haben in unserem Bildungszentrum fast täglich mit Menschen zu tun, die sich in der Phase der Jobsuche befinden. Wir hatten durchaus kontroverse Meinungen zu dem Thema und kamen schließlich doch auf einen gemeinsamen Nenner. Das Gespräch trug sich in etwa so zu:

 

LH: Heutzutage lernen wir so ziemlich viel. Alle möglichen fachlichen Themen, Regeln, Gesetze, Softskills, Knigge und so weiter. Nur eines lernen die Menschen in der Regel nicht: Wie sie – meist unfreiwillig unter Zeitdruck – eine astreine Bewerbung hinzaubern. Und deshalb dürfen sie sich auch Anschreiben und Lebenslauf mit der Hilfe von Profis erstellen.

 

MS: Unter Zeitdruck ist das schon mal schlecht. Für eine Bewerbung soll, nein muss man sich Zeit nehmen. Da sollte man andere Druckfaktoren erst mal hinten anstellen. Denn die Bewerbung kann die Zugangskarte für das restliche berufliche Leben sein. Und während der Lebenslauf die wesentlichen Fakten zusammenfasst, will ich doch beim Anschreiben eine emotionale, motivgesteuerte Bande knüpfen. Das kann doch kein „Fremder“.

Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen

LH: Das Schlimmste ist doch: Sind Bewerber ausschließlich auf sich allein gestellt, kopieren sie manchmal einfach tolle Texte aus einschlägigen Bewerbungsbüchern. Oder noch schlimmer, sie nehmen irgendwelche dubiosen Vorlagen aus dem Netz. Im günstigen Fall wird dann ein Anschreiben einfach nur unpassend, im härtesten Fall sind die Vorlagen formal und inhaltlich grottenschlecht. Und dann? Überprüft das keiner und der Bewerber rennt ins offene Messer. Darum sag ich: Direkt die Hilfe von Profis in Anspruch nehmen.

 

MS: So wie Du es beschreibst, kann ich nur sagen: „Lieber Bewerber, selber Schuld“. Hier wird wieder zu sehr auf „schnell, schnell“ abgezielt:  Ich kann Dir ein Fertiggericht servieren oder ein selbst gekochtes, mit frischen Zutaten. Letzteres braucht mehr Zeit und etwas Übung, wird Dir aber mit Sicherheit besser schmecken.

 

Noch besser wahrscheinlich, wenn ich es von einem Kochprofi größtenteils oder gar komplett kochen lasse. Doch was ist, wenn ich  das Gericht anschließend noch mal nachkochen muss? Übertragen auf die Bewerbung: Im Vorstellungsgespräch schieße ich mich ins Aus, wenn ich die im Anschreiben geweckten Erwartungen nicht erfüllen kann. Also dann besser Zeit investieren und das Verfassen von Anschreiben üben. Erst dann sollte ich mir einen Profi, vorausgesetzt er ist auch einer, zum Gegencheck oder für Optimierungsvorschläge ran holen.

Hilfe zur Selbsthilfe geben

LH: Nun ja, Selbstmarketing ist nicht jedermanns Sache. Eine Biologin ist vielleicht eine gute Forscherin, ein Ingenieur kann vielleicht eine Maschine entwickeln. Aber sie müssen ja nicht die geborenen Texter sein. Das sollen sie im Falle der Bewerbung auf einmal! Ich finde, das grenzt an Überforderung. Umgekehrt könnte ich ja auch nicht ein Auto konstruieren, wenn ich ein neues brauche.

 

MS: Super-Texte erwartet doch kein Arbeitgeber, es sei denn vielleicht bei Marketingagenturen oder so. Selbstmarketing bezieht sich doch auf die „Marke Ich“ und da kommt es eher auf Persönlichkeit an, da dürfen es auch ungeschliffene Formulierungen sein.

Wenn wir jetzt mal auf unsere LVQ-Teilnehmer kommen: Die unterstützen wir bei den Bewerbungen doch auch dahingehend, dass wir ihnen die formalen Basics vermitteln und für die Sichtweise des Arbeitgebers auf die Bewerbung sensibilisieren. Sie sollen in der Lage sein, selbst Anschreiben zu entwickeln. Hilfe zur Selbsthilfe sozusagen.

 

LH: Stimmt, das kann ich so mittragen. Wir geben die wichtigen Hinweise zum Urtext, formal wie inhaltlich, formulieren zum Beispiel gemeinsam mit dem Bewerber eine knackige Betreffzeile. Und natürlich gehen wir in der Regel hin und kürzen auf das Wesentliche. Denn viele Anschreiben und Lebensläufe sind zu lang. Oder denk nur an die XING-Profile.

 

MS: Stimmt. Wenn ich überlege, welche Romane teilweise in die Felder „Ich biete“ und „Ich suche“ geschrieben werden. Da hilft der gleiche Trick wie beim Anschreiben: Der Bewerber soll sich vorstellen er sei die Gegenseite, der Personaler. Was würde der wirklich wissen wollen? Dann kommen sie meistens selber drauf.

 

LH: Also können wir uns drauf einigen? Wir vermitteln unseren Teilnehmern die formalen Basics und unterstützen sie bei der Optimierung ihrer Unterlagen und Profile.

 

MS: So machen wir's.

 

LH: Sieh an, Jochen Mai! Wir sind uns weitestgehend einig. Danke für die Inspiration durch Deinen Aufruf zur Blogparade zur Parade: „Bewerbungs-Ghostwriter: Darf man sein Anschreiben von Profis pimpen lassen?“. Es hat uns Spaß gemacht!

 

 

 

Ergänzend hier noch drei empfehlenswerte Beiträge zur Blogparade:

 

http://karriereblog.svenja-hofert.de/2013/10/ghostwriting-verdacht-ist-eine-fremdverfasste-bewerbung-ein-plagiat/

 

http://www.textzicke.de/bewerbungen-ghosten-darf-man-das-blogparade/

 

http://www.christophburger.de/?p=1490

Diesen Artikel teilen:

7 Kommentare

[…] Jemand der Sie einschätzen kann und Ihren Sprachstil in ein Anschreiben umsetzen kann, schafft es im gemeinsamen Gespräch mit Ihnen, ein zu Ihnen passendes Anschreiben umzusetzen. […]


Anaja
10. Oktober 2014

Ich Stimme in der Diskussion Lars Hahn zu: nur wenn man die Bewerbung selbst verfasst, kann man beim weiteren Bewerbungsverfahren auch den "ersten Eindruck" betätigen. Obwohl das meiner Meinung nicht ausschließt, dass man nach dem Verfassen noch mal einen Profi Kontrolle lesen lassen kann. Dieser kann grobe Fehler ausbessern oder den letzten Feinschliff dazu geben - mit der Grundlage des persönlich verfassten Textes und somit der eigenen Motivation, wie den eigenem können!

 

Der Kommentar von Müller zeigt auch wirklich eine interessante Sichtweise auf... aber wenn ich das Beispiel mit einem guten Stundenlohn durchrechne, nehmen wir an 50 Euro/Stunde und ich 3 Stunden brauche die Bewerbung zu schreiben sind das schon mal 150 Euro. Dann muss man den Aufwand des Korrekturlesens evtl. mit Bezahlung, also ca. noch mal 100 Euro und die endgültige Überarbeitung mit abschließenden 2 Stunden, sprich 100 Euro berücksichtigt werden.

 

Gesamt komme ich auf 350 Euro - mit Eigenleistung! Das ist für mich mehr Wert als bezahlte 250 Euro Profi-Fremdleistung.


[…] Das Anschreiben soll dann auch mit einigen wenigen Klicks erstellt sein. Hier droht jedoch die Individualität der Bewerbung noch weiter abhanden zu kommen. Man darf darauf gespannt sein, wie die Umsetzung aussehen […]


müller
26. März 2014

Absoluter Schwachsinn.

 

Wenn man Geld hat sollte man sich Bewerbungen schreiben lassen !

 

Andere können das besser als man selbst.

 

Es gibt für dieses Phänomen tolle Beispiele :

 

Machen Sie sich mal Selbständig.

 

Sie fangen an bei quasi Null nur durch ein tolles Produkt, welches auch

ein Haus sein kann, welches Sie verkaufen möchten.

 

Sie selbst sind in Miete in einer 2 Zimmer Wohnung.

 

WOW welche Chance haben Sie wohl ein Haus für 500.000 Euro zu verkaufen ?

 

So gut wie keine !

 

Die Kunden kommen zu Ihnen und denken wohl was ????

 

Die denken nicht Sie sind sparsam !

Sie denken, der hat es zu nie was gebracht, deshalb sitzt er in einer 2 Zimmer Wohnung

und will mir ein Haus für 500.000 Euro verkaufen, dann geht es los, .... welche Kunden ziehen Sie an ?

 

Kunden die von 500.000 Euro das Haus für 150.000 Euro kaufen möchten.

 

Nun das Gegenbeispiel.

 

Sie mieten eine echt "geiles" Büro mit allem drum und dran.

Der Kunde wird am Monitor begrüsst.

Das hält schon mal alle Idioten ab, welche nur ein Schnäppchen ziehen möchten.

Hier kommen nun echte Kunden mit echtem Kaufinteresse !

Klar bekommen Sie immer noch die Anrufe von den sog. "Idioten" aber jetzt fällt das

sortieren leichter.

 

So und genau so verhält es ich doch mit einer Bewerbung !!!!

Jemand wo sich einen Ghostwriter leisten kann, der ist schon etwas !

Der ist kein "looser"

Die Idioten habe ich somit schon selektiert, denn ich weiss ich habe

zwar ein Bewerbungsgespräch angenommen. Das kostete aber den Bewerber viel Geld.

 

150 Euronen schätze ich mal für die Bewerbung + 100 für Arbeitszeugnis.

 

 

...

 

Da habe ich doch erst mal ne Person, welche sich auskennt und nicht im Markt verloren ist oder ?


Lars Hahn
02. April 2014

Interessante Perspektive. Wir haben dazu andere Erfahrungen.


[…] für Sie als Bewerber das Verfassen des Anschreibens durch einen Profi nicht in Frage (wovon wir an dieser Stelle auch tunlichst abraten), so ist das Eintreten der gefürchteten Schreibblockade bei diesen Anforderungen fast schon […]


[…] Bewerbungen schreiben lassen -Pro und Contra […]


Schreibe einen Kommentar

Kommentar

Autor

Martin Salwiczek

hat als Berater, Trainer und Experte für Jobsuche und Bewerbung einen engen Draht zu den Teilnehmern der LVQ. Daraus zieht er Ideen für seine Beiträge und findet immer wieder interessante Interviewpartner.